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Was war. Was wird.

"Immerhin ist die Computerbranche lernfähig", tröstet sich unser Kolumnist Hal Faber vorm Startschuss der Office-XP-Championchips in Orlando.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war

*** Da räkelt und zupft und hübscht sich SCO fein, damit Microsoft endlich den Laden und die Rechte kauft; doch leider hat Bill Gates kein Geld. Es reicht ja nicht mal für einen Kaffee. Doch halt, ist die Geschichte überhaupt wahr? Vor zwei Wochen gratulierte ich an dieser Stelle Microsoft zu 20 Jahren innovativer Hardware, gekrönt vom digitalen Klo und dann stellte sich heraus, dass diese wirklich feine Idee möglicherweise voreilig in den Orkus gespült wurde. Oder nehmen wir die Geschichte vom klingonischen Dolmetscher im Krankenhaus, die mittlerweile als halbe Ente enttarnt werden konnte, weil Klingonisch über das Esperanto eingebunden ist. Blödsinn dieser Art macht immer wieder die Runde, gelangt aber nicht nur ins WWWW, sondern immer öfter in die Nachrichten. Die Wahrscheinlichkeit, nicht die Wahrheit reicht aus. Was ist schon ein mit Kameraüberwachung arbeitendes Wahlsystem für die dritte Welt gegen die prickelnde Nachricht von der Mafia, die Wahlen per UMTS kontrolliert?

*** Doch zurück zu Microsoft und dem verarmten Bill Gates. Diese Firma wirft nicht nur Fragen auf, sie stellt auch welche: Wie viele Klavierstimmer gibt es auf der Welt? Oder wie viele Programmierer arbeiten verbotenerweise mit zwei verschiedenen Versionen von Visual FoxPro? Wie viele Runden hält ein Tablet PC bei Indianapolis 500 durch oder bedarf es dafür eines höheren Beistands? Fragen über Fragen. Um hier die richtigen Antworten parat zu haben, muss man wohl im Alter von 8 Jahren bereits zertifizierter Microsoftler sein.

*** Konfuse Geschichten? Aber ja doch. Zumindest ist Jesus nicht Lizenzberater bei SCO. Dort wird um den Source-Code mords viel Aufhebens gemacht. In Utah tanzt man die Tarantella, bis jemand kommt und darauf hinweist, was SCO und Caldera unter der GPL vertrieben haben. Die Sache hat ihr Gutes -- selbst die Spötter merken, dass die GPL kein Papiertiger ist, sondern eine ausgeklügelte juristische Konstruktion. Am Ende wird die Ballade von John Henry um eine Strophe reicher sein.

*** Immerhin ist die Computerbranche lernfähig, darin unterscheidet sie sich von manchen Regierungen. Nehmen wir Intuit, eine Firma, die die Produktaktivierung in ihren Steuerprogrammen abschaltet, weil diese Funktion bei den Kunden anhaltendes Misstrauen erzeugte. Zuvor hatte es eine Klage gegen den Aktivierungszwang gegeben. Misstrauische Verbraucher, nicht eine übel wollende Presse entscheiden über das Wohl und Wehe eines Produktes. Das gilt auch für ingeniöse Erfindungen wie die zwei Tage lang schlierenfrei funktionierende DVD, mit der Disney seine Kunden beglücken will. Multimedia auf Zeit ist jedenfalls ein anderer Ansatz, als Multimedia auf Tanja-Art als Eselfilme unter die Leute zu bringen. Wobei, wenn man sich die Technik bei den Domainnamen anschaut, müssen in der Wochenschau neue Betrüblichkeiten in Form neuer Patente gemeldet werden.

