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Schwierigere Lage für Handyspenden – NABU & Umwelthilfe arbeiten an Fortführung

Kristina Beer
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(Bild: Tiko Aramyan/Shutterstock.com)

Seit vielen Jahren bieten Umweltorganisationen wie der NABU oder die Umwelthilfe Handyspendeaktionen an. Derzeit pausieren sie. Warum? Wir haben nachgefragt.

Sie liegen zuhauf in deutschen Schubladen: Gebrauchte und defekte Mobiltelefone. Laut dem IT-Branchenverband Bitkom sollen es mittlerweile etwa 210 Millionen Geräte [1] sein.

Um noch funktionsfähige oder auch kaputte Altgeräte neuen Verwendungszwecken zuführen zu können, boten einige Umweltorganisationen in den vergangenen Jahren Spenden-Aktionen für Schubladenhandys an. Seit diesem Sommer werden Aktionen wie "Handys für Hummel, Biene und Co" des Naturschutzbunds Deutschland (NABU) oder die Handyrücknahme-Aktion der Deutschen Umwelthilfe (DUH) aber pausiert. Verschiedene Probleme kommen derzeit nahezu gleichzeitig zusammen.

Beim NABU heißt es, dass die seit 17 Jahren bestehende Handysammelaktion "Handys für Hummel, Biene und Co" pausieren muss, da DHL "aus Sicherheitsgründen nicht länger gebrauchte Handys mit Lithium-Batterien" transportieren könne. DHL erklärte heise online dies auf Rückfrage genauer:

"Für die Beförderung von beschädigten oder defekten Lithiumbatterien [sic] und/oder auch Sammlungen gebrauchter Lithiumbatterien oder Geräten mit eingesetzten/eingebauten Lithiumbatterien (zum Beispiel zu Recyclingzwecken), von denen entsprechend der gesetzlichen Vorgaben (ADR) ein größeres Risiko ausgeht, gibt es strengere Beförderungsvorgaben. Für deren Beförderung gibt es darauf spezialisierte und mit entsprechenden Fahrzeugen und Beförderungsbehältern ausgestattete Firmen."

Ein Informationsschreiben von DHL [2] präzisiert das auch in Bezug auf Handysammlungen:

"Folgende Beförderung ist daher aus Sicherheitsgründen im regulären Paketversand verboten: gesammelte gebrauchte Mobiltelefone (in loser Schüttung) mit eingebauten / eingesetzten Lithium-Ionen-Batterien, die nicht der SV 188 entsprechen."

Wie eine Sprecherin das NABU erklärte, wurden die Mobiltelefone bisher "'lose' in einem Faltkarton versendet, welcher mit einem Gefahrgutaufkleber versehen wurde." Dies sei nun allerdings nicht mehr möglich, da "möglicherweise Batterie- oder Akkuflüssigkeit auslaufen könnte, wenn die Handys aneinanderschlagen".

Innerhalb der vergangenen 17 Jahre habe es keine sicherheitsrelevanten Vorkommnisse bei der Handysammelaktion gegeben, erklärte der NABU. Um die Aktion aber bald wieder aufnehmen zu können, befindet sich der Naturschutzbund zusammen mit seinem Kooperationspartner, der Telefónica Deutschland Group, in Gesprächen mit DHL.

Auch die Handyspendenaktion der Umwelthilfe pausiert momentan. Für die Umwelthilfe kamen in diesem Sommer allerdings gleich zwei Probleme zusammen. Zum einen musste auch die Umwelthilfe genauer prüfen, wie die strengeren Vorgaben für den Versand eingehalten werden können. Zum anderen kam der Umwelthilfe der Rücknahme-Partner abhanden [3]: Mobile-Box stellte seinen Betrieb nach 11 Jahren in Sachen Handysammlung von Privatgeräten zum 31. Juli 2023 ein. Die Verantwortlichen setzen ihr Geschäft allerdings mit der Rücknahme von Gebrauchtgeräten aus dem Unternehmensbereich oder von Kommunen unter dem Firmennamen Green2B fort. Warum Mobile-Box den Betrieb eingestellt hat, erklärt einer der Gründer in einem ausführlichen Interview, das hier zu finden ist. [4]

Die Umwelthilfe hob im Gespräch mit heise online hervor, dass sie mit Mobile-Box zum Schluss hin eigentlich ein gutes Versandsystem gefunden hatte. Es wurden Versandkisten mit einzelnen Tüten verschickt, die auch wiederverwendet wurden. "Jedes Handy kam in eine der Plastiktüten und dann in einen doppelwandingen Karton, der dann noch mit weiterem Material gefüllt wurde, damit nichts wackeln konnte", sagte Marieke Hoffmann, Senior Expert Kreislaufwirtschaft bei der Umwelthilfe. Zudem habe es klare Versandhinweise für Spendenwillige gegeben, damit keinesfalls defekte Akkus verschickt werden. Aus rechtlicher Sicht sei dies das Wichtigste gewesen.

