Meta entlässt Mitarbeiter: Ist das der Crash oder nur eine Zäsur?

Die Entlassungsrunde bei Meta zeigt, dass etwas im Argen liegt. Ist das der Anfang vom Ende? Oder hat Zuckerberg schlussendlich gar gut gerechnet? Eine Analyse.

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(Bild: Frederic Legrand - COMEO/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
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Es ist offiziell, bei Meta fallen rund 11.000 Jobs weg. Gerüchte darum gab es schon seit Tagen. Eines der größten Tech-Unternehmen der Welt muss sparen. An der Börse hat es bereits einen tiefen Rutsch nach unten gegeben. Ist das der Beginn des Endes? Zwar legen weder Meta noch die anderen Big-Techs, Amazon, Alphabet und Microsoft gerade Glanzleistungen hin, zum Abschreiben ist es aber noch viel zu früh. Die Gründe für miese Zahlen sind gerade bei Meta zu vielfältig, als dass man daraus automatisch den Untergang ableiten könnte.

Mark Zuckerberg, Meta-Chef, sieht eine Teilschuld bei sich, er habe während der Pandemie den Onlineboom falsch eingeschätzt. Aber auch große Investitionen seien ein Grund. Dabei handelt es sich vornehmlich um das Metaverse.

Schon vor Wochen hatte Zuckerberg angekündigt, dass manche Teams des Unternehmens schrumpfen werden, andere hingegen wachsen. "Meta könnte in ein paar Jahren gleich groß oder sogar kleiner sein." Ähnlich deutlich sagte Zuckerberg, dass er sich nicht davon abbringen lassen wird, in das Metaverse zu investieren: "Wir erwarten steigende Kosten der Reality Labs in 2023." Das betont er auch diesmal. Und Zuckerberg erwartet freilich, dass seine Pläne aufgehen werden.

Nun ist das Metaverse bisher eher, naja, es stößt nicht überall auf große Begeisterung. Selbst die Entwickler sollen einem internen Memo zufolge nicht gerne Zeit in der virtuellen Welt, vornehmlich gemeint ist Horizon Worlds, verbringen. Aber: Was noch nicht ist, kann bekanntlich noch werden. Microsoft beispielsweise ist zumindest so überzeugt, dass sie ihre Software zu Meta tragen. Teams wird erst dort virtuell nutzbar sein, bevor die hauseigene Plattform Mesh so richtig an den Start geht.

Die Österreichische Post bezieht ein Headquarter im Metaverse. Das mag zunächst ob der Grafik peinlich aussehen, doch die Entscheider glauben, damit Erfolg zu haben. Es kostet schließlich Zeit und Geld, ein solches Haus zu bauen.

Eine Analyse von Eva-Maria Weiß

Eva-Maria Weiß hat an der Universität Wien Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Medienpsychologie studiert und arbeitet seither als Journalistin.

Der Handel mit dem eigentlich unbegrenzten Platz blüht, berichtet auch die BBC: "Knapp zwei Milliarden US-Dollar wurden in den vergangenen 12 Monaten für virtuelles Land ausgegeben." Grundstücke werden als Non-Fungible-Token (NFTs) verkauft. Darauf lassen sich Immobilien hochziehen. Etwa ein virtuell-lokales Geschäft wie das von Nike. In diesem Geschäft lassen sich wiederum Waren verkaufen, etwa Turnschuhe. Avatare können diese Turnschuhe, ebenfalls schlussendlich NFTs, tragen. Und dass auch das Werbegeschäft wunderbar in diese Welten integrierbar ist, ist klar. Meta will da mitverdienen. Noch fällt vielleicht nicht genug ab, denn noch bleiben zu viele Menschen dem Metaverse fern. Noch.

Nur weil der Fokus Zuckerbergs auf dem Metaverse liegt, heißt das nicht, dass alles andere aus dem Hause platt wäre. Facebook, das ursprüngliche soziale Netzwerk, kränkelt rum. Sicherlich. Nur noch Boomer seien dort unterwegs, hört man. Boomer sterben aber auch nicht morgen weg. Und um die folgenden Generationen zu erreichen, versucht Meta nach wie vor den Angriff auf Tiktok.

Die alte Taktik, Konkurrenz einfach zu übernehmen, klappt bei dem Kurzvideodienst aus China nicht. Also lautet die Devise: Nachmachen. Reels heißen die kurzen Clips bei Instagram. Nach anfänglicher Abwehr samt Hashtag "Make Instagram Instagram again", als die Videos immer prominenter ausgespielt wurden und Fotos leicht in den Hintergrund rückten, ist der Protest komplett abgeflacht. Nun laufen sie, die Reels, und Werbung dazwischen.

Was ist in den Reels aber auch auf Facebook außerdem verfügbar? NFTs! In Form von Sternen, mit denen man seine Idole beschenken und bezahlen kann. Außerdem gibt es "digitale Sammlerstücke" – sowas wie den Turnschuh. Auch Creatoren können Collectibles erstellen und verkaufen. Eine Möglichkeit, wie Meta betont, Inhalte zu monetarisieren, wodran den Erstellern gelegen ist. Mit ihnen bleiben die Fans, so die Rechnung, mit den Nutzern die Werbetreibenden. Der Netzwerkeffekt greift.

Hinzu kommt das sogenannte "Industrial Metaverse", das inzwischen einige Unternehmen hervorlockt. Die Vision, die vielleicht nicht morgen zu erfüllen ist, birgt für Mark Zuckerberg auf lange Sicht die große Chance auf seinem Thron zu bleiben. BMW, Deutsche Bahn und TeamViewer beispielsweise haben bereits Anwendungen gefunden, um Fertigung und Wartung mit 3D-Umgebungen und Datenbrillen zu unterstützen. Dabei geht es um Produktionsmaschinen und Anlagendaten, die aus der Ferne gewartet werden können: Mitarbeiter greifen aus dem Büro oder von zu Hause über eine Datenbrille in den Produktionsprozess ein. Hier könnte ein Absatzmarkt für Metas VR-Hardware, insbesondere die Oculus Quest Pro, entstehen.

Sicherlich ist die Entlassungsrunde eine Zäsur in der Unternehmensgeschichte. An der Börse braucht es Erholung. Mark Zuckerberg dürfte aber momentan trotz Sparkurs noch recht fidel quietschen. "Wir nehmen diese Änderungen aus zwei Gründen vor: Unsere Einkünfte sind niedriger, als wir erwartet hatten, und wir wollen die Effizienz der Arbeit in der Apps-Familie und den Reality-Labs sicherstellen."

Update

Eine fehlerhafte Zahlenangabe im BBC-Zitat wurde korrigiert. Es handelt sich natürlich um zwei Milliarden US-Dollar, nicht zwei Billionen. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

(emw)