Dank Computerspielen zum besseren Menschen

Richard Bartle, Miterfinder des ersten Multiplayer-Rollenspiels MUD, fordert, Gamedesign endlich als Kunstform wahrzunehmen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 106 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Das Genre der Multiplayer-Spiele feiert Geburtstag: Vor 30 Jahren, 1978, erfanden die beiden britischen Studenten Roy Trubshaw und Richard Bartle den "Multi User Dungeon", kurz MUD. Das textbasierte Spiel, das damals auf einem Timesharing-Großrechner der Marke DEC lief, gilt als Urvater aller heutigen Mehrspieler-Online-Games (MMOs). Im Interview mit dem Technologiemagazin Technology Review erinnerte sich Bartle, der heute als Professor an der University of Essex Spieledesign lehrt und außerdem Game-Hersteller berät, an die Anfangstage und die Spieleideen, die er aus der Welt der Brettspiele in den Rechner holte. "Roy schrieb die ersten Versionen von MUD in Assembler. Roy war ein Weltklasseprogrammierer, der auch ein Verständnis für Spielewelten hat, und ich war toll im Spieledesign, konnte aber ebenfalls gut coden. Die Leute begannen dann schließlich, MUD über das Netzwerk zu spielen, aus dem später das Internet hervorging."

Heute fordert Bartle, Spiele-Design mehr als Kunstform zu sehen. "Ich wäre überhaupt einmal froh, wenn das Game-Design überhaupt als Kunstform angesehen würde. Wird es aber nicht. Jedes Mal, wenn man über Spiele und Kunst spricht, kommt das Thema "Game Art" auf. Dann geht es dann um Machinima, Games, die wie Performance-Art aussehen oder unbedingt eine kritische Botschaft haben müssen." Dabei sei jedes reguläre Spiel heutzutage auch von künstlerischen Aspekten bestimmt, nicht nur von Geschäftsmodellen und engen Zeitplänen. Für ihn selbst bedeutet das Schaffen von Spielewelten auch, den Gamer mehr zu sich selbst zu bringen: "Was ich machen will, ist, Gamern einen Weg aufzuzeigen, wie sie sich selbst besser kennenlernen können. Wenn man seine Schwächen und Stärken kennt und Dinge über sich erfährt, die man bislang nicht wusste, kann das einfach nur fantastisch sein."

Im echten Leben sei man vielleicht klein oder behindert oder leide an der Asperger-Krankheit und finde keinen Zugang zu anderen Menschen. "In der virtuellen Welt behandeln die anderen Spieler einen trotzdem als gleichwertig." Das allein sei schon gut. "Aber vielleicht respektieren mich die anderen dann sogar aufgrund dessen ganz besonders, was ich im Spiel sage und tue." Er kenne Beispiele, bei denen sich Spieler dadurch auch in der realen Welt zum Positiven verändert hätten. "Natürlich ergeben sich daraus auch Gefahren. Wenn jemand ein Fiesling ist, wird er nach dem Spielen dieser Games im echten Leben ein noch besserer Fiesling sein. Insgesamt bin ich aber davon überzeugt, dass die meisten Leute keine Fieslinge sind."

Mehr zum Thema in Technology Review online:

(bsc)