Elektroautos: Mercedes stellt Elektro-SUV EQE SUV vor

Mercedes baut die Flotte seiner batterieelektrischen SUV weiter aus. Das EQE SUV soll besonders handlich sein, doch seine Kernkompetenz ist wohl eine andere.

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Mercedes EQE SUV

(Bild: Mercedes)

Lesezeit: 6 Min.
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Noch gibt es Parallelstrukturen zwischen alter und neuer Welt, und bei Mercedes wird das besonders deutlich. Fast allen Neuvorstellungen mit Verbrennungsmotor der zurückliegenden Jahre wurde ein ganz ähnlich geschnittenes Pendant mit batterieelektrischem Antrieb beigefügt – meist auch als SUV. So ist es keine große Überraschung, dass der Limousine EQE ein entsprechendes E-SUV an die Seite gestellt wird. Vermutlich rechnet Mercedes zu Recht damit, dass mit ihm global höhere Stückzahlen abzusetzen sind.

Technisch unterscheidet die beiden erwartungsgemäß wenig. Die Batterie hat einen Energiegehalt von 90,6 kWh, was unter den Bedingungen des WLTP für bis zu 590 km Reichweite genügen soll. Bei der Zellchemie setzt Mercedes auf NMC811 – auf acht Anteile Nickel kommen hier also jeweils ein Anteil Mangan und Kobalt. Das entspricht dem, was BMW in den etwas größeren iX einbaut. Dort gibt es zwei Batteriegrößen, der Speicher des EQE SUV liegt ziemlich genau in der Mitte der beiden BMW-Akkus.

Geladen werden kann an einer Gleichstrom-Ladesäule mit bis zu 170 kW, was noch vor wenigen Jahren ein sehr guter Wert gewesen wäre. Inzwischen ist die Konkurrenz hier weiter, allen voran Tesla, aber auch Marken wie Hyundai oder Polestar. Sie bieten in der Spitze mehr als 200 kW Ladeleistung, sofern die lokale Infrastruktur mitspielt. So beeindruckend solche Werte auch sein mögen, in der Praxis ist die Ladekurve entscheidend dafür, wie kurz der Ladestopp ausfallen darf. In dieser Disziplin muss das EQE SUV nicht zwangsläufig im Nachteil sein.

Mercedes EQE SUV (10 Bilder)

Mercedes stellt der Limousine EQE ein entsprechendes E-SUV an die Seite. Der Markt verlangt danach.

Eine aktive Vorklimatisierung, für die Mercedes auch die Abwärme des Antriebs nutzt, ist ebenso serienmäßig wie eine Wärmepumpe. Ganz so weit wie Lexus geht Mercedes bei den Garantien nicht, doch 10 Jahre und 250.000 km klingen zunächst nicht schlecht. Etwas diffus bleibt allerdings vorerst, was genau da garantiert wird, denn Mercedes spricht nur von einer "definierten Restkapazität".

Geladen werden kann serienmäßig an Wechselstrom mit bis zu 11 kW. Gegen Aufpreis sind bis zu 22 kW möglich. Die Zuzahlung wird sich vermutlich in einer ähnlichen Größenordnung bewegen wie in der EQE-Limousine – dort sind es 1190 Euro. Gut angelegtes Geld, denn so lässt sich die Ladeleistung der vergleichsweise weit verbreiteten AC-Säulen komplett ausschöpfen. Mercedes müht sich außerdem, das Laden so komfortabel wie möglich zu machen: Das E-SUV beherrscht Plug&Charge – Ladestecker rein, Ladesäule und Auto tauschen sich aus, die Abrechnung erfolgt automatisch ohne weiteres Zutun des Fahrers. Allerdings muss die Infrastruktur das natürlich auch unterstützen. Bidirektionales Laden, also die Traktionsbatterie für externe Stromverbraucher anzuzapfen, wird vorerst nur auf dem japanischen Markt angeboten.

Der Kunde kann zunächst aus fünf verschiedenen Antriebskonfigurationen wählen, und ein Mangel an Leistung wird wohl auch im Basismodell niemand beklagen. Beachten sollte der Kunde, dass dort die Anhängelast bei 750 kg liegt. Alle andere dürfen bis zu 1800 kg ziehen.

