Elektrische Impulse regulieren Hungergefühl

Ein neues Implantat soll bei Übergewichtigen den Nervus vagus beeinflussen, um ihnen beim Abnehmen zu helfen.

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Ein Implantat, das mit Hilfe elektrischer Impulse den Nervus vagus blockiert, der die Verdauung regulieren hilft, zeigt erste Erfolge in klinischen Studien. Die experimentelle Therapie gegen Übergewicht, die vom Medizintechnikhersteller Enteromedics aus dem amerikanischen St. Paul entwickelt wurde, ist Teil eines aktuellen Trends, sanftere Alternativen zum so genannten Magenbypass zu finden, einer radikalen Therapie gegen Fettsucht, berichtet das Technologiemagazin Technology Review in seiner Online-Ausgabe.

"Wir brauchen einen Ansatz, der sicherer ist als aktuelle Methoden und sich außerdem zügig durchführen lässt", meint Christopher Thompson, Chirurg am Brigham and Women's Hospital, der neue chirurgische Werkzeuge und Methoden gegen Übergewicht testet. Das Problem Fettsucht hat sich in den westlichen Ländern inzwischen zu einer Epidemie ausgewachsen. Auch die Anzahl der Magenbypässe nimmt ständig zu. Dabei wird der Magen chirurgisch deutlich verkleinert. Die amerikanische Gesellschaft für Stoffwechsel- und Übergewichtschirurgie schätzt, dass sich die Anzahl der Eingriffe in den vergangenen fünf Jahren in dem Land verdoppelt hat – von rund 100.000 im Jahr 2003 auf gut 200.000 im Jahr 2007. Diese Magenverkleinerung führt oft zu drastischem Gewichtsverlust. Dennoch ist nur eine kleine Anzahl der Betroffenen, die dafür geeignet wären (jene, deren Body-Mass-Index (BMI) bei mehr als 35 liegt), auch zu dem Eingriff bereit. Der Grund sind die damit verbundenen Risiken und die Tatsache, dass die Operation sich nicht rückgängig machen lässt.

Das Vagus-Implantat nutzt eine andere, sanftere Methode. Es setzt auf einen elektrischen Impulsgeber, um die Signale in dem Nervenstrang zu unterbinden. Der Vagus verbindet das Gehirn mit den Organen des Magen-Darm-Bereichs, reguliert Hormone und andere Faktoren, die mit dem Sättigungs- und Hungergefühl zu tun haben. "Der Nerv kontrolliert, wie sich der Magen ausdehnt, wenn wir zu essen beginnen", erläutert Mark Knudson, Chef von Enteromedics. "Wenn er sich nicht ausdehnt, ist er bereits nach ein paar Bissen voll."

Eine Analyse von neun Versuchspersonen, die unter den ersten waren, die das Implantat erhielten, zeigt, dass sie rund 30 Prozent ihres Übergewichtes innerhalb von neun Monaten abbauen konnten. Vorläufige Daten aus einer größeren Patientengruppe besagen, dass die Patienten nach dem Eingriff im Schnitt 500 Kalorien weniger pro Tag verzehren. "Das ist weniger als das, was man bei einem Magenbypass oder einem Magenband erzielen würde, aber es ist trotzdem ziemlich gut", meint Janey Pratt, vom Massachusetts General Hospital in Boston. Enteromedics will die Technologie nun in größeren klinischen Studien weitertesten.

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(bsc)