Test: Audi Q5 TDI

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Wahre Kunst wird viel zu oft missverstanden. Vor den Toren meines Dorfes wird jemand 50. Wie es üblich ist, haben Wohlwollende dem Jubilar ein Verkehrsschild mit einer 50 drauf gemalt und nah der Straße aufgehängt. Dies ist so gut gelungen, dass der kamerabasierte Tempomat im Audi Q5 das Schild akzeptierte und den Wagen bremste, was nicht jeder der Hinterherfahrenden verstand. Doch wir wollen fair bleiben. Abgesehen von solchen Verguckern ermöglicht die scharfsichtige Kamera auch einen kleinen Vorgeschmack darauf, wie sich autonomes Fahren anfühlen wird.

Im medialen Feuer

SUV sind beliebt, stehen derzeit aber arg unter medialem Feuer. Dieser Widerspruch ist nicht ganz einfach aufzulösen, aber einen Versuch ist es wert. Kritiker verbinden mit dem Begriff innerlich vermutlich oftmals schwere Brummer wie Mercedes GLS, Audi Q7 und demnächst auch BMW X7. Gekauft werden aber vorwiegend kleinere Modelle. Autos wie der Audi Q5 gehören schon zu den größten SUV, die sich eine breite Masse gönnt. Um beim Verbrauch nicht völlig abzuheben, wählen die Käufer gern Dieselmotoren. Ein Test sollte klären, wie sich die populäre Kombination aus Audi Q5, 190-PS-Diesel, DSG und Allradantrieb im Alltag schlägt.

Optisch hat der Modellwechsel keine großen Veränderungen gebracht. Audi hat den Q5 nicht grundlegend neu erfunden, was durchaus mutig ist. Immerhin ist die Vorlage schon gute neun Jahre alt. Ähnlich wie beim aktuellen A4 läuft Audi auch beim Q5 Gefahr, schon neben der aktuellen Konkurrenz als nicht gerade frisch gestaltet wahrgenommen zu werden. Und wenn sich das schon beim Start eines Modells so gesehen wird, wie soll es dann erst werden, wenn die anderen Hersteller mit Neuheiten nachrücken?

Klagen auf hohem Niveau

Ganz anders ist das im Innenraum: Das Interieur ähnelt dem im A4 und hebt sich deutlich vom Vorgänger ab. An dieser Stelle finden sich nun in vielen Fahrberichten der Kollegen lobende Worte über die edlen Materialien und akkurate Verarbeitung. In der Tat wirkt der Q5 auf den ersten Blick fein ausgekleidet und sauber zusammengesetzt. Doch zur Perfektion fehlt dann doch noch ein gutes Stück: Einige Verkleidungen knarzen leise, wenn man dagegen drückt – was außer ein paar Journalisten vermutlich kaum jemand tut. In meinem 20 Jahre alten Auto gibt der Türgriff keinen Mucks von sich, egal wie man ihn anfasst. Im noblen Q5 ist auch hier ein Knarzen zu vernehmen, wenn man ihn etwas zu hart anpackt. Der Hebel für die Höhenverstellung der sehr bequemen Sportsitze schleift an der Verkleidung. Klagen auf hohem Niveau? Sicher, aber es passt eben nicht so ganz zum selbstgesetzten Anspruch der Marke.

Die Blindtaste vor dem rechten Türöffner wirkt in dieser durchgestylten Umgebung etwas seltsam. Mein geschätzter Kollege Christian vermutet, dass die optionalen, matten Holzleisten von einer Rodung im Playmobil-Land stammen müssen. So unterschiedlich sind die Geschmäcker: Ich fand sie schick. Dass die Heckklappe und die Motorhaube im Testwagen nicht hundertprozentig gerade eingebaut waren, weniger.

Groß sind die Fortschritte im Infotainmentbereich, was nicht nur den Funktionsumfang, sondern ausnahmsweise auch die Bedienbarkeit betrifft. Denn Audi hat sich mit vielen Jahren Verzögerung dazu durchringen können, dass BMW-Prinzip der fast frei belegbaren Favoritentasten zu kopieren. Dazu gibt es ein Touchfeld mit Handschrifterkennung, dass sogar meine Sauklaue erkennt – Respekt. Wie so oft braucht es bei Systemen mit solch einem enormen Funktionsumfang etwas Zeit, um sich einzugewöhnen, doch Audi macht es einem nicht ganz so schwer wie andere Hersteller. Was ich irritierend fand: In den meisten Menüs muss man, wenn einmal der letzte Punkt erreicht ist, wieder zurückscrollen. In allen anderen mir bekannten Autos wird einfach zum ersten Menüeintrag gewechselt. Bei den Tasten der Klimaautomatik muss dann der Knopf von unten angehoben werden – darauf muss man erst einmal kommen.