EQE 350 EQE 350 4Matic EQE 500 4Matic EQE 43 4MATIC EQE 53 4MATIC
Leistung in kW 215 215 300 350 460
Drehmoment in Nm 565 765 858 858 950
Verbrauch WLTP in kWh/100 km 17,7 bis 21,8 18,5 bis 22,5 19 bis 22,7 22 bis 25,1 22,6 bis 27,8

Wer das Topmodell mit dem "AMG Dynamic Plus Paket" bestellt, kann im Fahrmodus "RACE START mit Boost‑Funktion" kurzzeitig auf 1000 Nm und 505 kW zurückgreifen. Derart übertüchtigt, kann dieser leer knapp 2,7 Tonnen schwere Koloss in 3,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigen, Schluss ist erst bei 240 km/h. Das Wettrüsten mit schwerem Gerät geht also beschleunigt weiter, und muss wohl damit gerechnet werden, dass in den kommenden Jahren in den Spitzenmodellen Werte von mehr als 700 kW normal werden. Warum? Weil es eine zahlungskräftige Klientel dafür gibt.

Mercedes EQE SUV (4 Bilder)

Die bereits herausgereichten Innenraumbilder zeigen das Erwartbare, inklusive des bereits aus anderen Modellen bekannten, fast eineinhalb Meter breiten Displays, das Mercedes gegen Aufpreis anbietet.

Mercedes betont die besonderen Handling-Talente des SUVs unter anderem mit einem Radstand, der neun Zentimeter kürzer als in der Limousine ist. An Platz dürfte des angesichts der verbliebenen 3,03 Meter zwischen den Achsen trotzdem kam mangeln. Der Kofferraum fasst 520 Liter, mit dem optionalen "Cargo"-Paket lassen sie Rücklehnen etwas steiler stellen, dann sind es maximal 580 Liter. Werden die Rücksitze umgeklappt, passen 1675 Liter in das SUV. Eine längs verschiebbare Rückbank gibt es offenbar nicht.

Als Abgrenzung zum noch größeren EQS SUV wird der EQE in der Pressemitteilung mit den Begriffen "agil und wendig" versehen. Wer dieser recht großzügig gedehnten Argumentation folgen mag, wird sicher auch empfänglich sein für zwei Extras, die dieses Versprechen weiter vertiefen sollen. Gegen Zuzahlung verbaut Mercedes ein adaptives Luftfahrwerk und eine Hinterachslenkung, bei der die Hinterräder um bis zu 10 Grad einschlagen. Beides ist eine Überlegung wert, wenngleich vielleicht eher nachrangig zur Dynamiksteigerung. Das Luftfahrwerk bietet nicht nur eine gewisse Bandbreite an Einstellungsmöglichkeiten, was die Rückmeldung von der Straße betrifft. In diversen Testwagen mit dieser Ausstattung fiel vor allem ein sensibles Ansprechverhalten der Dämpfer auf. Die Hinterachslenkung verkleinert den Wendekreis von 12,3 auf 10,5 Meter, was sich beispielsweise in Parkhäusern positiv bemerkbar machen dürfte.

Die ersten Bilder des EQE-SUV-Innenraums zeigen eine Ausführung mit dem riesigen Bildschirm, den Mercedes Hyperscreen nennt. Wie in der Limousine wird er auch im SUV nicht etwa serienmäßig sein, sondern einen gehören Zuschlag erfordern. Im EQE sind es 8568 Euro, wobei der Kunde zusätzlich nicht nur das "Premium-Paket", sondern auch mindestens den 500er-Antrieb ordern muss. Wie das im SUV gehandhabt wird, steht noch nicht fest. Mit dem Abflauen des Teilemangels könnte Mercedes den Mega-Bildschirm auch Kunden anbieten, die mit dem Basismodell zurechtkommen.

Die Produktion des EQE SUV im US-Werk in Tuscaloosa startet im Dezember, bei den Händlern in Deutschland dürfte das Auto noch im ersten Quartal 2023 landen. Noch nennt Mercedes keine Preise, doch mit einem satten Aufschlag gegenüber der Limousine ist fest zu rechnen. Die kostet als EQE 350 mit Heckantrieb 70.210 Euro und ist, wenig überraschend, nur als Ausgangspunkt zu verstehen. Mit einer in dieser Klasse üblichen Ausstattung sind 80.000 Euro rasch überschritten, mit dem EQE SUV dürfte das noch müheloser gelingen.

(mfz)