Die Organisation befindet sich nun mit anderen Anbietern im Gespräch. Dadurch, dass sich die Versandbedingungen geändert haben, seien aber auch viele andere Anbieter von Mobilgerätesammlungen aktuell in einer Findungsphase. Ein Ziel müsse es sein, erklärte Hoffmann, dass Spendenwillige bei größeren Mengen auch einen kostenlosen Versand erhalten. Für den Rest müsse nun "weiter mit Anwält:innen und DHL gesprochen, Infomaterial aktualisiert und die Wirtschaftlichkeit berechnet werden".

Auch bei der Handysammelaktion der Telekom gibt es eine Veränderung. Der Sammel- und Verwertungspartner Teqcycle wurde zur Foxway Germany GmbH. Das Handysammelcenter sei aber weiterhin aktiv und werde von derselben Person betreut, die das Projekt seit einigen Jahren administriert.

Das Aufstellen von Sammelboxen und auch Handyspenden sind bei der Telekom weiterhin möglich, die dort geltenden Versand- und Annahmekriterien sorgen allerdings dafür, dass eine sehr eingeschränkte Auswahl an Mobiltelefonen für eine Spende infrage kommt.

So werden in einem Schulungsvideo [5] Ausschlussgründe für die Annahme per Sammelbox genannt: Die Mobiltelefone müssen sich noch anschalten lassen und dürfen keine sichtbaren Beschädigungen aufweisen, beispielsweise auch keinen Displayschaden. Auch dürfen sich keine losen Teile im Gehäuse befinden. Ist das Mobiltelefon aufgebläht, hat verkohlte oder geschmolzene Gehäusestellen, zeigt eine ungewöhnliche Wärmeentwicklung oder es gibt sicht- oder riechbare Elektrolytaustritte, dann sind dies Ausschlussgründe. Des Weiteren werden keine Geräte mit Wasserschaden oder ohne Originalakku akzeptiert. Tablets und lose Akkus können auch nicht über Sammelboxen abgegeben werden.

Für den Einzelversand gibt es einen Ausschluss für Mobiltelefone mit festverbautem Akku. Es dürfen nur Handys und Smartphones ohne Akku verschickt werden [6].

Ob NABU, Umwelthilfe oder die Sammlung der Telekom – in der Regel will man dort die Wiederverwendung der Handys und Smartphones erreichen. Geräte, die offensichtlich beschädigt und nicht mehr nutzbar sind, dürfen aber trotzdem noch bei NABU und Umwelthilfe abgegeben werden, damit sie dem Gewinnen von Ersatzteilen, dem Recycling und somit der Rückgewinnung von Rohstoffen zugeführt werden können.

Unter anderem die Umwelthilfe bekennt sich auch weiterhin zu dieser Form der Altgeräte-Annahme, da es zwar mittlerweile aufgrund von gesetzlichen Änderungen ein leichter anzunehmendes Rücknahmeangebot für Verbraucherinnen und Verbraucher gibt – etwa mit der Rücknahme in größerem Supermärkten [7] – , dieses aber immer noch nicht zu einer guten Wiederverwendungsquote führt.

Laut Marieke Hoffmann von der Umwelthilfe werden nur 1,6 Prozent der Geräte aus Altgerätesammlungen von Handel und Wertstoffhöfen einer Wiederverwendung zugeführt. Rechtlich gäbe es eigentlich einen Vorrang für die Wiederverwendung im Elektrogesetz, aber dies werde in der Praxis meistens nicht angewandt. Eine Klausel lässt zu, dass so nur verfahren werden muss, wenn es wirtschaftlich praktikabel ist.

Till von Pidoll, Gründer von Mobile-Box und Green2B, sieht hier auch deutliche Schwächen im bisherigen Abfallsystem. Bei Wertstoffhören gesammelte Geräte werden an Firmen der Abfallwirtschaft versteigert – und das nicht nach Nachhaltigkskriterien, sondern lediglich nach Preisgebot. So erhielten nicht die Firmen den Zuschlag, die möglichst viele Geräte retten oder viele Rohstoffe rückgewinnen wollen, sondern die, die am günstigsten entsorgen und beseitigen können.

Die Aktionen fortführen wollen sowohl NABU als auch Umwelthilfe. Bis eine Lösung gefunden ist, kann es für Spendenwillige aber noch etwas dauern.

