Fahrbericht Audi A7 55 TFSI

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Wenn brandneue Smartphones das erste Mal in die Hände neugieriger Tester geraten, nennt man das gerne ein „Hands On“. So halten wir es heute auch einfach mal mit dem neuen Audi A7. Denn – schon klar – fahren kann das Ding auch. Doch gerade in den elektronischen Komponenten stecken viele Highlights der neuesten Generation.

Dinge für ein Hands On gibt es im A7 reichlich. Wobei auch das eher relativ zu betrachten ist. Denn wie schon im A8, ist die Menge mechanischer Schalter im Innenraum bis auf das Nötigste reduziert worden. Die nahezu gesamte Bedienung verteilt sich auf zwei große Displays in der Mittelkonsole. Und zwei Pedale, sowie ein Lenkrad natürlich. Denn auch, wenn die Audi-Pressesprecher im Rahmen der Weltpremiere des A8 im vergangenen Jahr noch regelrecht überschwenglich von ihrem vollautonomen Stauassistenten schwärmten, mussten sie zwischenzeitlich etwas zurückrudern und eingestehen, dass es wohl doch noch ein wenig dauern wird, bevor diese Systeme im A8 und A7 tatsächlich Einzug halten – aus zulassungsrechtlichen Gründen, wie man sagt.

Sensoren en Masse

Die Hardware dafür ist – zumindest je nach Ausstattung – bereits an Bord. Dann nämlich, wenn man die Häkchen bei den teuersten Assistenzsystempaketen setzt. Unter den beiden fraglich schönen Abdeckkappen im Frontgrill findet sich in der Vollausstattung ein Laserscanner, ergänzend zu einigen Radarsensoren und Stereokameras. Ein paar teilautonome Funktionen bietet Audi mit dieser Hardwareausstattung auch jetzt schon an. Dazu gehört der „Audi Remote Garagenpilot“, welcher den A7 selbstständig in der Garage einparkt und aus selbiger auch wieder herausfährt – allerdings ist auch diese Funktion zum Markstart im März noch nicht verfügbar.

Mit dabei ist eine erweiterte Version des bekannten Spurhalteassistenten, welcher nun mit einer erweiterten Spurführung unterstützt. Das System verwendet Daten aus allen Komponenten (Laserscanner, Stereokamera und Radarsensoren), die in einem zentralen Fahrassistenzsteuergerät (zFAS) zusammenlaufen und hilft dem Fahrer sicher durch Engstellen zu manövrieren. Durch eine sanfte Lenkunterstützung wird der Fahrer damit etwa beim Durchfahren von Autobahnbaustellen unterstützt.

Bedient und konfiguriert werden viele der Systeme über das neue „MMI touch response“ Infotainmentsystem, aufgeteilt auf zwei Displays. Das obere 10,1 Zoll große Display ersetzt das bisherige MMI. Hierüber werden Medienwiedergabe, Navigation, Rundumkameras (einschließlich einer schwenkbaren 3D-Ansicht des Fahrzeugs) und andere Dinge bedient, sowie alle wichtigen Einstellungen für den A7 vorgenommen. Auf dem unteren Display wird insbesondere die Klimatisierung gesteuert, außerdem befinden sich hier noch ein paar Software-Schalter für Funktionen, die man bisher in einer separaten Schalterleiste vorfand (manuelles Ein-/Ausfahren des Heckspoiler, HUD ein-/ausschalten usw.).

„Getouched“ wird fast alles - und es funktioniert sogar

Diese Neuerung, welche den A7 von innen sehr clean und aufgeräumt wirken lässt, wird sicherlich auch auf geteilte Meinungen stoßen. Zugegeben, ich bin selbst kein Freund von Touch-Displays im Innenraum. Denn das Zielen und das Treffen der richtigen Elemente kann je nach Fahrbahnbeschaffenheit schon eine frustrierende Herausforderung werden. Audi hat sich daher viele Gedanken gemacht, um beispielsweise keine ungewollten Fehleingaben auszulösen, wenn der Finger durch eine Bodenwelle versehentlich aufs Display tippt.

