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Der zusätzliche Elektroantrieb kostet 3900 Euro Aufpreis

Peugeot 3008 HYbrid4: auf Diesel-Sparkurs

Fahrberichte sle

Hybridautos mit Benziner können beim Verbrauch nicht immer mit einem konven­tionellen Diesel Schritt halten. Umso gespannter waren wir auf den Peugeot 3008 HYbrid4 mit Selbst­zünder und E-Motor

Dinard (Frankreich), 26. September 2011 – Ende des Jahre kommt mit dem Peugeot 3008 HYbrid4 der erste Vollhybrid mit Dieselmotor in den Handel. Nachdem wir vor zwei Jahren Fahreindrücke am Steuer eines Prototypen sammeln konnten, waren wir nun gespannt, wie sich das Serienmodell bewährt.

Diesel im Bug, E-Maschine achtern

Doch zunächst ein paar Worte zur Technik. Der 3008 HYbrid4 – das große "HY" ist übrigens kein Schreibfehler, vielmehr ist dieses Buchstabenpaar eines der wenigen äußeren Unterscheidungsmerkmale zum konventionellen 3008 – hat einen 163 PS starken 2,0-Liter-Diesel unter der Fronthaube, der über das automatisierte Schaltgetriebe EGS6 die Vorderachse antreibt – soweit unterscheidet sich das Auto noch nicht vom gleichstarken Dieselmodell. Die Hinterachse des HYbrid4 wird jedoch ebenfalls angetrieben, und zwar von einem Elektromotor mit 27 kW (37 PS) Spitzenleistung.

Rein elektrische Kurzstrecken

Kurze Strecken kann das Auto auch rein elektrisch zurücklegen, dann werden nur die Hinterräder angetrieben. Ansonsten treibt der Diesel die Vorderräder an und wird bei Bedarf vom elektrischen Heckantrieb unterstützt. Aber auch wenn der HYbrid4 bis zu 4,5 Kilometer im Zero-Emission-Modus zurücklegen kann, ist es mit Blick auf den Verbrauch nicht unbedingt sinnvoll, dies auszureizen. Fürs Spritsparen ist ein intelligenter Mix der beiden Antriebsarten besser. Den erreicht man im 3008 Hybrid4 am bequemsten, indem man das Moduswahlrad in der Mittelkonsole auf "Auto" stellt. Das tun wir und fahren los. Zum gemächlichen Anfahren braucht unser 3008 keinen Sprit zu verbrennen, und so gleiten wir lautlos dahin. Erst wenn wir das Gaspedal etwas heftiger drücken, springt der Diesel an.

Keine Schubkraftunterbrechungen

Dass unser Testauto kein Verkehrshindernis ist, zeigt schon der Tempo-100-Sprintwert von 8,5 Sekunden. Auch das Maximaldrehmoment von 300 Nm belegt, dass es dem Peugeot nicht an Kraft mangelt. Subjektiv fühlt sich unser Dieselhybrid beim Gasgeben ebenfalls gut an. So viel Fahrspaß wie mit dem Prototypen hatten wir aber nicht mehr. Dafür fällt positiv auf, dass die typischen Gedenksekunden beim Gangwechsel, mit denen automatisierte Schaltgetriebe – zum Beispiel im Smart Fortwo – oft nerven, hier nicht vorhanden sind. Der Elektroantrieb hilft beim Gangwechsel über die lästigen Schubkraftunterbrechungen hinweg. Ansatzweise war das schon bei dem Prototypen von 2009 der Fall, aber für den Serienwagen wurde das Zusammenspiel perfektioniert. Für lange Strecken auf der Autobahn hat unser Hybrid-3008 mit dem Diesel einen idealen Antrieb an Bord. Oberhalb Tempo 120 wird der Elektroantrieb ganz abgeschaltet, von da ab ist der E-Motor zu schwach, um den Selbstzünder noch unterstützen zu können. Die Spitzengeschwindigkeit beträgt 191 km/h. Damit liegt das Auto gleichauf mit der reinen Dieselversion 2.0 HDi Automatik. Wer Wert auf Dynamik legt, kann das Moduswahlrad auf Sport stellen. Dann hat die Boost-Funktion der Elektroantriebs Vorrang vor der Verbrauchsoptimierung.

