Überfunktion

Eindrücke aus dem Audi Q3

Der zweite Audi Q3 verkauft sich glänzend. Es liegt wohl daran, dass kaum jemand hinterfragt, wie gut der Spagat zwischen angedeuteter Geländetauglichkeit und einer angedichteten Sportlichkeit im Alltag funktioniert. So gut wie bei den Konkurrenten: nicht

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Audi Q3 13 Bilder
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

In einer Gesellschaft, in der nicht nur die Lebenserwartung des Einzelnen steigt, sondern es gleichzeitig auch immer mehr ältere Menschen gibt, verändern sich zahlreiche Dinge. Menschen sind im gleichen Alter oftmals fitter als ihre Vorfahren und wollen auch länger mobil sein. Das Auto-Kaufverhalten hierzulande mag ein Spiegelbild dessen sein. Vielleicht erklärt das die aktuelle SUV-Mode ein Stück weit. Mich lassen diese Autos oftmals ein wenig ratlos zurück – jüngst geschehen nach 1500 Kilometern im Audi Q3.

So ein SUV scheint oberflächlich betrachtet ein Auto für viele Gelegenheiten zu sein. Man kommt bequemer hinein, auch die Kinder lassen sich dort fraglos einfacher verstauen als im Mini meiner Frau. Das Platzangebot ist, bezogen auf die Verkehrsfläche, meist gar nicht so übel. Die erhöhte Sitzposition suggeriert eine bessere Rundumsicht, was freilich nur die wenigsten Modelle dann auch einlösen – der BMW X2 (Test) ist nur ein Beispiel von vielen. Soweit, so bekannt, so gültig auch für den Audi Q3.

Leider wird dieser Fahrzeuggattung immer wieder eine Kombination aus einer Tauglichkeit für Fahrten durchs Gelände und flottem Landstraßenwedeln angedichtet. Man trifft sich in der Mitte dieser diametralen Anforderungen – was dann heißt, das Auto kann weder das eine noch das andere richtig. Der neue Q3 federt bekömmlicher als sein Vorgänger, den mein Kollege Clemens einst so zerriss. Doch gut ist er deshalb in dieser Disziplin noch lange nicht. Ein gemieteter Q3, der meine Begleitung und mich nach Goodwood schleppte, war sogar noch mit einer heute seltenen Flankenhöhe ausgestattet. 235/55 R18 Ganzjahresreifen von Goodyear waren montiert. Trotzdem war das eine ziemlich unnachgiebige Angelegenheit. Dass Audi gleich zwei Eskalationsstufen in Form von weniger Flankenhöhe und einem Sportfahrwerk anbietet, wirft die Frage auf, wofür das gut sein soll. Ich kann das nicht beantworten. Im Alltag erscheint mir das spätestens dann unbrauchbar.

Da diese Autos ohnehin selten mehr als einen feuchten Feldweg durchschreiten müssen, ist der Verzicht auf einen Allradantrieb nachvollziehbar. Es spart Gewicht, was dem Verbrauch zugute kommen sollte. Im Q3 bekommt der Fahrer in Folge dessen Antriebseinflüsse in der Lenkung und eine spürbare Traktionsschwäche serviert. Wer nur durch die Gegend kullern mag, wird davon kaum etwas bemerken. Anderseits braucht es dann auch die mit dem harten Fahrwerk aufgetragene Sportlichkeit nicht.

Geräusche

Der A5 (Test), den wir mit Erdgas-Antrieb in der Redaktion hatten, ist mir als sehr leises Auto in Erinnerung geblieben, der Q5 (Test) ebenso. Der Q3 ließ mich auf der Autobahn bei Richtgeschwindigkeit zweifeln, ob alle Türen richtig geschlossen sind. Möglicherweise hing das gehobene Niveau mit den Ganzjahresreifen zusammen. Es gibt etliche Konkurrenten, die leiser sind. Dass der Mietwagen mit 15.000 km auf der Uhr schon aus dem Armaturenbrett knisterte, finde ich in dieser Preisklasse bedenklich. Auch Lacknasen unten an der Türkante auf der Beifahrerseite passen nicht zum Anspruch, den Audi für sich reklamiert. Immerhin: Das Leder auf den Sitzen war sauber vernäht – anders als bei Konzernmodellen zuletzt erlebt. Wärmstens empfohlen seien auch in diesem Auto die Optionssitze, hier gerade einmal 310 Euro teuer. Die Seriensessel sind nahezu frei von jeglichem Seitenhalt.