So ist das Display drucksensitiv, ähnlich wie die Force Touch Trackpads aktueller MacBooks. Ein kleiner Motor hinter dem Display simuliert ein einen haptischen Klick, der auch akustisch über das Soundsystem wiedergegeben wird, sobald ein gewisser Druck auf ein UI-Element ausgeübt wird. Durch die Menüs lässt sich dagegen durch einen sanften Wisch navigieren. Dazu hat Audi das User Interface sehr durchdacht und aufgeräumt gestaltet, sodass alle Elemente ausreichend groß und damit gut antippbar sind. Einen separaten, mechanischen Lautstärkeregler gibt es übrigens trotzdem.

Das untere Display zur Steuerung der Klimatisierung ruft vermutlich noch mehr Skeptiker auf den Plan. Klimaanlage & Co möchte man eben möglichst intuitiv, blind und schnell bedienen können. Zugegeben: völlig blind geht es nicht, aber auch hier hat Audi ein paar gute Ideen umgesetzt. Einerseits hilft das aufgeräumte UI mit seinen ausreichend großen Softwarebuttons. Andererseits dient der Gangwählhebel des Automatikgetriebes als Stütze. Er ist bewusst so positioniert und gestaltet, dass man dort bequem seine Hand ablegen kann. Mit der so ruhenden Hand können alle Funktionen mit einem Finger erreicht werden.

Das hilft insofern, als man nach einem kurzen Orientierungsblick auch blind die meisten Funktionen trifft, da die Hand nicht in Bewegung ist. Und tatsächlich, auch bei dieser ersten Begegnung mit dem System auf unbekannten Landstraßen klappt die Bedienung erstaunlich gut, ohne den Blick ernsthaft von der Straße zu wenden. Wie das obere Display, ist diese Einheit ebenfalls drucksensitiv, gewisse Funktionen wie die Temperaturregelung können aber auch ohne Druck mit einem Wisch nach oben beziehungsweise unten gesteuert werden.

Wie auch beim A8 ist im A7 ein Sprachdialogsystem mit an Bord, welches natürlichere Sprachbefehle unterstützt, als man es von klassischen Systemen kennt. Auf Aussagen wie „mir ist warm/kalt“, „Temperatur bitte auf 20 Grad stellen“ oder „Sitzbelüftung auf Stufe 2 schalten“ reagiert das System ohne weitere Probleme. Radio, Navigation, Klimatisierung und einiges mehr lassen sich darüber intuitiv und ohne einstudierte Sprachbefehle steuern.

Ein paar der neuen Funktionen, die der Audi A7 bietet, ließen sich vor Ort leider nicht testen. Dazu gehört unter anderem das so genannte „Hybride Radio“. Hierfür nutzt das MMI alle verfügbaren Kanäle, um einen Sender durchgehend bereitzustellen und schaltet selbstständig zwischen DAB, Ultrakurzwelle und Webradio hin und her, sofern für den jeweiligen Sender verfügbar. Auch der prädiktive Effizienzassistent, eine Erweiterung des adaptiven Tempomaten mit selbstständiger Geschwindigkeitsanpassung an variierende Tempolimits, Kurven- und Kreuzungssituationen ist aus Zulassungsgründen am Ort der Präsentation in Südafrika nicht nutzbar gewesen.

Hybridisierung! Hybridisierung überall!

Ein hybrides System nutzt Audi auch bei der Navigation. Die Routenberechnung findet grundsätzlich in der Cloud mittels HERE Maps und Echtzeitverkehrsdaten unter Einbezug persönlicher, vom System erlernten Routenpräferenzen statt. Die online errechnete Route wird offline abgespeichert und läuft parallel im Hintergrund mit der klassischen MMI-Navigation mit. Bricht die Onlineverbindung ab, läuft die Navigation nahtlos und für den Fahrer nicht unterscheidbar weiter. Die Navigation lässt sich, wie man es von den aktuellen Audi-Modellen bereits kennt, per „Virtual Cockpit“ (das im A7 serienmäßig ist) großflächig im Kombiinstrument darstellen.

