Blockade von Kritikern durch US-Amtsträger – US Supreme Court entscheidet

Der US Supreme Court entscheidet, ob Regierungsvertreter gegen den Ersten Verfassungszusatz verstoßen, wenn sie Personen in ihren Social-Media-Konten sperren.

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(Bild: Zolnierek/Shutterstock.com)

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Von
  • Andreas Knobloch

Der Oberste Gerichtshof wird sich in Kürze mit zwei Fällen befassen, die darüber entscheiden könnten, ob Regierungsvertreter ihre Kritiker in ihren sozialen Netzwerken blockieren dürfen oder nicht. Das Gericht hat sich nach Berichten mehrerer US-Medien am Montag bereit erklärt, die Berufungen in zwei Verfahren aus Kalifornien und Michigan zu behandeln. Darin behaupten Bürgerinnen und Bürger, dass Beamte ihr Recht auf freie Meinungsäußerung nach dem Ersten Verfassungszusatz verletzt haben, indem sie sie als Reaktion auf kritische Kommentare in den sozialen Medien sperrten.

Laut einem Bericht der New York Times ist in einem Fall das kalifornische Ehepaar Christopher und Kimberly Garnier der Ansicht, dass zwei Mitglieder des Poway Unified School District, Michelle O'Connor-Ratcliff und T.J. Zane, sie zu Unrecht auf Facebook und Twitter blockiert haben, weil sie häufig lange und sich wiederholende kritische Kommentare geschrieben haben. In Michigan wiederum behauptet ein Bürger, der City Manager von Port Huron, James R. Freed, habe seine Rechte verletzt, indem er ihn wegen seiner Kritik an den Pandemiemaßnahmen auf Facebook sperrte.

In vorherigen Instanzen haben Gerichte unterschiedlich entschieden. Ein Bundesrichter stellte sich 2021 auf die Seite der Garniers. Ein Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung mit der Begründung, dass die Beamten des Poway Unified School District ihre Konten in den sozialen Medien, die sie während ihrer Wahlkampagnen eingerichtet hatten, um mit ihren Wählern über die Aktivitäten des Schulausschusses zu kommunizieren, in offizieller Funktion nutzten.

In der Petition der Schulbeamten, die eine Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof in dem Fall O’Connor-Ratcliff v. Garnier, No. 22-324, anstreben, heißt es, dass ihre Konten persönlich seien und "ohne jegliche Anweisung, Finanzierung, Unterstützung oder sonstige Beteiligung des Bezirks" erstellt und unterhalten wurden.

In dem anderen Fall entschied ein Bundesgericht 2021 für den City Manager Freed. Dieser gewann im Jahr darauf auch das Berufungsverfahren. Freed habe nicht in offizieller Funktion gehandelt, als er den Kritiker blockierte, so die Richter im Fall Lindke v. Freed, No. 22-611. Er nutzte das Konto, um sich zu einer Vielzahl von Themen zu äußern, teils persönlich, teils offiziell. Freed habe die Seite nicht betrieben, um eine tatsächliche oder scheinbare Pflicht seines Amtes zu erfüllen, so das Gericht. Auch dieser Fall landet nun vor dem Supreme Courts.

Das Thema Sperrung von Kritikern und freie Meinungsäußerung in den sozialen Medien beschäftigt die USA schon länger. So sah sich der damalige US-Präsident Donald Trump mit dem Vorwurf konfrontiert, er hätte durch das Aussperren von Kritikern aus seinem Twitter-Account deren Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt. Im Fall Trump entschied das Bundesberufungsgericht in New York 2019, dass sein Twitter-Account ein öffentliches Forum ist, von dem er Menschen aufgrund ihrer Ansichten nicht ausschließen kann. Wäre das Konto privat gewesen, so das Gericht, hätte Trump blockieren können, wen er wollte. Da er das Konto jedoch in seiner offiziellen Rolle als Regierungsbeamter nutzte, unterlag er dem Ersten Verfassungszusatz.

Bislang haben die Gerichte in den USA in der Regel danach entschieden, ob Regierungsverteter ihre Konten für offizielle Zwecke nutzen oder nicht. Selbst ein persönliches Konto, das für offizielle Aktivitäten genutzt wird, wird demnach als ein öffentlicher Raum bewertet, in dem Kritik erlaubt sein muss. Nun liegt es an dem Obersten Gerichtshof, diese Fragen abschließend zu klären.

(akn)