Nach Rekordverlust: Wie es mit dem Tech-Riesen Softbank weitergehen soll

Den Sinkflug von Softbank kann man als Symptom für ein Tief der Tech-Welt sehen. Gründer Son kritisiert Einhorn-Bewertungen und kündigt ein Sparprogramm an.

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Softbank-Schriftzug auf Gebäude

(Bild: Shutterstock/Morumotto)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Martin Kölling
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Am Tag seiner größten Niederlage griff Masayoshi Son, der Gründer des Technik-Investors Softbank, zu einem historischen Vergleich. Kurz bevor er zum größten Quartalsverlust der 41-jährigen Konzerngeschichte kam, zeigte er das Bild eines grämigen Militärmachthabers, der letztlich Japan nach langen internen Kämpfen einte. "Das ist Tokugawa Ieyasu mit einem finsteren Blick nach der Schlacht von Mikatagahara", erklärte die japanische Investorenlegende jüngst bei der Ankündigung von Softbanks Bilanzergebnis.

Seine Freunde hätten dem Feldherrn damals gesagt, er solle in seiner Burg bleiben. Aber er zog in den Kampf und verlor – bevor er später die Gegner schlug. Genauso fühlt sich Son offenbar auch. Er sieht sich auf einer Mission, mit Softbank als Geldgeber die Revolution der Informationsgesellschaft und künstlicher Intelligenz anzuführen. Seitdem er 2017 den ersten Softbank Vision Fund dank spendabler Partner mit fast 100 Milliarden Dollar gefüllt hat, kaufte er sich in mehr als 400 Start-ups ein.

Doch nach einem bisher sagenhaften Lauf riss der Kollaps der Tech-Aktien, erst in Softbanks wichtigem Standbein China und dann in den USA und anderen Märkten, den Konzern 23 Milliarden Euro in die Verlustzone. "Dies ist der größte Quartalsverlust in unserer Geschichte und wir nehmen ihn sehr ernst", sagte Son mit steinerner Miene.

Dann kündigte er erst ein großes Sparprogramm bei den Herzstücken des Investmentkonzerns an, dem Vision Fund. Kurz darauf folgte ein vorläufiger Investitionsstopp in neue Projekte. Wenn er Geld ausgibt, dann vor allem für bestehende Partner. Schon im vergangenen Quartal investierte Son nur noch 600 Millionen Dollar in Unternehmen, ein 30-stel der Summe des Jahres davor. Das war ein Wasserstandsanzeiger für die Lage der Technikbranche: Nach dem Pandemie-Boom herrscht nun tiefer Winter.

Selbst Son präsentierte plötzlich eine Seite, die man an ihm bisher nicht kannte: die Vorsichtige. Seit einer Beinahepleite nach dem Platzen der Dot-Com-Blase im Jahr 2000 kratzte er immer mehr Geld für immer größere Wetten zusammen. Mit einem frühen Einstieg in den chinesischen Onlinehändler Alibaba, der zum Weltkonzern wurde, machte er dabei das erste große Geschäft. Nach dem ersten Vision Fund raste Softbanks Wert drastisch empor.

Jetzt schaltet Son plötzlich voll auf Defensive um. Denn auch der legendäre Investor ist nicht immun gegen die Mächte des Markts und der Politik in China. Die kommunistischen Machthaber haben vor ein paar Jahren erst Alibaba regulatorisch in die Mangel genommen, danach den Rest der boomenden Internetwirtschaft. Das hat Softbank, das mehr als ein Viertel seiner Gelder im Reich der Mitte angelegt hatte, schwer getroffen. Mit der Inflation und steigenden Zinsen ging es dann auch im Rest der Welt mit Tech-Aktien bergab.

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In den vergangenen zwei Quartalen haben die Wetten von zwei Vision Funds und eines Lateinamerika-Fonds Softbank fast sechs Billionen Yen (44 Milliarden Euro) Verlust eingespielt. Die angesammelten Gewinne? Sie sind nun fast weg. Der jetzige Wert der inzwischen 473 Unternehmen, die Softbank in den Fonds führt, ist rasant auf nur noch 112 Milliarden Yen abgestürzt, weniger als eine Milliarde Euro. Vor einem Jahr lag der Wert von Sons Fonds bei 54 Milliarden Dollar. Nur Ende 2019 lag der Wert niedriger, nämlich knapp im Minus.

Der Absturz stimmt selbst Son nachdenklich. Laut grübelte er über sein Geschäfts- und Erfolgsmodell nach: Zu Anfang wollte er mit großen Minderheitsbeteiligungen an aufstrebenden Start-ups wie dem Mobilitätsanbieter Uber einen Firmenschwarm aufbauen, um mit gleichgesinnten hungrigen Gründern die Revolution künstlicher Intelligenz und Robotik voranzutreiben.

Allein mit dem Softbank Vision Fund 1 hatte Son seit 2017 fast 100 Milliarden Dollar von Softbank und vor allem potenter Partner in 88 Einhörner investiert – wie Start-ups mit einem Marktwert von mehr als einer Milliarde Dollar genannt werden. Doch da diese waghalsige Strategie schon beim zweiten Vision Fund keine Partner mehr fand, musste Son seine Jagdmethode bereits einmal ändern. Er investierte kleinere Summen eigenen Geldes in mehrere Unternehmen. Nur hat er sich und den Markt auch da überschätzt. "Ich dachte, wir könnten eine gute Rendite erzielen", gab Son während der Vorstellung der Quartalsbilanz zu. Softbank habe daher mehr investiert als es hätte sollen.

Schlimmer noch für den Daueroptimisten: Kurz- bis mittelfristig blickt er pessimistisch auf die Technikwelt. Einige Anleger meinten, man solle jetzt wieder kaufen. "Ich aber runzele dieses Mal die Stirn", erklärte Son, "Drei Monate oder drei Jahre", er wisse nicht, wie lange die Baisse der Tech-Aktien dauern werde.

Zum einen trüben viele Krisen den Blick: der Ukraine-Krieg, die Taiwan-Krise, steigende Zinsen, Inflation und dann noch die offene Frage, wie sich die Pandemie weiterentwickelt. "Normalerweise werden in solchen Zeiten Aktien stark verkauft", so Son. Zum anderen sieht ausgerechnet der Investor, der die Tech-Blase aktiv mit "aufgeblasen" hat, nun kritisch auf die expandierten Egos der jetzigen Gründergeneration. "Die Chefs der Einhörner glauben immer noch an ihre hohen Bewertungen", meint Son. Er will erst wieder investieren, wenn die Start-ups nicht mehr um ein Vielfaches über dem Wert von börsennotierten Unternehmen gehandelt werden. "Der Winter für privat gehaltene Firmen könnte länger dauern."

(jle)