Die dunkle Seite des Netzes

Da sich etwa 100 Millionen Menschen im Netz befinden, kann man vermutlich davon ausgehen, dass das Internet ein mehr oder weniger guter Spiegel der Gesellschaft ist. Und die besteht ja bekanntermaßen nicht nur aus Werbung, Kaufen und bunten Bildern. Da gibt es noch die dunkle Seite unserer Seele - Gewalt und Verbrechen.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Torsten Beyer
  • Kersten Auel
Inhaltsverzeichnis

Nach Jahren des Schreibens über die schönen Seiten des Netzes heute mal was eher Depressives - Verbrechen und Mord. Keine Angst - iX outet keine Pädophilen, muss nicht unter dem Ladentisch verkauft werden und will auch keine Straftaten verherrlichen. Aber es wird nicht so kurzweilig wie sonst.

Fangen wir mit denen an, die Verbrechen aufklären. Da fällt einem zunächst das Bundeskriminalamt ein. Unter BKAonline kommt eine recht hausbackene Webseite daher, die bei näherer Betrachtung mit vielen Funktionen und Informationen glänzt. Zu erwähnen ist beispielsweise die Liste aller derer, nach denen das BKA derzeit fahndet. Webmäßig passend ist die Topliste der meistgesuchten sowie eine weitere Liste von anscheinend weniger intensiv gesuchten Personen. Neben dem Bild bietet das BKA dort in der Regel Infos zur Person (samt Aliasnamen - ich dachte, das gäbe es nur im Wilden Westen) und zu dem zur Last gelegten Verbrechen. Weiterhin publiziert das BKA auf diesen Seiten Informationen zu nicht identifizierten Toten. Voyeure aufgemerkt: die Bilder sehen eher so aus, als seien sie aus dem Computer.

Neben diesen auf die konkrete Verbrechensaufklärung fokussierten Bereichen wartet das BKA mit einer Unzahl von Angeboten rund um den Bereich Verbrechensprävention auf. Alles in allem eine informative Seite. Einzig das Design ist vielleicht ein bisschen sehr verhalten - auch wenn ich einsehe, dass ein Angebot dieser Art nicht unbedingt mit Pauken und Trompeten daherkommen sollte.

Allenthalben beklagt man in der westlichen Welt die geradezu erschreckend hohe Zahl von Wegsehern. Gemeint sind die Zeitgenossen, die im Angesicht einer Straftat lieber in die andere Richtung schauen. Als Gegenmaßnahme hat die Stadt Frankfurt eine Kampagne ‘Gewalt - Sehen - Helfen’ ins Leben gerufen, die über ihre Arbeit und ihr Anliegen informiert. Neben allgemeinen Informationen und der Motivation der Initiative finden sich auf der Webseite konkrete Hinweise zur Gründung lokaler Organisationen und so genannter Regionalräte. Dies sind behördenübergreifende Organisationsformen mit dem Ziel, vor Ort spezifische Ausprägungen von Gewalt und Verbrechen präventiv zu bekämpfen. Sicherlich nachahmenswert.

Eine professionell gemachte Webseite bietet das britische Home Office (Innenministerium) an. Dort findet sich in der Untersektion ‘Crime Reduction Advice’ eine Fülle von Informationen, Hinweisen und Empfehlungen zur Verbrechensvorbeuge und -verhinderung. Auf Grund der unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen lassen sich natürlich nicht alle Empfehlungen direkt auf Deutschland übertragen. Die meisten Information sind jedoch sehr hilfreich und in einigen Fällen definitiv nachahmenswert. Am besten hat mir ‘Your personal guide to crime reduction’ gefallen.

In Australien gibt es zum gleichen Thema eine ansprechend aufgemachte Seite der ‘Crimestoppers’. Dies ist eine Kampagne, die ähnlich den andernorts agierenden Partnerschaften funktioniert und einerseits Anonymität bietet, andererseits aber auch öffentliches Lob an diejenigen verteilt, die geholfen haben, Verbrecher aus dem Verkehr zu ziehen. Bis zu 1000 $ Belohnung winken zudem denjenigen, die helfen. Neben dem Informationswert gefällt die Webseite durch einfache und attraktive Navigation. Vielleicht hat der BKA-Webmaster ja mal Zeit, einen Blick darauf zu werfen ....