Infodisplay

Das aufpreispflichtige Display als Kombiinstrument bietet sehr viele Spielereien, wobei mir nicht alle sinnvoll erschienen. So gibt es eine Ansicht, in der Tacho und Drehzahlmesser klein sind und sehr viele Informationen des Bordcomputers eingeblendet werden. Mir war das etwas zu viel, aber die Lösung ist nur einen Knopfdruck entfernt. Die schon im Golf kritisierte Tachoskalierung gibt es auch hier. Einen häufig zu lesenden Kritikpunkt konnte ich nicht nachvollziehen: Bei großer Navikarte und kleinen Rundinstrumenten fanden viele den Tacho schlecht ablesbar. Doch Audi blendet die Zahl mit ein und entschärft das Problem meiner Ansicht so ganz gut. Die Anzeigen für Tankinhalt und Temperatur des Kühlwassers sind so mickrig und grob aufgelöst, dass bei der nächsten Modellpflege ein Controller hoffentlich endlich einschreitet.

Satter Klang

Ein paar Worte hat sich auch das Soundsystem von Bang&Olufsen redlich verdient. Um es kurz zu machen: Es klingt ausgezeichnet. Die Bässe lassen bei Bedarf den Innenspiegel erzittern. „With Or Without You“ von U2 so weit nach unten auszuleuchten gelingt nicht vielen Werksanlagen. Man muss die Lautstärke schon sehr, sehr weit erhöhen, um festzustellen, dass das System dann etwas die Übersicht im Hochtonbereich verliert. Ob aber nun jeder Klangregler sein eigenes Untermenü braucht? Zweifel daran sind erlaubt. Schlecht finden wir die Unterbringung des CD-Players im Handschuhfach. Auch wenn das die meisten Audi-Fahrer vermutlich nicht mehr nutzen: Was eingebaut ist, sollte sich auch einfach bedienen lassen. Kleine Anekdote, an der Audi vermutlich unschuldig ist: Auf der internen Jukebox fand sich auch das U2-Album „The Joshua Tree“ von 1987. Wer es kennt, wird sich möglichweise etwas wundern, denn in der Datenbank haben es auch Stücke wie “Sunday, bloody sunday” und “Vertigo” auf dieses Album geschafft. Für alle anderen: Ersteres ist aus dem Jahr 1983, letzteres von 2004.

Gut gedämmt

Die exzellente Musikanlage lässt sich im Q5 auch deshalb so gut genießen, weil die Antriebsgeräusche gut gedämmt sind. Etwas mehr ist vom Fahrwerk zu hören, doch insgesamt ist das SUV ein leises Auto, auch bei hohem Tempo. Dazu trug im Falle des Testwagens eine zusätzliche – und aufpreispflichtige – Dämmung von Seiten- und Frontscheibe bei. Nur wenn die Maschine zu hohen Drehzahlen gezwungen wurde, war im Testwagen ein deutliches Nageln zu hören. Damit unterscheidet sich der Audi-Motor vom gut vergleichbaren 190-PS-Diesel im neuen Volvo XC60. Dort ist der Klang weicher, aber insgesamt auch etwas deutlicher zu vernehmen. Die Gänge werden vom Doppelkupplungsgetriebe flink und passend gewechselt, sofern man es ruhig angehen lässt.

Dazu lädt der Audi Q5 mit dem 190-PS-TDI eigentlich ein. Die möglichen Fahrleistungen sind im Alltag sicher weit mehr als nur ausreichend, doch übertrieben dynamisch ist die Maschine in dieser Umgebung nicht. Aus dem Stand heraus braucht der Antriebsstrang einen Moment, bevor der Q5 tatsächlich losfährt. Das irritiert schon mal, wenn man sich rasch irgendwo einsortieren will. Der angesprochene Volvo XC60 D4 wirkt, möglicherweise auch durch seinen prägnanteren Klang, in allen Lebenslagen wuchtiger. Der Q5 TDI mit 163 PS und Automatik kostet zwar nur 1300 Euro weniger, doch ich würde dieses Geld anderweitig investieren. Die Unterschiede in den Werksangaben sind schon gering, im Alltag dürfte sich der Fahreindruck kaum unterscheiden – nicht zuletzt aufgrund des identischen Drehmoments von 400 Nm.

12 Liter Adblue

Der Verbrauch ist im NEFZ identisch und liegt, je nach Reifenformat, zwischen 4,9 und 5,3 Litern. Im Alltag kamen wir auf rund 6,2 Liter, minimal waren es 5,5. Wer sich von der ausgezeichneten Geräuschdämmung und der guten Straßenlage dazu verleiten lässt, kann auf der Autobahn auch mehr als 8 Liter erfahren, damit ist man dann allerdings schon recht flott. Serienmäßig ist in allen Q5-Dieselmodellen ein Adblue-Tank mit 12 Litern Fassungsvermögen. Gegen Aufpreis gibt es im Verbund mit größerem Kraftstofftank auch einen Adblue-Behälter mit 24 Litern. Audi nennt in der Anleitung einen Adblue-Verbrauch zwischen einem und vier Prozent des verbrauchten Dieselkraftstoffs. Anders ausgedrückt: Bei vier Prozent Adblueverbrauch reicht der serienmäßige Vorrat für 300 Liter Diesel, im Falle des höchsten Adblueverbrauchs, den Audi angibt. Das andere Extrem, also ein Prozent, würde bedeuten, dass der Adblue-Vorrat nach 1200 Litern verbrauchtem Diesel erschöpft wäre. Der Praxisverbrauch dürfte irgendwo dazwischen liegen.