Elektrisch durch die Tempo-30-Zone

Ein weiterer Betriebsmodus heißt "ZEV", was für Zero Emission Vehicle steht. Das rein elektrische Fahren ist bis zu 60 km/h möglich und nur, wenn man behutsam Gas gibt. Wie eingangs erwähnt, ist die ZEV-Distanz auf rund 4,5 Kilometer begrenzt, danach muss der Akku vom Diesel, der mit einem Starter-Generator verbunden ist, nachgeladen werden.

Ein bisschen Allrad

Der vierte Modus ist 4WD betitelt, tatsächlich ermöglicht die elektrifizierte Hinterachse einen Allradantrieb, ohne dass es zwischen Vorder- und Hinterachsantrieb eine mechanische Verbindung gibt. Die Antriebe werden stattdessen elektronisch koordiniert. Ins Gelände sollte man unserers Erachtens damit dennoch nicht fahren. Aber für die Alltagsanforderungen hierzulande hat das System unbestreitbare Vorteile. Die Zusatztraktion an der Hinterachse hilft vor allem bei Glätte, Steigungen zu überwinden und beim Losfahren auf Eis. Das zusammen mit Bosch [1] entwickelte Antriebskonzept hat zudem den Vorteil, dass Modelle mit Frontantrieb und die Hybrid-Version mit ihrer elektrifizierten Hinterachse auf demselben Band produziert werden können. Damit spart der Hersteller Fertigungskosten und kann flexibel auf Nachfrageschwankungen reagieren.

In den Sand gesetzt

Auf einer Sandstrecke zeigen sich die Grenzen dieser Art Allradantrieb: Peugeot hatte die Stelle so präpariert, dass man sich aus dem weichen Untergrund zwar nicht im Automatik-, wohl aber im 4WD-Modus befreien können sollte. Doch fuhr man zu langsam los, wühlte sich das Auto ein, und man kam auch im 4WD-Modus nicht mehr heraus. Fuhr man einen Meter zu weit, war der Sand nicht mehr tief genug, und man konnte auch im Auto-Modus herausfahren. Wir vermuten, dass die meisten Autofahrer auf das Moduswahlrad verzichten könnten. Immerhin macht es den Wagen aber ein Stück weit zukunftssicher, falls in den Innenstädten einmal Fahrverbote für Autos mit Verbrennungsmotor kommen sollten.

Recht hartes Fahrwerk

Das Fahrwerk des 3008 HYbrid4 wirkt recht hart: Bei Straßenunebenheiten wird es ab und zu unkomfortabel. Ist das ein Effekt des Zusatzgewichtes und der deswegen notwendigen härteren Federung? Wohl kaum, denn das Mehrgewicht des Hybridmoduls beträgt gerade 120 Kilogramm. Zudem überraschte uns die elektrohydraulische Servolenkung durch eine sehr starke Rückstellkraft: Das Steuer will bei jeder Auslenkung immer unbedingt wieder zurück in die Nulllage. Auf langen, geraden Autobahnstrecken ist das ein Vorteil, aber nicht in der Stadt und auch nicht auf kurvigen Landstraßen. Ebenfalls gewöhnungsbedürftig ist die starke Verzögerungswirkung bei der Rekuperation: Geht man vom Gas, arbeitet der Elektromotor als Generator und erzeugt entsprechend eine Bremswirkung. Der Vorteil, wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat: Bei der Rekuperation wird Strom erzeugt, und zugleich gibt es weniger Verschleiß an den Scheibenbremsen.

Kofferraum: Kaum kleiner

Der Innenraum des Hybriden ist gegenüber dem normalen 3008 kaum verändert. Auffällig ist der geschrumpfte Automatik-Wahlhebel, Schaltwippen hinter dem Lenkrad gibt es aber auch hier. Bei den Instrumenten gibt es links eine Anzeige für die aktuell abgeforderte Leistung in Prozent beziehungsweise für die Rekuperation. Zwischen den Rundinstrumenten und auf dem ausfahrbaren Monitor in der Mitte des Armaturenbretts werden die Energieflüsse zwischen Verbrennungsmotor, Batterie und Elektromotor dargestellt. Auch der Kofferraum ist gegenüber der Normalversion kaum verändert. Er fasst 377 bis 1186 Liter, während man bei den konventionellen Modellen 432 bis 1241 Liter Gepäck mitnehmen kann. "Kaum eingeschränkt" bedeutet beim 3008 allerdings nicht "gut". Denn der Kofferraum bei umgeklappten Rücksitzen ist schon bei der Normalversion zu klein für ein Auto, das zwischen SUV und Van positioniert ist. Sogar in einen ganz normalen VW Golf passt mehr hinein, nämlich 1305 Liter.