Während die Versandoption des NABU für die Aktion gerade entfällt, ist zumindest die Abgabe bei einigen Sammelstellen des Verbands noch möglich. Interessierte können Adressen hierzu über die Eingabe ihrer Postleitzahl oder unter Angabe ihres Bundeslandes auf der Aktionsseite des NABU [8] finden. Falls es keine Möglichkeit der Zwischenlagerung gibt, sollen defekte Mobiltelefone beim örtlichen Wertstoffhof, Fachgeschäften oder in größeren Supermärkten abgegeben werden.

Unternehmen und Vereine, die noch Sammelboxen von Mobile-Box bei sich einsetzen, sollen die Boxen, Informationsmaterialien und die zuletzt gesammelten Handys an Mobile-Box schicken [9]. Die Umwelthilfe will die Handysammelaktionen baldmöglichst wieder aufnehmen.

Seit 2011 arbeitet Telefónica mit dem NABU beim Umweltschutz zusammen. Bis einschließlich 2022 wurden ungefähr 1.140.000 Handys gesammelt. Während es in den ersten Jahren eine Zuwendung gerechnet auf jedes einzelne Handy für die Aktion gab, zahlt Telefónica nun einen jährlich gebündelten Beitrag für eingereichte Mobiltelefone. Dem NABU zufolge wurden hierdurch bisher 911.000 Euro für den Insektenschutzfonds [10] eingenommen.

Laut eigener Angaben setzt sich die Umwelthilfe seit dem Jahr 2003 für die Sammlung alter Mobiltelefone ein – über 3 Millionen Mobiltelefone seien seitdem mit Partnern gesammelt worden. Seit 2018 bestand die Zusammenarbeit mit Mobile-Box. Für jedes wiederaufbereitete Mobiltelefon wurden 2 Euro, für jedes recycelte Handy 40 Cent in Umweltschutzprojekte in Deutschland investiert.

Über Mobile-Box sollen innerhalb von 11 Jahren 750.000 Mobiltelefone umweltgerecht verwertet [11] worden sein. Zudem wurden durch das Recycling von über 40.000 Handys sechs Tonnen Rohstoffe für die Wiederverwendung gewonnen.

Der Telekom zufolge wurden im Jahr 2022 rund 95.000 Geräte gespendet. Der Großteil – 83.952 – wurden recycelt, 10.975 wurden wieder verkauft. Im Jahr 2021 sollen es noch 203.000 gebrauchte Mobiltelefone gewesen sein, von denen Verwertungs-Partner Teqcycle 40.473 für den Weiterverkauf aufbereitet hat. Der Recyclingprozess umfasst auch den Ausbau bestimmter Teile für die Wiederverwendung als Ersatzteile: Das betrifft unter anderem Displays, Kameras, Rückseitenabdeckungen, Flexkabel, Tasten und auch Batterien.

Bevor ein gebrauchtes Mobiltelefon in der Schublade landet, können weitere Verwendungszwecke geprüft werden. Die Umwelthilfe rät zunächst: Nutzen Sie ihr Mobiltelefon solange es funktioniert. Steht doch ein Wechsel an, sollte eine Option gewählt werden, die eine Weiterverwendung ermöglicht: also zum Beispiel die Weitergabe in Familie und Bekanntenkreis. Ist ein Gerät beschädigt, sollte auch die Reparatur geprüft werden, bevor es entsorgt wird.

Ein Tipp aus dem heise-Universum: Maker und Bastelfreudige können ältere Endgeräte auch für Make-Projekte nutzen [12] oder alternative und noch gepflegte Betriebssysteme installieren, wie etwa LineageOS.

(kbe [13])


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https://www.heise.de/-9288066

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/news/Recycling-statt-Hacke-Rohstoffe-aus-der-urbanen-Mine-immer-wichtiger-7459655.html
[2] http://imperia.verbandsnetz.nabu.de/imperia/md/content/nabude/konsumressourcenmuell/230404-nabu-handysf__rdiehummel-dhl-batterien.pdf
[3] https://www.handysfuerdieumwelt.de/business-template/so-gehts/
[4] https://www.heise.de/hintergrund/Mobile-Box-Gruender-Ich-suche-Loesungen-fuer-die-Altlasten-der-Digitalisierung-9290226.html
[5] https://www.handysammelcenter.de/schulung/
[6] https://www.telekom.de/hilfe/downloads/handyruecknahme.pdf
[7] https://www.heise.de/news/Umfrage-Rueckgabe-alter-Elektrogeraete-im-Supermarkt-wenig-genutzt-7393773.html
[8] https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/aktionen-und-projekte/handysammlung/index.html?korken=1&PLZ=31832&suchen=suchen
[9] https://www.mobile-box.eu/
[10] https://www.nabu.de/spenden-und-mitmachen/fuer-unternehmen/26847.html
[11] https://www.mobile-box.eu/
[12] https://www.heise.de/make/
[13] mailto:kbe@heise.de