Web Push und Badging in iOS 16.4 Beta 1: Mega-Update für Progressive Web Apps

Apple liefert in Safari für iOS und iPadOS 16.4 Beta 1 gleich mehrere Programmierschnittstellen aus, die Webanwendungen deutlich leistungsfähiger machen.

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iOS 16

(Bild: Apple)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christian Liebel
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In einem Blogbeitrag hat das WebKit-Team bekannt gegeben, dass Webanwendungen mit der frisch veröffentlichten Beta 1 von iOS und iPadOS 16.4 endlich Push-Benachrichtigungen über das Web-Push-Verfahren empfangen können. Damit folgt Apple seiner Ankündigung aus dem Sommer 2022. Das ist jedoch nicht die einzige interessante Programmierschnittstelle, auf die Webentwickler in der neuen Vorabversion von Safari Zugriff haben.

Überkreuz - Christian Liebel

Christian Liebel (@christianliebel) ist Softwareentwickler bei Thinktecture in Karlsruhe. Er unterstützt seine Kunden bei Digitalisierungsprojekten und der Modernisierung von Businessanwendungen. Sein Steckenpferd sind Cross-Platform-Anwendungen auf Basis moderner Webtechnologien wie Angular, Progressive Web Apps, Project Fugu und Web Components. Für seine Community-Beiträge wurde er als Microsoft MVP und Google GDE ausgezeichnet.

Voraussetzung für die folgenden Schnittstellen und Funktionen ist unter iOS und iPadOS, dass die Webanwendung zum Home-Bildschirm des Gerätes hinzugefügt wurde. Anwender können die Installation über das Teilen-Menü und die Auswahl des Menüeintrags Zum Home-Bildschirm hinzufügen veranlassen. Das Hinterlegen von Web-Clips auf dem Home-Bildschirm ist seit dem im Januar 2008 veröffentlichten iPhone OS 1.1.3 möglich. Apple nennt auf diese Art hinterlegte Webanwendungen Homescreen Web Apps, was synonym zu Progressive Web Apps (PWA) zu verstehen ist. Vom Home-Bildschirm aus gestartet erscheinen sie wie plattformspezifische Apps ohne Browserwerkzeugleisten und inklusive Auftritt im App Switcher. Einmal implementiert laufen sie überall von Mobile bis Desktop dank der zugrundeliegenden W3C-Spezifikationen Service Worker und Web Application Manifest.

Eine Webanwendung stellt ein Notification-Banner unter iOS dar

Das Web-Push-Verfahren ist eine Kombination verschiedener Spezifikationen von W3C und IETF (Push API, Notifications API und HTTP Web Push), die es Entwicklern ermöglichen, Benachrichtigungen proaktiv an ihre Benutzer zu schicken. Die Information, etwa eine Instant Message oder ein Preisalarm, wird auf dem Endgerät in Form eines Notification-Banners dargestellt. Das API-Tandem wird seit vielen Jahren von Microsoft Edge, Google Chrome und Mozilla Firefox unterstützt. Unter Safari für macOS ist die Web Push API seit Version 16 verfügbar, die im September 2022 veröffentlicht wurde. Mit iOS und iPadOS erhalten nun die letzten größeren Betriebssysteme die Unterstützung dafür. Der große Vorteil des Web-Push-Verfahrens ist, dass es nur einmal implementiert werden muss und danach plattformübergreifend verwendet werden kann. Unter iOS und iPadOS erscheinen die Benachrichtigungsbanner genau so, wie sie auch von anderen Apps bekannt sind, inklusive Übertragung auf die Apple Watch und Integration in die Fokus-App.

Weniger aufdringlich als Benachrichtigungsbanner sind Badges, kleine rote Plaketten, die auf dem Symbol einer Anwendung dargestellt werden. Die Badging API erlaubt es Webanwendungen, ein Badge auf dem Symbol der Anwendung auf dem Home-Bildschirm, im Dock beziehungsweise der Taskleiste darzustellen. E-Mail-Programme oder To-do-Listen-Apps nutzen diese Möglichkeit, um die Anzahl ungelesener Nachrichten oder zu erledigender Aufgaben darzustellen. Die Schnittstelle wird seit vielen Jahren von Google Chrome und Microsoft Edge unter macOS und Windows unterstützt. Auch die Twitter-PWA greift auf diese Schnittstelle zurück, um die ungelesenen Mitteilungen und Direktnachrichten zu kommunizieren. Voraussetzung dafür ist unter iOS und iPadOS, dass der Benutzer zuvor dem Empfang von Pushbenachrichtigungen zugestimmt hat.

Mit der Badging API können kleine Zahlenplaketten auf dem App-Icon dargestellt werden

Ebenso unterstützt die neue Safari-Version die "id"-Eigenschaft des Web Application Manifest. Diese erlaubt eine eindeutige Identifizierung einer auf dem Gerät installierten Webanwendung, um mehrere Installationen zu vermeiden und die Benachrichtigungseinstellungen über mehrere Geräte hinweg zu synchronisieren. Allerdings gibt Safari Usern die Möglichkeit in die Hand, den Anzeigenamen der Anwendung anzupassen. Wählt der Benutzer einen anderen Namen, werden doch wieder mehrfache Installationen einer App möglich, etwa um sie mit unterschiedlichen Profilen nutzen zu können.

Die Webanwendung integriert sich auch die Einstellungen von iOS und iPadOS

Erstmals erhalten Browser von Drittanbietern die Möglichkeit, selbst Verknüpfungen für Webanwendungen auf dem Home-Bildschirm zu hinterlegen. Dies war zuvor ausschließlich Safari vorbehalten. Unter Android, macOS und Windows war es schon früher üblich, dass Fremdbrowser Webanwendungen installieren konnten. Allerdings müssen auch die Browser von Drittanbietern unter iOS und iPadOS zwingend die WebKit-Engine nutzen. An dieser Vorgabe ändert sich nichts.

Neben den oben genannten APIs sind in iOS und iPadOS 16.4 Beta 1 auch weitere Programmierschnittstellen zu finden: Etwa die Screen Wake Lock API, die den Bildschirm aktiviert lässt (etwa für Präsentationsprogramme) sowie die Screen Orientation API, die Informationen zur Ausrichtung des Bildschirms zugänglich macht. Für diese Schnittstellen ist allerdings keine vorherige Installation der App erforderlich.

Einmal mehr schließt sich die Lücke zwischen plattformspezifischen Apps und Webanwendungen. Mit der Verfügbarkeit von Push-Benachrichtigungen wird wohl eine der häufigsten Anfragen von Webentwicklern über die letzten Jahre nun auf allen relevanten Plattformen abgehakt. Die Integration von Web Push und Badging API ist in der Betaversion von iOS und iPadOS richtig gut umgesetzt, von plattformspezifischen Apps sind die Benachrichtigungsmethoden nicht zu unterscheiden. Auch die Verfügbarkeit weiterer Programmierschnittstellen zeigt, dass es Apple ernst meint und das Web als Anwendungsplattform stetig besser wird.

(rme)