Neu aufgestellt

Vorstellung: Mercedes G-Klasse

Erstmals seit knapp 40 Jahren stellt Mercedes eine von Grund auf neu konzipierte G-Klasse vor. Die Optik lässt einen glauben, es hätte sich kaum etwas verändert. Schon im Jahre 2014 kündigten wir die Wende der G-Klasse an. Kam es so, wie wir damals glaubten?

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Mercedes G-Klasse 21 Bilder
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christian Lorenz
Inhaltsverzeichnis

Die Mercedes-G-Klasse wird erstmals in ihrer fast 40-jährigen Modellgeschichte durch eine komplett neue Generation abgelöst. Gestern am 14. Januar wurde die G-Klasse 2018 am Vorabend zur NAIAS im Michigan-Theatre in Detroit vorgestellt. Mercedes hält sich damit an einen Plan, der uns bereits vor dreieinhalb Jahren beschäftigte. Stellen wir unsere Ankündigungen von damals den konkreten Änderungen von heute gegenüber, so zeigt sich dieselbe Stoßrichtung. Wenn man böse sein will, wird aus einem verwässerten Geländewagen jetzt ein Retro-Geländewagen. Die Geländeeigenschaften bleiben höchstwahrscheinlich trotz allem weiterhin beeindruckend, sie werden aber in Zukunft einer weniger konsequenten Konstruktion abgetrotzt.

12 cm breiter

Zunächst wird die Karosserie in noch nie dagewesener Form verbreitert. Während wir im Mai 2014 noch die Hoffnung hatten, Mercedes würde sich mit 10 cm Breitenzuwachs bescheiden, sind es jetzt doch über 12 cm geworden. Damit ist der neue G aber immer noch gut acht Zentimeter schmaler als ein Mercedes GLE. Vom straßenoptimierten SUV übernimmt die neue G-Klasse das Prinzip von Vorderachse und Lenkung. Einzelradaufängung und Zahnstangenlenkung mit elektrischer Lenkkraftunterstützung werden in Verbindung mit der breiteren Spur das Fahrverhalten onroad auf ein neues Niveau heben. Die elektrische Lenkung ist Voraussetzung dafür, die gesamte Armada an Fahrassistenzsystemen in das neue G-Modell bringen.

Zahnstangenlenkung

Der eingeschränkten Achsbeweglichkeit nach Verlust der vorderen Starrachse und den daraus resultieren Nachteilen im Gelände begegnet Mercedes mit einem Fahrprogramm „G-Mode“, das Gaspedalkennlinie, optionale Achsdämpferverstellung, Automatikgetriebe und Lenkungskennlinie für das Gelände optimiert. Die Zeiten der Kugelumlauflenkung sind vorbei, die im Gelände unschlagbar ist, aber auf der Straße durch mangelnde Präzision nervt.

Einzelradaufhängung

Der Leiterrahmen bleibt bestehen, die Vorderradaufhängung ist ohne Fahrschemel soweit oben wie möglich an ihm befestigt. Damit wird der Ausfederweg optimiert. Insgesamt kann die Verschränkung nicht das Niveau erreichen, das prinzipiell mit einer Starrachse möglich ist. Aber auch die Vorgängerbaureihen mit ihrer vorderen Starrachse blieben über die Jahre immer mehr unter ihren konstruktiven Möglichkeiten, da die Daimler-Ingenieure den G immer mehr zum Straßenposer vergewaltigten, der mit 12-Zylinder und irrwitziger Längsbeschleunigung auch irgendwie ums Eck gehen und dafür straffer abgestimmt werden musste.

Konsequent ist die Überarbeitung des Fahrwerks daher, die die Kompromisslinie jetzt endgültig mehr in Richtung Straße schiebt. Das Verteilergetriebe wird nun nach GLE-GLS-Art an das Automatikgetriebe angeflanscht, was das G-Modell eines weiteren Alleinstellungsmerkmals beraubt. An den drei Einhundertprozentsperren wurde aber festgehalten. Wir hatten im Mai 2014 prognostiziert, dass das G-Modell des Modelljahrs 2018 um 200 kg leichter werden würde. 170 kg sind es nun geworden. Das hat auch im Gelände Vorteile, obwohl auch die aktuelle G-Klasse mit über 2,3 Tonnen alles andere als leicht ist.

Verbesserte Geländemaße

Insgesamt gelang es den Daimler-Ingenieuren die Geländemaße des Vorgängers zumindest einzuhalten. Die meisten wurden sogar verbessert. So gehört auch das neue G-Modell zu den Fahrzeugen mit den besten Geländeigenschaften auf dem Markt. Seine Fahrwerkskonstruktion ist mit der des Toyota Land Cruiser J20 vergleichbar, der in den EU-Märkten und der Schweiz seit 2015 nicht mehr ausgeliefert wird.

Lifestyleschachtel

Das Cockpit zeigt das Dilemma exemplarisch, aus einem spartanischen Arbeitsgerät einen hypermodernen Poser zu machen. In Kombination mit einem virtuellem Cockpit wie bei der S-Klasse wirken die kantigen G-Zitate wie eine Indiana-Jones-artige Holzfällerhemd-Designtapete mit neureichem Bling-Bling-Überzug. Das ist Geschmackssache, passt jedoch zur G-Klasse der Zukunft. Sämtliche Luxusausstattungen sind jetzt lieferbar, die es auch in den übrigen Mercedes-Modellreihen gibt. Von den Massagesitzen über das LED-Licht bis zum Einparkassistenten. Die Raumausnutzung wurde optimiert. 5 Zentimeter mehr Außenlänge resultieren in 15 Zentimeter mehr Beinfreiheit für die Fondpassagiere.

Mindestens 107.000 Euro

Zum Marktstart ist nur der G 500 mit einem 422 PS starkem V8-Biturbo-Motor und Neunstufenautomatik erhältlich. Er wird mindestens 107.000 Euro kosten. Zwei Dieselmodelle mit 286 bzw. 340 PS sollen folgen. Wie wir 2014 bereits prognostiziert hatten, werden die 12-Zylinder ersatzlos gestrichen. Wir hatten damals vermutet, dass auch im G 500 der neue Reihensechszylindermotor aus der S-Klasse Einzug halten würde. Da haben wir uns geirrt. Mit vielem anderen hatten wir aber recht. Leider.