China: Nur offizielle Nachrichten im Web

Die Regierung in Peking präzisiert ihre Bestimmungen für das Publizieren im Internet.

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Von
  • Monika Ermert

Das Pressebüro des chinesischen Staatrates und das Ministerium für Informationsindustrie (MII) in Peking haben heute gemeinsam weitere Bestimmungen für das Publizieren im Internet bekanntgegeben. Die zwei Dokumente betreffen laut Berichten der chinesischen Nachrichtenagentur China News Agency (CNA) inhaltliche Einschränkungen für Nachrichtenangebote, das Verbot nicht-lizenzierter Nachrichtenangebote und Regeln für die Nutzung von Foren und Mailinglisten im Netz.

Die jetzt veröffentlichen Zensurvorschriften für Nachrichtenanbieter spiegeln noch einmal wider, was der Staatsrat in den Ende September verabschiedeten allgemeinen Bestimmungen für Telekommunikation und Internet festgelegt hat. In den "Vorläufigen Bestimmungen für Presseangebote im Netz" ist ausführlich aufgeführt, wovon sich Webanbieter fernhalten sollen: dazu gehören verfassungsfeindliche, die Interessen oder das Ansehen des Staates beschädigende und rassistische Inhalte ebenso wie separatistische oder der staatlichen Religionspolitik zuwider laufende oder gar "feudalistisch-abergläubische". Alle Bestimmungen sind sehr interpretationsfähig – Störung der sozialen Ordnung, Verbreitung von Gerüchten und Schädigung der rechtmäßigen Interessen Dritter – und lassen genug Spielraum für Einzelsanktionen gegen unliebsame Anbieter.

Ein Dorn im Auge sind Chinas Behörden besonders auch Nachrichten aus dem Ausland. Wollen die Nachrichtenseiten Links auf ausländische Nachrichtenangebote setzen oder Nachrichtenangebote aus dem Ausland ins eigenen Angebot aufnehmen müssen sie dafür eigens spezielle Genehmigungen beim Staatsrat einholen.

Ohnehin sollen künftig nur Nachrichten im Web stehen, die durch das Raster der offziellen Medien dahin gelangt sind. "Bereits lizensierte allgemeine nicht-journalistische Websites dürfen keine selbst recherchierten Nachrichten oder Nachrichten irgendwelcher anderer Quellen veröffentlichen", so CNA. Nachrichten können sie von den zugelassenen überregionalen oder regionalen staatlichen und Parteimedien beziehen. Man wolle, so heißt es im Orginaldokument, das Nachrichtenangebot im Netz fördern und für dessen "Korrektheit, Genauigkeit und Rechtmäßigkeit" sorgen. "Der Staat schützt" , so die Präambel, "die legitimen Interessen von Nachrichtenanbietern im Netz". Mit der harten Trennung von "Medien" und "Nicht-Medien"-Angeboten verfolgen die Behörden offenbar vor allem das Ziel, unkontrollierbare Nachrichtenströme im Netz einzuschränken.

Eigens geregelt hat man gleichzeitig die Nutzung aller Arten von Foren, Mailinglisten und Chatrooms. Für die Chatrooms ist anders als für die News-Angebote in erster Linie das MII, beziehungsweise dessen regionale und lokale Vertretungen zuständig. Auch für Chats und Foren, auf kommerziellen wie nicht kommerziellen Seiten, müssen die Betreiber Lizenzen beantragen, sie müssen die erforderlichen technischen, datenschutzrechtlichen und organisatorischen Kompetenzen nachweisen. Ausserdem sind sie gehalten, sich an die beantragten "Themenbereiche" und "Ressorts" zu halten. Bereits existierende Angebote müssen sich innerhalb von 60 Tagen registrieren. Wer keine Lizenz bekommt, darf immerhin auf eine Begründung rechnen.

Inhaltlich gelten für die Chats diesselben "neun Gebote" wie für die Nachrichten. Auf Geheimnisverrat, separatistische Umtriebe oder Werbung für erklärtermaßen staatsfeindliche Organisationen wie die Falung-Gong-Bewegung stehen drakonische Gefängnisstrafen. Der Betreiber hat Zuwiderhandlungen sofort mit der Sperrung und Dokumentation der Verstöße zu beantworten. Wie aktiv er nach Verstößen zu suchen hat, geht aus dem Dokument allerdings nicht hervor. Ob Nichtwissen im Zweifel schützt, ist vor allem bei wiederholten oder schweren Verstößen fraglich.

Wie in den klassischen Medien dürften Staatsrat und MII mit diesen Bestimmungen vor allem auf die Selbstzensur von Nutzern und Anbietern setzen. Nach und nach ziehen die unterschiedlichen KP-Organe und Behörden das Netz ums Netz immer enger. Dass man allerdings selbst nicht mehr so ganz an eine lückenlose Zensur glaubt, zeigt der Appell an die Betreiber von Mailinglisten, sich nicht nur an die Gesetze, sondern auch an die Selbstregulierungspielregeln der Branche zu halten. (Monika Ermert)/ (cp)