Spätstarter

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Malaga (Spanien), 21. Oktober 2014 – Nicht wenige Ford-Händler werden bereits sehnsüchtig auf den neuen Mondeo gewartet haben. Eine gefühlte Ewigkeit dauerte es, bis der Wagen, den es als Fusion schon seit 2012 in den USA gibt, nun zeitgleich zum VW Passat zu uns kommt. Wir haben das Auto in verschiedenen Motorisierungen ausprobiert.

Schon vor einem Jahr hätte der neue Mondeo bei uns verkauft werden können. Aber Ford musste das bisherige Mondeo-Werk im belgischen Genk schließen und und die Produktion nach Valencia in Spanien verlagern. Daher werden die ersten Fahrzeuge erst im November 2014 ausgeliefert, offizieller Marktstart ist im Februar 2015.

Scharf geschnittene Züge

Während der neue Mondeo am Heck nur sachte modernisiert wirkt, beeindruckt die scharf geschnittene Front. Die Kombination aus Sicken in der Motorhaube, schmalen Scheinwerfern (optional mit LED-Technik) und dem verchromten Grill findet wahrscheinlich gelungen, wer das Design des Passat zu bieder findet. Der Mondeo ist übrigens mit 4,87 Meter zehn Zentimeter länger als der Passat und bietet sechs Zentimeter mehr Radstand.

Die erste Testrunde fahre ich im Ford-üblich "Turnier" genannten Kombi. Sein Verkaufsanteil liegt in Deutschland bei 80 Prozent und wurde deshalb sogar mit Rücksichtnahme auf hiesige Kundenbedürfnisse entwickelt. Hinter der elektrisch öffnenden Heckklappe (470 Euro Aufpreis) befinden sich je nach Art des Reserverads zwischen 525 und 1630 Liter Volumen. Ein ordentlicher Wert, doch der kantigere VW Passat Variant schluckt mit 650 bis 1780 Liter deutlich mehr. Zwar punktet der Mondeo mit einer niedrigen Ladekante, aber es fehlen die inzwischen üblichen Hebel im Kofferraum zum Umklappen der hinteren Lehnen. Und noch etwas vermisse ich: Der clevere Türkantenschutz des Focus ist beim Mondeo nicht mehr zu bekommen. Dafür aber Gurtairbags hinten zur Entlastung des Brustkorbs bei einem Anprall. Kostenpunkt: 300 Euro.

Die üppigen Abmessungen des Mondeo schaffen viel Platz für die Passagiere, auch hinten. Im Cockpit wurde aufgeräumt, allerdings nicht ganz so durchdacht wie beim gelifteten Focus. Am Lenkrad wuchern unzählige Tasten, etwa für die automatische Abstandsregelung. Obwohl viele Funktionen in den 20,3 Zentimeter großen Touchscreen verlagert wurden, befindet sich in der wenig hochwertig anmutenden Mittelkonsole eine ganze Legion von Knöpfen. Klar, das macht die Konkurrenz auch so. Aber im Mondeo sind die Knöpfe alle gleich groß und gleich rund. So muss ich oft zweimal hinschauen, um richtig zu tippen. Und obwohl ich beileibe kein Oberflächen-Erotiker bin, wirkt der labbrige Plastik-Deckel des Handschuhfachs wie vom Fiesta ausgeliehen.

Zum Glück gilt das nicht für die Motoren. Neu ist neben einem Hybrid mit 177 Gesamt-PS (sogar laut Ford ein Nischenmodell) ein vom Focus bekannter Dreizylinder-Turbobenziner mit 125 PS, der 2015 kommt. Spitzenmotorisierung wird ein Zweiliter-Biturbo-Diesel mit 210 PS (auch ab 2015). Bei meiner ersten Mondeo-Runde arbeitet der 1,5-Liter-Ecoboost-Benziner mit 160 PS unter der Haube. Gut, das vorher zu wissen, denn während des Fahrens spürt man bei niedrigen Drehzahlen von der Leistung herzlich wenig. Unterhalb von 2.500 Touren schmiert der Motor besonders am Berg regelrecht ab. Um die 240 Nm maximales Drehmoment herauszukitzeln, haben der Gasfuß und die Hand am kurz geführten Schaltknüppel des gut abgestuften Getriebes ordentlich zu tun. Nur ein kleiner Trost ist da die Laufruhe des Aggregats.

Harmonie von Fahrwerk und Lenkung

Die Ottomotoren spielen beim Mondeo, der mehrheitlich als Dienstwagen bestellt wird, sowieso nur eine untergeordnete Rolle. Fords Marketing rechnet für die Zukunft mit einem Dieselanteil von 83 Prozent. Wieso es zu solch einer fast kommunistischen Mehrheit kommt, wird beim Umstieg in den Selbstzünder mit zwei Liter Hubraum und 180 PS klar. Geschmeidig zieht der Mondeo aus dem Stand heraus hoch, 340 Nm Drehmoment ermöglichen ein schaltfaules Fahren. Bei 100 km/h liegen im sechsten Gang entspannte 1700 Touren an, bei denen sich die Maschine akustisch zurückhält. Von Flüstern zu sprechen, wäre übertrieben, aber es gibt Diesel aus dem VW-Konzern, die deutlich präsenter nageln. Wer übrigens nicht selbst schalten möchte, bekommt für 2000 Euro Aufpreis ein Doppelkupplungsgetriebe.

Wie bei Ford fast schon üblich, beeindruckt die harmonische Kombination von Fahrwerk und Lenkung. Trotz der beim Testwagen verbauten 18-Zoll-Reifen rollt der Mondeo nicht zu straff ab und reagiert präzise auf die Befehle des Steuermanns. Anders als seine kleineren Modellkollegen ist Fords Mittelklasse aber kein extrem ausgeprägter Kurvenkratzer. Recht früh teilen die Reifen lautstark mit, wann man es gut sein lassen sollte. Kein Wunder, ist doch der Mondeo nicht nur ziemlich lang, sondern trotz Leichtbaumaßnahmen wie Magnesium am Heck auch 1,6 Tonnen schwer.

Die Preise beginnen vorerst bei 27.150 Euro für den 160-PS-Benziner mit geräumigen Fließheck in der Trend-Ausstattung. Erst 2015 wird noch eine abgespeckte Einrichtung namens Ambiente dazukommen, am anderen Ende der luxuriöse Mondeo Vignale. Schon beim "Trend" ist vieles inklusive, darunter eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik. Deutlich mehr Kunden greifen Ford zufolge aber zum "Titanium". Mit Recht, denn hier sind unter anderem der Touchscreen, ein Spurhalte-Assistent, die beheizbare Frontscheibe, ein Tempomat und eine Verkehrszeichen-Erkennung sowie 17-Zoll-Alufelgen im Preis inbegriffen. Für den Kombi mit 180-PS-Diesel werden 35.450 Euro aufgerufen. Hinsichtlich der Extras hat Ford durchdachte Pakete geschnürt, etwa das empfehlenswerte "Business-Paket II" mit Navigation, Rückfahrkamera und Einpark-Assistent für 1650 Euro Aufpreis. Macht unter dem Strich 37.100 Euro. Der VW Passat kostet als Variant mit 150-PS-Diesel und vergleichbarer Ausstattung knapp 38.000 Euro.