EU investiert in Bioinformatik

Die Datenflut wächst immer schneller, die Gendatenbanken müssen erweitert werden.

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Von
  • Florian Rötzer

Die bislang größte Förderung der Bioinformatik auf europäischer Ebene hat jetzt Philippe Busquin, der EU-Kommissar für Forschung, dem European Molecular Biology Laboratory (EMBL) zugesagt. Fast 20 Millionen Euro soll das Forschungskonsortium im Rahmen der Initiative "Genomes for Human Health" erhalten, um neue bioinformatische Programme zu entwickeln.

Der Erfolg der Genforschung wirft offenbar zunehmend Probleme auf, mit der Datenflut fertig zu werden. Vor allem Sequenzierungsdaten des genetischen Codes von immer mehr Organismen füllen die Datenbanken auf. So sind in den Datenbanken des European Bioinformatics Institute (EBI), das für die Koordination der geförderten Projekte zuständig ist, bereits über 12,5 Milliarden Basenpaare von 50.000 Arten abgespeichert. Alle paar Sekunden wird eine neue Sequenz hinzugefügt. Alle acht Monate verdoppelt sich der Umfang der Datenbanken, wobei die Geschwindigkeit des Datensammelns noch zunehmen wird. Überdies werden im postgenomischen Zeitalter neue Datentypen ebenfalls "mit astronomischer Geschwindigkeit" verfügbar, die von Proteinsequenzen über Mutationsinformationen bis hin zu dreidimensionalen Strukturen von Biomolekülen reichen.

Das EBI wird mit den Geldern der Europäischen Kommission in einem Drei-Jahres-Projekt einerseits die öffentlich zugänglichen Datenbankenbestände erweitern. Die von DNA- oder Biochips, mit denen die Aktivität von Tausenden von Genen gleichzeitig gemessen werden kann, erfassten Daten sollen in einer Datenbank standardisiert und zugänglich gemacht, aber auch Programme entwickelt werden, um sie zu interpretieren. Eine andere Datenbank soll mit Informationen über die dreidimensionalen Strukturen von Biomolekülen aufgebaut werden. Ein weiteres Projekt sorgt für die Standardisierung der Daten und die Interoperabilität der Datenbanken für Genome und Proteome, beispielsweise zwischen den genetischen Sequenzen von EMBL, den Proteinsequenzen von SWISS-PROT oder den Genomannotationen von EnsEMBL. Und als viertes gefördertes Projekt soll eine Datenbank für die Interaktionen zwischen Proteinen mit einer standardisierten Darstellung aufgebaut werden, um die Daten aus verschieden Quellen besser kombinieren und auswerten zu können.

Ob allerdings die Förderung ausreicht, um etwa gegenüber den USA im Bereich der Bioinformatik konkurrenzfähig zu bleiben, ist fraglich. Wendet die EU insgesamt im Jahr 2001 100 Millionen Euro für die Genomforschung auf, so haben allein die National Institutes of Health im letzten Jahr 300 Millionen in die Bioinformatik investiert.

Nach einem kürzlich vom Bundesministerium für Bildung und Forschung veröffentlichten europäischen Biotechnologie-Report, den die Firma Ernst & Young erarbeitet hat, nimmt Deutschland inzwischen eine Spitzenposition in Europa ein (Deutsche Biotechnologiebranche auf Erfolgskurs). Mit 332 Biotech-Unternehmen sowie 11.000 Beschäftigten hat Deutschland Großbritannien überholt. In den kommenden Jahren werden bundesweit sechs Bioinformatik-Zentren ausgebaut und mit insgesamt bis zu 100 Millionen Mark gefördert. Dazu gehören Initiativen wie die im Oktober 2000 gestartete "Ausbildungs- und Technologieoffensive Bioinformatik" (Region Köln/Bonn wird Bioinformatik-Zentrum).

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