Ausgehend von unserem Testverbrauch von 6,2 l/100 km und einem Adblue-Anteil von vier Prozent ist der 12-Liter-Tank also nach frühestens 4839 Kilometern leer. Die Investition in den größeren 24-Liter-Tank ist mit 85 Euro nicht gerade ein Schnäppchen, aber lohnenswert. Empfehlenswert ist so oder so aber, den Tank vor dem Servicetermin aufzufüllen. Manch ein Händler greift dafür nämlich recht beherzt zu. Da kann ein Liter Adblue schon einmal mehr als 4 Euro kosten – das wagen sich nicht einmal alle Autobahntankstellen. Das betrifft freilich nicht nur den freundlichen VAG-Händler, sondern alle.

Feines Fahrwerk

Sehr gut hat allen in der Redaktion das Fahrwerk gefallen, für das Audi allerdings auch herzhaft zulangt. Im Testwagen war das adaptive Luftfahrwerk eingebaut, immerhin 1950 Euro teuer. Die Bandbreite zwischen den Einstellungen ist deutlich spürbar. Ich war meistens in Comfort oder Effiency unterwegs, was auch daran liegen mag, dass SUVs auf mich grundsätzlich entschleunigend wirken. Warum man so einen Koloss unbedingt mit Verve um die Ecken werfen muss, hat sich mir nie so recht erschlossen. Der Q5 kann in dieser Hinsicht weit mehr, als ich von so einer Wuchtbrumme je fordern würde. Zusammen mit der feinen Lenkung ergibt sich ein komfortables Fahrgefühl, welches dem in vielen Volkswagen-Konzernmodellen ähnelt: Das Auto nimmt sich zurück und nervt schlicht nicht.

Der Testwagen war, wie bei Presseautos üblich, mit zahlreichen Extras angefettet, was den Listenpreis auf mehr als 70.000 Euro anhob. Ob es den ganzen Zinnober nun wirklich braucht, ist sicher Geschmackssache. An ein paar Dinge gewöhnt man sich aber freilich schnell. Die Matrix-LED-Scheinwerfer sind mit 1900 Euro zwar wirklich sehr teuer, leisten aber bei Dunkelheit auch hervorragende Dienste. Auch das nicht überladene Head-up-Display will man nach einer gewissen Strecke nicht mehr missen.

Frechheiten

Leder und Holz heben auch im Q5 den wahrgenommenen Qualitätseindruck. Dass Audi für Dinge wie einen einfachen Tempomat oder auch die Sitzheizung zusätzlich hinlangt, ist angesichts der Basispreise eine Frechheit – und verständlich, denn solange die Kunden mitspielen, wird Audi nehmen, was als möglich erachtet wird. Übertroffen wird das nur noch von der Anschlussgarantie für drei Jahr bis 150.000 km, die Audi mit unglaublichen 2350 Euro in Rechnung stellt. Das reichen andere Hersteller kostenfrei mit dazu.

Einen adaptiven Tempomat gibt es nur zusammen mit allerlei anderen Helfern im “Assistenzpaket Tour”. Damit regelt der Q5 dann nicht nur den Abstand zum Vordermann allein, sondern passt auch die Geschwindigkeit an. Vor Kurven wird gebremst, bei erkannten Verkehrsschildern ebenso. Wird ein Tempolimit wieder aufgehoben, beschleunigt der Q5 auch wieder. Das klappt insgesamt sehr ordentlich, wenngleich die Erkennung nicht immer zu 100 Prozent gelingt – woran nicht allein den eingangs beschriebenen Künstlern Schuld haben. Auf meinem Heimweg geht von der abbiegenden Hauptstraße eine Sackgasse ab, in der Tempo 10 vorgeschrieben ist – was den Assistenten immer wieder veranlasste, auf dieses Tempo abzubremsen. Bis zur Vollautomation ist es eben noch ein weiter Weg.

Nachdenklich macht freilich etwas anderes: Ein vergleichbar motorisierter, hochgerüsteter Skoda Kodiaq, für den längst nicht alles lieferbar ist, was sich in den Q5 einbauen lässt, kostet locker 20.000 Euro weniger. Dafür ist er sicher nicht ganz so gut gedämmt, bietet weniger Spielereien und mag in machen Details nicht ganz so feingeschliffen wirken wie der Audi. Dennoch scheint der Audi-Aufpreis ziemlich üppig.

Die Kosten für die Überführung hat der Hersteller übernommen, jene für Kraftstoff der Autor.