*** Während im Irak die Suche nach den Massenvernichtungswaffen weitergeht und der Wiederaufbau nur langsam anläuft, soll mit dem Geburtstagskindern von heute an, an andere, bessere Zeiten in dieser Region erinnert werden. Vor 120 Jahren wurde der Architekt Walter Gropius geboren, mit dem häufig die kühle Sachlichkeit der Bauhaus-Architektur assoziiert wird. Doch Gropius gehört zu denen, die Architektur als Kulturgut verstanden. Die von ihm geplante und gebaute Universität Bagdad liegt derweil in Trümmern. In jenem Bagdad wurde vor 955 Jahren der Dichter und Mathematiker Omar Al-Khayyami geboren, der als erster einen Schritt in die nicht-euklidische Geometrie machte. Bekannt wurde er mit seiner Ansicht, dass sich die Mathematik nur im Dialog mit den Kulturen weiter entwickeln kann -- jenseits von Mohammed, Jesus oder Buddha.

*** Die komische Mischung aus Buddha und Batman hat Kohle gemacht: mit der Rekordsumme von 42 Millionen Dollar für den ersten Spieltag ist Matrix Reloaded angelaufen, ein Film über schlecht programmierte Software und übelsinnende Avatare. Immerhin gebührt dem Streifen die Ehre, als erster Film den Hackern endlich einmal die richtige Referenz zu erweisen. Der Einsatz von Nmap ist glaubwürdiger als die Fellatio einer Stripperin in Password Swordfish, auch wenn der Einwand im Raum stehen bleiben muss, wieso ein im Jahre 2001 entdeckter SSH Exploit im Jahre 2800 immer noch nicht beseitigt ist. Möglicherweise hat die Menschheit die Kulturtechnik des Upgrade verlernt. Und wo gibt es das, dass selbst duplizierende Software jeden Fortschritt verhindert? Das ist absolut unwahrscheinlich, oder?

Was wird

Die Woche beginnt viel versprechend mit Albert Einstein, dessen Oeuvre im Rahmen eines Kongresses im Web angeblättert werden kann. Ein alter Mann mit wirren Gedanken, hatte man einst in Amerika gelästert.

Inmitten seltsamer Jubiläen rund um das Internet wird sicherlich der 22. Mai kaum Beachtung finden. An diesem Tag im Jahr 1973 verfasste Bob Metcalfe ein Memo für die Patentanwälte des PARC, das den Titel "The Ether Network" trug. Natürlich verstand niemand bei PARC die Bedeutung der Sache, was für die Geburt des Ethernet ungemein förderlich war. Das häufig als altmodisch abgelederte Ethernet erreicht momentan die Marke von 40 GB/s und visiert die Marke von 100 Gigabit an. Unterdessen ist Metcalfe den meisten Zeitgenossen als der Journalist in Erinnerung, der den Kollaps des Internet falsch prognostizierte und dafür seinen Zeitungsartikel aufessen musste. Wohlan, das nenne ich einen konsequenten, die Recherche und Nachrecherche nicht scheuenden Ansatz. Mittlerweile hat sich Bob Metcalfe aus dem journalistischen Geschäft verabschiedet.

Die Wochenschau begann mit Microsoft und sie könnte mit Microsoft enden. So groß die Freude der studentischen Programmierer der Uni Dortmund über den Gewinn des Imagine Cup von Microsoft auch sein mag, sie ist nichts gegen das hehre Ziel der richtigen Anwendung von Office XP, dem sich in Orlando die hellsten und schlauesten Köpfe der studentischen Welt verschrieben haben. Pech für Franzosen, Dortmunder und andere Deutsche oder Russen, dass sie diesmal nicht im weltweit ausgeflaggten Wettbewerb vertreten sind und es nicht nach Disneyland geschafft haben. Dem glücklichen Gewinner, der glücklichen Gewinnerin steht eine glänzende Karriere bevor. Möge sie nicht in Verzweiflung enden.

Die Wochenschau endet aber nicht mit Microsoft, sondern mit einem Gegenentwurf zum Wettbewerb um Office XP, der zweiten Gulasch Programmierer N8, auf der Hacker das Kochen üben und die Cracker... na, schaun wir mal. (Hal Faber) / (em)