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Alternativer Lebensabend

Fahrbericht: Toyota Prius+

Fahrberichte Christian Lorenz
Toyota Prius+

(Bild: Toyota)

Der Toyota Prius+ steht kurz vor der Ablösung. Wir erwarten den Nachfolger innerhalb des nächsten Jahres. Das schafft gute Argumente für große Nachlässe auf den Listenpreis. Lohnt sich der Kauf des noch aktuellen Modells? Durchaus, wie eine Ausfahrt zeigt

Wer einen geräumigen Minivan mit sieben Sitzplätzen und Hybridantrieb sucht, dem bleibt bislang nur der Gang zum Toyota-Händler. Jetzt steht der Prius+ kurz vor der Ablösung. Wir erwarten den Nachfolger innerhalb des nächsten Jahres mit dem Antriebsstrang des neuen Prius [1]. Das schafft gute Argumente für große Nachlässe auf den Listenpreis. Lohnt sich der Kauf des noch aktuellen Modells? Durchaus, wie eine Ausfahrt zeigt.

Mehr Unterstützung

Im Prius+ erbringen ein 1,8-Liter-Vierzylinder-Benzinmotor mit 99 PS und ein 60 kW starker Elektromotor eine Systemleistung von 136 PS. Der Minivan läuft damit maximal 165 km/h schnell. Zunächst fährt der Prius+ rein elektrisch an. Nach weniger als zwei Kilometern schaltet sich der Vierzylindermotor dazu und macht dem lautlosen Fahren leider ein Ende. Dieser Antriebsstrang ist nicht primär für längere Strecken mit dem E-Motor ausgelegt. Das spart die Kosten für eine große Batterie, ermöglicht aber gleichzeitig trotzdem, dass der E-Motor den Benziner unterstützt – und das tut er erstaunlich häufig. Für sich genommen gehört der 1,8-Liter-Ottomotor immer noch zu den kultivierten Vierzylindern. Zumal er im Atkinson-Zyklus bei möglichst konstanter Drehzahl arbeitet, während der E-Motor die nötigen Leistungsspitzen beim Beschleunigen und Anfahren übernehmen soll.

e-CVT: Steuerung verfeinert

Auf das technisch geniale e-CVT muss man sich einlassen, im Alltag fährt es sich anders als ein Automatikgetriebe mit Stufen. Beim letzten Update dieses Modells im Mai 2016 wurde die Steuerung nochmals verfeinert. Toyota beschreibt das so: „bei gleichbleibender Beschleunigungsleistung wurde die Motordrehzahl um rund 1000/min verringert. Dies gelang durch eine höhere elektrische Unterstützung für den 1,8-Liter-Benzinmotor“.

In der Praxis irritiert zwar immer noch, wie hoch bei nachdrücklichen Beschleunigungswünschen die Drehzahl des Ottomotors steigt. Aber Obacht: Auch, wenn es sich so anfühlt, und es daher auch schon sehr oft so (falsch) beschrieben wurde, mindert dieses Verhalten keineswegs die Beschleunigungsleistung. Nur fallen eben Eindruck und Wirklichkeit weit genug auseinander, dass dem e-CVT aus reinem Bauchgefühl völlig zu Unrecht eine gewisse Unzulänglichkeit unterstellt wird. Der Effekt ist nicht mehr ganz so ausgeprägt wie beim früheren Prius [2], aber noch vorhanden. Wer auch diesen Prius primär zum Gleiten statt für Ampelduelle nutzt, wird je nach Naturell früher oder später feststellen, dass es sich so ganz angenehm fahren lässt. Dabei fällt auch die im Mai 2016 verbesserte Geräuschdämmung auf.

Die notwendige Energie rekuperiert er als Generator im Schiebebetrieb und beim Bremsen. Im sogenannten B-Modus [3] wird zusätzlich die Motorbremswirkung mitgenutzt, was zu einem Ein-Pedal-Fahrgefühl führen soll, wie es beispielsweise der BMW i3 [4] vermittelt. Dabei wird sogar weniger Energie rekuperiert als im D-Modus, die Bremswirkung ist eher mäßig. Laut PriusWiki [5] soll sich der Vorteil fast ausschließlich auf Stadt- und Gebirgsfahrten beschränken.

Um 5,5 Liter

Dem für einen Minivan sehr geringen Benzinverbrauch von 4,1 l/100 km im NEFZ kann man sich im richtigen Leben natürlich nur bei einer möglichst unaufgeregten Fahrweise nähern. Toyota will dabei mit einer Wasserglas-App etwas helfen. Im Mitteldisplay erscheint ein animiertes Wasserglas, aus dem bei nicht effizienter Fahrweise Wasser verschüttet wird. So ein Vollhybrid-Antrieb kann seinen Verbrauchsvorteil in erster Linie in der Stadt bei häufigem Schiebebetrieb ausspielen. Bei Spritmonitor [6] liegt der Prius+ derzeit im Schnitt bei etwa 5,5 Litern, wir kamen auf einen ganz ähnlichen Wert.

