Datenschützer warnen Urheberrechtsindustrie

Eine internationale Privacy-Arbeitsgruppe will beim Design von Systemen zum Kopierschutz ein Wörtchen mitreden.

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Die Einführung von Systemen zum Digital Rights Management (DRM), mit dem die Inhaltsindustrien die Rechte der Urheber und Verwerter sichern wollen, wird die Privatsphäre der Nutzer im Internet weiter aushöhlen. Dies befürchten die Experten der Internationalen Arbeitsgruppe zum Datenschutz in der Telekommunikation (International Working Group on Data Protection in Telecommunications), die am Rande der IFA auf Einladung des Berliner Datenschutzbeauftragten über "Datenschutz und geistiges Eigentum im Internet" debattierten. Ihre Befürchtung ist, dass die Unternehmen beziehungsweise die von ihnen beauftragten Service-Firmen mit den neuen Kopierschutzverfahren zu Abrechnungszwecken auch detaillierte Nutzerprofile speichern, die eine Einladung zum Missbrauch darstellen.

Das Grundkonzept von DRM besteht darin, ein Verfahren zu finden, mit dem sich die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke individuell abrechnen lässt. Kern der DRM-Systeme ist eine Art Softwarehülle, die Regeln fürs Kopieren definiert und durchzusetzen versucht. Mittelfristig sollen auch Verfahren zur individuellen Abrechnung mit eingebaut werden, da internationale Urheberrechtsgesetze eine "Ausgleichspflicht" für die Verbreitung geistigen Eigentums festschreiben. Derlei Bezahlverfahren dürfen aber nicht zur Aufzeichnung aller Spuren führen, die ein Kunde etwa beim Kauf eines Musikstücks hinterlässt. Alexander Dix, Landesdatenschutzbeauftragter von Brandenburg, sowie sein Berliner Kollege Hansjürgen Garstka forderten daher die Urheberrechtsindustrie auf, "über datenschutzfreundliche Zahlverfahren nachzudenken".

In Deutschland ist das Prinzip der Datenvermeidung beziehungsweise der Datensparsamkeit mit dem vor drei Monate in Kraft getretenen neuen Bundesdatenschutzgesetz rechtlich vorgeschrieben. Schon bei der Gestaltung der Systeme, so die Datenschützer, müssten die Firmen daher die Abrechungsverfahren möglichst anonym gestalten. Dies sei auch ein Akzeptanzfaktor der neuen Musikdienste, wie sie Bertelsmann etwa mit dem Neustart der Tauschbörse Napster plant.

Generell befürwortet die Arbeitsgruppe Pauschalgebühren zur Entschädigung der Kreativen und der Verwerter. "Wir favorisieren Lösungen, die ohne personenbezogene Daten auskommen", erläuterte Garstka. Die werden von der Industrie allerdings abgelehnt, da sie Computergeräte von vornherein verteuern und zu wenig "Fairness" gegenüber dem tatsächlichen Nutzerverhalten zeigen.

Mit der geplanten Einführung von DRM-Systemen, die die Industrie in den nächsten Monaten plant, sieht Garstka noch eine ganze andere Reihe von Problemen verbunden. So habe der Verbraucher bisher ein "unbeschränktes Recht" zur Nutzung der von ihm legal erstanden Inhalte, während die Kopierschutzsysteme Möglichkeiten zur zeitlichen Nutzungsbefristung mit sich bringen sollen. Auch das in Deutschland geltende Recht auf die Anfertigung von Kopien für private Zwecke könne mit der DRM-Technik unterlaufen werden, warnte Garstka. Derlei Pläne müssten daher zunächst im deutschen Urhebergesetz, dessen Revision im Lauf der nächsten anderthalb Jahre auf Grund der Vorgaben der EU-Richtlinie zum Urheberrecht eh ansteht, abgesichert werden. (Stefan Krempl) / (jk)