Im Mietwagen war das Navigationssystem samt dem „Audi virtual cockpit plus“ eingebaut, was zusammen rund 2600 Euro zusätzlich kostet. Die Bedienung des Kombiinstrumentes erschließt sich sehr schnell, da Audi auf eine tiefe Verästlung verzichtet. Beim Navi dauert es etwas länger. Mich hat zudem die Verknüpfung von Abbiegehinweisen und Sonderzielen in einer Liste genervt, was sicher Geschmackssache ist. Keine Geschmackssache ist die stark fehlsichtige Verkehrsschilderkennung. Wer innerorts Tempo 100 vorschlägt, disqualifiziert sich ganz von selbst. Gut hat mir das kleine Soundsystem gefallen. Warum der Lautstärkeregler rechts vor dem Wählhebel auf Höhe des Beifahrerknies sein muss? Keine Ahnung, es wirkt aber so, als wäre er im letzten Moment noch für nötig erachtet worden.

Stets bemüht

Der 1,5-Liter-Vierzylinder mit 150 PS wird im Konzern vielfach verwendet. Im VW Golf (Test) hat er uns gut gefallen, auch wenn er die hohe Laufkultur des Vorgänger-Motors knapp verfehlt. Kombiniert war das in unserem Q3 mit einem Siebengang-DSG, das nur mit diesem Motor trockene Kupplungen hat. Bei allen anderen Maschinen im Q3 laufen die in einem Ölbad. 150 PS und 250 Nm bietet der Basisbenziner, bei einem Leergewicht von 1,6 Tonnen sollte das genügen, um das SUV ausreichend flott anzutreiben. Dem ist auch so, allerdings wirkt die Maschine im Q3 bemühter, als sie eigentlich ist. Das hängt mit der Schaltstrategie zusammen, die das Getriebe manchmal etwas hektisch agieren lässt. Dabei sollte das Leistungsangebot eigentlich reichen, den Q3 souveräner wirken zu lassen.

Übernommen haben wir das Auto mit 9,4 Liter/100 km auf dem Bordcomputer, abgegeben mit 7,2 – viel Langstrecke auf tempolimitierten Autobahnen sind der Grund für diese Reduzierung. Auf Spritmonitor liegt der Verbrauch des alten Modells mit 150-PS-Benziner bei knapp 8 Litern. Für einen Basisbenziner mit Zylinderabschaltung ist das gar nicht mal so wenig. Wer SUV-Kritk gern untermauern möchte: Ein Audi A3 mit gleicher Maschine liegt ziemlich genau einen Liter darunter.

Der Mietwagen war eigenwillig zusammengestellt. Eingebaut waren elektrisch verstellbare Ledersitze, das Navigationssystem und ein Schiebedach. Gefehlt haben unter anderem Kleinigkeiten wie LED-Scheinwerfer und Abstandstempomat. Der Basispreis liegt inklusive Doppelkupplungsgetriebe bei 37.700 Euro. Erstaunlich ist, für was Audi dem Kunden zusätzlich in die Tasche greift: Klimaautomatik, Tempomat, Einparkhilfe, Mittelarmlehne und Sitzheizung müssen extra geordert werden. Jedes dieser Kleinigkeiten scheint für sich nicht teuer, zusammengenommen wandert für eigentlich selbstverständliches aber eine erkleckliche Summe Richtung Audi. Unverschämt erscheint auch die serienmäßige Audioausstattung, der ein eigenes Display fehlt. Wer nicht zuzahlt, bekommt eine große Ablage oben in der Mittelkonsole – verbunden mit der unausgesprochenen Garantie, einen so ausstaffierten Q3 nie wieder loszuwerden.