Die deutsche Opferorganisation ist der Weiße Ring. Leider tendieren sowohl die gedruckten als auch die gesendeten Medien dazu, den Verbrecher ins Zentrum ihrer Berichterstattung zu stellen. Dabei wird häufig übersehen, dass das Opfer nicht ohne Grund genau diesen Namen trägt. Der Weiße Ring ist die einzige bundesweite Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer und ihre Familien. Der gemeinnützige Verein tritt öffentlich für die Interessen der Betroffenen ein und unterstützt den Vorbeugungsgedanken. Dabei arbeitet der Verein vor allem mit Freiwilligen. Die Webseite ist einfach gemacht, informiert umfassend über die Arbeit des Vereins und gibt Hilfe suchenden (oder hilfsbereiten) Menschen eine Reihe von Kontaktadressen. Leider fehlten bei allen meinen Stichproben die zu einem Ansprechpartner gehörenden Mailadressen.

Eine interessante internationale ‘Opferwebseite’ ist die ‘International Victimology Website’, die von der Niederländischen Regierung betrieben wird. Ausgehend von vier UN-Konferenzen seit 1993 zum Thema ‘United Nations Declaration of Basic Principles of Justice for Victims of Crime and Abuse of Power’ haben sich die Niederlande 1999 entschlossen, diese Arbeit über das Web zugänglich zu machen. Prinzipiell finden sich dort Informationssammlungen rund um das Thema Verbrechensprävention unter dem Gesichtspunkt ‘Was funktioniert, was funktioniert nicht?’ Das Ganze ist in zwei Datenbanken unterteilt: die Victimology Research Database, die den derzeitigen Stand der Forschung dokumentiert, und die Victim Services and Victimization Prevention Database mit Erfahrungsberichten und Empfehlungen. Alles in allem eine grafisch schlichte, aber inhaltlich sehr interessante Datenbank.

Aber es findet sich auch die andere Seite im Netz. Manuel Nüsser hat eine wirklich wahnwitzige Sammlung von Mördern und sonstigen Schwerverbrechern zusammengetragen. In verschiedenen Kategorien sortiert, kann der neugierige Normalbürger hier alles über Serienmörder, ihre unterschiedlichen Typen und so weiter nachlesen. Gruselig, wirklich gruselig das Ganze. Mir erschließt sich nicht, wie fundiert diese Informationen sind, zumal die Tatsache verwirrt, dass auf derselben Site Kinokrimis besprochen werden. Eines ist auf jeden Fall sicher: Manuels Seite hat das beste Design dieser Ausgabe - vom Inhalt macht sich besser jeder selbst ein Bild.

Ebenso stutzig saß ich vor der Webseite von ‘Ballermann’ (http://rafinfo.virtualave.net/kapitel_00.shtml), der eine geradezu unfassliche Menge an Informationen zur RAF zusammengetragen hat. (Für die jugendlichen Leser: das war mal eine Terrororganisation, die die Republik über Jahrzehnte in Atem gehalten hat). Stutzig, weil mir nicht wirklich klar ist, ob diese Seite einfach nur informieren will. Dennoch, wer was über die Rote Armee Fraktion wissen will - über diejenigen, die dahinter stehen und standen -, ist bei Ballermann richtig. Einzig störend die ständigen dämlichen Werbebanner seines Providers.

So, und wer nach dem Studium dieser URLs irgendwie ganz unten ist, dem sei ein Blick auf die Online-Version meines Witzeartikels empfohlen. Dank der fleißigen Leserschaft sind dort mittlerweile mehr als 30 zusätzliche Witzeseiten aufgetaucht, die im Schnitt den Namen zu Recht tragen. (ka)