Darüber hinaus ist der A7 mit einem Head Up Display ausgestattet. Hätte man mich bisher nach der Referenz in Sachen HUDs im Auto gefragt, wäre meine Antwort ohne jedes Zögern „BMW“ gewesen. Das HUD des A7 ist aber endlich deutlich erwachsener geworden, bietet eine äußerst große Bildfläche, liegt optimal im Sichtbereich und zeigt alle Informationen an, die man sich an dieser Stelle so wünscht. Von Tempolimits über Kreuzungsansichten bis hin zur Fahrspurdarstellung auf Schnellstraßen und so weiter. Optional weisen „HD Matrix LED“-Scheinwerfer bestehend aus 32 individuell steuerbaren Segmenten den Weg, das Laser-Fernlicht gibt es ebenso gegen Aufpreis, wie auch eine Nachtsichtkamera.

Hybridisierung ist für Audi auch beim Antriebsstrang ein Thema und wie von Audi bereits angekündigt, soll jedes neue Modell mindestens einen MHEV (Mild Hybrid) Antriebsstrang behausen. Ein 48-Volt-Riemen-Starter-Generator mit bis zu 12 kW Rekuperationsleistung und eine Lithium-Ionen-Batterie sorgen dafür, dass der A7 beispielsweise schon beim Unterschreiten von 22 km/h über die Stopp-Start-Funktion für die Insassen quasi unmerkbar den Motor abschaltet. Das Starten erfolgt dabei im Gegensatz zu bisherigen Systemen nicht erst, wenn der Fahrer die Bremse loslässt oder das Gaspedal antippt. Mithilfe der Stereokamera und Radarsensordaten wird der Motor automatisch gestartet, wenn beispielsweise vorausfahrende Fahrzeuge wieder anrollen.

An die nicht mehr ganz so neue Nomenklatur muss man sich erst noch gewöhnen. 55 steht in dem Fall für einen 3-Liter-V6 mit Turboaufladung und 340 PS, wie man ihn auch bereits aus dem neuen A8 oder A5 kennt. Der Motor schiebt mit reichlich Drehmoment an und passt damit vom Charakter her sehr gut zum Langstreckencoupé. Einzig akustisch ist es nichts Halbes und nichts Ganzes. Der eher metallisch-hell klingende V6 bleibt die meiste Zeit sehr zurückhalten, die helle Klangfarbe will aber nicht so recht zum luxuriösen Reisegleiter passen. Da klingt der V6-Diesel (50 TDI) mit seinem tiefer grummelnden Soundtrack irgendwie passender.

Überraschend dynamisches Fahrpaket

Abhängig von der Motorisierung wird die Kraft entweder über die ZF 8HP Achtgang-Wandlerautomatik für die Dieselvariante oder ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe für die Benzinerversion übertragen. Die optionalen, adaptiven Luftfedern, wie auch das konventionelle Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern, wurden in ihrer Charakteristik abhängig vom Fahrmodus deutlich weiter gespreizt. Tatsächlich ist die Luftfederung im „dynamic“-Modus des „drive select“ äußerst straff, verhindert äußerst effektiv ein Schaukeln oder Nicken des A7. Das Fahrwerk ist in dem Modus sehr direkt abgestimmt und bringt in Zusammenspiel mit der steiferen Karossiere ein sehr direktes und präzises Fahrverhalten. Im Komfortmodus gleitet der A7 souverän über allerlei Bodenwellen hinweg und wird zur komfortablen Luxuslimousine.

Der Komforteindruck wird einzig durch die verbauten optionalen 20-Zoll-Felgen geschmälert. Die knabbern ordentlich an dem sonst so gelungenen Auftritt. Kurze Stöße, Querfugen und ähnliche Verwerfungen werden recht schonungslos in den Innenraum weitergegeben. Am Fahrwerk liegt's nicht, das dämpft allerlei Unebenheiten souverän weg. Sicher, 20-Zoll-Felgen sehen schön aus, dass sie Komfort kosten, verwundert aber natürlich wenig. Da die optionalen 21-Zoll-Schmiederäder etwa den gleichen Querschnitt haben, aufgrund der Schmiedetechnik aber erheblich leichter ausfallen, kann es durchaus sein, dass der Verlust an ungefederten Massen sogar den Komfort verbessern könnte.