Dem Innenraum ist das Alter des Prius+ langsam anzumerken, der neue Prius wirkt hier deutlich frischer. Die Verarbeitung ist gut, doch viele Materialien fühlen sich billig an. Auch im Bereich Infotainment sind andere Hersteller sehr viel weiter. Die Bedienung sämtlicher Fahrfunktionen sowie der Multimediaausstattung gelingt aber überraschend intuitiv. Nicht zu unterschätzen: Das 790 Euro teure Navigationssystem zeigt aktuelle Verkehrsmeldungen an, wenn auf dem Handy ein mobiler Hotspot eingerichtet und dieser mit dem System im Auto verbunden wurde. Für diesen Service kassieren andere Hersteller wie beispielsweise BMW nach einer gewissen Zeit eine satte Jahresgebühr. Toyota reicht diesen Service kostenlos dazu, sieht man einmal von den Verbindungskosten für die paar Megabyte ab, die dabei anfallen.

Klassenübliches Platzangebot

Mit einer Länge von 4,61 Metern ist der Prius+ geringfügig länger als ein VW Touran, ein BMW 2er Gran [7] Tourer oder ein Ford Grand C-Max. Das Platzangebot fällt aber in etwa vergleichbar aus. Toyota bewirbt den Wagen als Siebensitzer, doch die dritte Reihe ist auf längeren Strecken nur Kindern zuzumuten. Wer tatsächlich so viele Personen befördern will, muss eine Klasse darüber einsteigen. Die mittlere Sitzreihe besteht aus einzeln klapp- und verschiebbaren Einzelsitzen. Der Laderaum lässt sich auf maximal 1750 Liter erweitern. Minimal sind es 232 Liter, wobei der Hersteller hier bis unter das Dach gemessen hat.

Der Prius+ kostet derzeit offiziell mindestens 31.500 Euro; inklusive einer wirklich sehr umfangreichen Ausstattung. Ob nun Alufelgen, Klimaautomatik, Tempomat, LED-Scheinwerfer, schlüsselloses Zugangssystem oder auch ein halbwegs anständig tönende Musikanlage: Schon die preiswertere von zwei Ausstattungslinien bringt das alles ohne Aufpreis mit. Für dieses Geld gibt es keinen vergleichbar ausstaffierten VW Touran [8] mit ähnlicher Leistung, von einem BMW 2er Gran Tourer ganz zu schweigen.

Demnächst ein Neuer

Toyota gewährt für den Prius+ derzeit von sich aus einen Nachlass von 3000 Euro. Das dürfte die Nachlassverhandlungen etwas beschneiden, doch die Chance auf ein noch attraktiveres Angebot dürfte sich in den kommenden Monaten noch weiter verbessern. Denn mit einem Nachfolger ist binnen Jahresfrist zu rechnen. Das aktuelle Modell ist zwar in einigen Bereichen nicht mehr up to date, doch noch immer eine interessante Alternative in dieser Klasse.

[Korrektur 15. März 2017]

Für den Prius+ kann nicht, wie im ursprünglichen Text geschrieben, die staatliche Prämie für Hybridfahrzeuge beantragt werden. Die gibt es nur für Plug-in-Hybride und Elektroautos. Eine aktuelle Liste mit allen förderfähigen Autos gibt es hier [9].


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https://www.heise.de/-3651351

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Unterwegs-im-Toyota-Prius-IV-3196839.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Zwei-Monate-mit-dem-Toyota-Prius-Plug-In-Hybrid-2170065.html
[3] http://www.priuswiki.de/index.php?title=B-Modus
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-BMW-i3-mit-vergroesserter-Batterie-3344791.html
[5] http://www.priuswiki.de/index.php?title=B-Modus
[6] https://www.spritmonitor.de/de/uebersicht/49-Toyota/1288-Prius_Plus.html?powerunit=2
[7] https://www.heise.de/autos/artikel/BMW-216d-Gran-Tourer-im-Test-2832324.html
[8] https://www.heise.de/autos/artikel/VW-Touran-1-6-TDI-im-Test-Spielfrei-3173061.html
[9] http://www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/Energie/emob_liste_foerderfaehige_fahrzeuge.pdf;jsessionid=6EC9FD17F22CC3844A97C1B8B80DF517.1_cid387?__blob=publicationFile&v=12