Datenschützer sehen neue Videotechnik in Berliner S-Bahn kritisch

Eine neue Videotechnik der Berliner S-Bahn schürt die Angst vor dem gläsernen Bürger. Die Aufnahmen könnten für die Aufklärung von Verbrechen verwendet und dafür bis zu 72 Stunden gespeichert werden. Datenschützer sind wenig begeistert.

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Von
  • dpa

Ein neues Kamerasystem der Berliner S-Bahn hat eine Diskussion über Videoüberwachung entfacht. Die Videotechnik soll eigentlich der Zugabfertigung dienen. Nun wird geprüft, ob die Aufnahmen in Zukunft gespeichert und auf Anfrage der Polizei für Ermittlungen verwendet werden könnten. Bis 2015 sollen 80 von 166 S-Bahnhöfen in Berlin mit fest installierten Kameras ausgestattet werden. Diese übertragen ein Videobild in den Führerstand. Die Kamera erfasst die Bahnsteigkante sowie den Einstieg in die S-Bahn.

Nach Angaben eines S-Bahnsprechers laufen derzeit Gespräche zwischen der S-Bahn, dem Berliner Datenschutzbeauftragten Alexander Dix und dem Senat. Dabei würden unter anderem die Rahmenbedingungen geklärt, beispielsweise wie lange die Aufnahmen gespeichert werden. Technisch seien bis zu 72 Stunden möglich. Auf fünf Bahnhöfen der Berliner Ringbahn laufe bereits ein Test mit der neuen Videotechnik. Derzeit würden die Aufnahmen aber nicht gespeichert.

Datenschützer Dix sagte der Berliner Zeitung, er könne nicht erkennen, wozu die Aufzeichnung von Bildern nutze sei, die nur einen Streifen am Bahnsteigrand zeigten. Insbesondere monierte er die Speicherfrist von 72 Stunden. "Das halte ich für unverhältnismäßig." Der Datenschützer hatte die S-Bahn Berlin um eine schriftliche Stellungnahme zu dem Vorhaben gebeten. Derzeit warte er noch auf eine Antwort, hieß es.

Während die Bahn bisher lediglich auf zehn großen Berliner Bahnhöfen Videoüberwachung einsetzt, nutzen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) die Technik deutlich umfassender. In allen U-Bahnen und Stationen sowie in rund 80 Prozent der Busse und jeder zweiten Tram seien Kameras installiert.

Nach Angaben der Innenverwaltung gab es im vergangenen Jahr 700 Fälle von Gewalttaten weniger als noch 2011. Seit Juni 2012 werden Videoaufzeichnungen in Berlin 48 Stunden gespeichert, danach werden sie gelöscht.

Sönke Hilbrans, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Datenschutz, warnte vor einer flächendeckenden Überwachung. Sie sei ein Risikofaktor für die persönliche Freiheit. "Ihr Verhalten wird gespeichert und Sie wissen nicht von wem oder wie lang."

Zudem verhindere Videoüberwachung alleine keine Straftaten. Für eine nachhaltige Prävention sei Videoüberwachung nicht immer geeignet. Auch im günstigsten Fall benötige man ein Gesamtkonzept und dürfe nicht am Sicherheitspersonal sparen. (anw)