Der Geräuschkomfort hingegen ist dank optionaler Akustikverglasung, aktivem Gegenschall im Innenraum, aktiven Motorlagern und anderen Maßnahmen auf einem Niveau, dass man sich in den komfortablen Massagesitzen am liebsten einfach eine Auszeit gönnen würde, während man die Töne aus dem sehr guten, wenn auch nicht herausragenden Bang & Olufsen Soundsystem mit „3D Klang“-DSP genießt. Unter uns: wirklich überzeugen konnte mich bisher noch keiner dieser klangver(schlimm)bessernden DSPs – auch nicht im A7.

Einen großen Beitrag zum sehr positiven Fahrgefühl des A7 leistet die Allradlenkung, wie man sie bereits vom Porsche 911 Turbo und dem technisch verwandten Porsche Panamera, kennt. Bis zu 60 km/h lenken die durch Stellmotoren gesteuerten Hinterräder gegenläufig zur Vorderachse. Dadurch lenkt der A7 ein und der Wendekreis verringert sich um bis zu 1,1 Meter. Das ist nicht nur im Stadtverkehr beim Rangieren deutlich spürbar, sondern sorgt insbesondere auf der Landstraße in engen Kurven für ein überraschend neutrales und dynamisches Fahrverhalten.

Oberhalb von 60 km/h lenken die Hinterräder in der Regel parallel, wodurch sich der Radstand virtuell verlängert und die Fahrstabilität steigt. Bis zu 120 km/h kann das System abhängig vom Fahrmodus und der Fahrsituation selbstständig entscheiden und lenkt bei flotterer Landstraßenfahrt auch oberhalb von 60 km/h häufiger mal gegenläufig. Gerade die Kombination aus selbstsperrendem Torsen-Mittendifferenzial und dem optionalen Audi-Sportdifferenzial, einer aktiven, elektronisch geregelten, mechanischen Quersperre an der Hinterachse, wird der A7 so zu einem überraschend dynamischen Kurvensezierer. Höchstens das taube und etwas nichtssagende Gefühl der Lenkung schmälert den Fahreindruck.

„The Future is now!“ – so ein bisschen zumindest

Anzufassen und zu erleben gibt es im A7 tatsächlich eine ganze Menge, ausprobieren lässt sich davon in zwei Tagen leider nicht alles – auch weil einiges im Rahmen der Fahrveranstaltung nicht zur Verfügung stand. Die Möglichkeit, den A7 etwa per NFC-Smartphone zu entsperren, wird man erst hierzulande ausprobieren können. Schade ist aber auch, dass nach vollmundigen Ankündigungen im letzten Jahr nun doch nur eine überschaubare Bandbreite an echten Neuerungen verfügbar ist. Auf Nachfrage, ob es denn für Kunden mit der vollen Hardwareausstattung ein Softwareupdate geben wird, bekommt man eher verhaltene Antworten. Nichts genaues weiß man nicht. Oder will man noch nicht sagen.

Da allerdings im gefahrenen Testwagen trotz Hardwarevollausstattung der „Audi AI“-Knopf in der Mittelkonsole fehlte und ich einfach mal die Behauptung wage, dass unsere Premiumhersteller den Vorteil von nützlichen Over-the-Air-Featurefreischaltungen noch nicht verstanden haben, darf man davon ausgehen, dass frühe Käufer des A7 nicht in den Genuss der angekündigten AI-Funktionen kommen werden. Und nein, dass BMW plant, Motorleistung oder Apple CarPlay im Abo zu horrenden monatlichen Gebühren aktivierbar zu machen, zeigt nicht, dass BMW dieses Thema verstanden hätte – eher im Gegenteil.

Ein wenig Lob darf man Audi durchaus dafür aussprechen, wie durchdacht die Displays in die gesamte Benutzererfahrung integriert wurden. Die Displays lassen sich unter anderem dank des simulierten haptischen und akustischen Feedbacks und der durchdachten Handablage gut bedienen und sind auch bei kräftigster Mittagssonne stets problemlos ablesbar gewesen. Einzig wirklich nennenswerter Nachteil sind sicherlich die unschönen Fett- und Staubspuren auf den Displays, die sich auch auf der schwarzen Klavierlackleiste auf der Beifahrerseite weiterführen, welche aber erst für die so feine optische Integration der Displays ins Interieurdesign sorgt und den A7 von innen zu einem Auto werden lässt, das tatsächlich erstaunlich nah an typisch futuristischen Messestudien ist. Markteinführung ist Anfang März.