Deutlicher Spritspareffekt

Und wie steht es um den Verbrauch des Dieselhybrids? Der 3008 HYbrid4 benötigt in der Basisausstattung laut Hersteller 3,8 Liter Diesel je 100 Kilometer. Eine bemerkenswerte Zahl, denn damit liegt der 1,8-Tonner genau auf Augenhöhe mit dem rund eine halbe Tonne leichteren und mit 105 PS auch deutlich schwächeren VW Golf 1.6 TDI BlueMotion. Der konventionelle 3008 2.0 HDi Automatik mit 163 PS verbraucht laut Hersteller 6,5 Liter je 100 Kilometer – liegt also im Schnitt 2,7 Liter pro 100 Kilometer über dem HYbrid4. Besonders deutlich soll der Einspareffekt in der Stadt ausfallen – was angesichts des Stop-and-Go-Verkehrs auf der Hand liegt. Der Innerorts-Verbrauch ist mit 3,9 Litern kaum höher als der für außerorts angegebene (3,7 Liter). Das ist beim normalen 163-PS-Dieselmodell ganz anders: Da stehen 8,5 Liter innerorts und 5,4 Liter außerorts im Datenblatt. In der Praxis benötigten wir auf unseren Ausfahrten meist zwischen vier und sechs Liter. Dabei fuhren zwar wir nie schneller als 110 km/h, legten aber auch keine bemüht spritsparende Fahrweise an den Tag, sondern fuhren ganz normal.

3900 Euro Aufpreis

Den 3008 HYbrid4 gibt es ab Euro. Der 2.0 HDi Automatik, ein Modell mit dem gleichen Diesel, aber ohne Hybridsystem, ist ab 30.250 Euro zu haben. Das sind 3900 Euro weniger. Ausgehend von einem Minderverbrauch von 2,7 l/100 km und einem Dieselpreis von 1,44 Euro je Liter spart man also knapp 3,90 Euro auf 100 Kilometer. Damit würde sich der Mehrpreis bei einer Fahrleistung von fast genau 100.000 Kilometern amortisieren. Für den Einsatz als Taxi erscheint Peugeots Dieselhybrid also prädestiniert. Wer hingegen nur wenige Kilometer zurücklegt oder ein Fahrprofil hat, das nur geringe Rekuperationsgewinne erwarten lässt, sollte sich überlegen, ob sich der Mehrpreis für den Hybrid rentiert.

Gute Basisausstattung

Der Spritverbrauch von 3,8 Liter je 100 Kilometer gilt nur für die Grundversion, die nach der Kohlendioxidemission je Kilometer "HYbrid4 99g" heißt. Deren Ausstattung ist keineswegs spartanisch, sondern für die Kompaktklasse überdurchschnittlich: An Bord sind nicht nur ESP, sechs Airbags, elektrische Fensterheber rundum, Zentralverriegelung, elektrisch einstellbare Außenspiegel und ein CD-Radio. Auch Klimaautomatik, 16-Zoll-Alufelgen, Nebelscheinwerfer, Licht- und Scheibenwischerautomatik, eine elektrische Feststellbremse, eine Einparkhilfe hinten und ein Tempomat sind dabei. Die gehobene Ausstattung "HYbrid4" bietet zusätzlich ein Head-up-Display, 17 Zoll große Alufelgen und ein Navigationssystem und kostet 36.150 Euro. Hier lassen sich auch schwere Extras wie das große Glasdach oder Ledersitze mit elektrischer Verstellung ordern. Der Normverbrauch liegt dann aber auch schon bei 4,0 Litern je 100 Kilometer.


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