Expertenstreit über Reform der Photovoltaikförderung

Energie-Experten mahnen eine grundlegende Reform der Photovoltaik-Subventionen an. Denn das Modell droht zum Opfer seines Erfolgs zu werden, berichtet Technology Review.

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Selbst der Bundesverband Solarwirtschaft plädiert mittlerweile für eine maßvolle Absenkung der Solarstromförderung. Energie-Experten mahnen dennoch eine grundlegende Reform der Photovoltaik-Subventionen an, denn das Modell droht zum Opfer seines Erfolgs zu werden, berichtet Technology Review in seiner neuen Ausgabe 6/2011 (seit dem 26. 5. am Kiosk oder direkt im Heise Shop online zu bestellen).

Eigentlich ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das im Jahr 2000 in Kraft trat, eine Erfolgsstory. Sein Ziel, den raschen Ausbau der Photovoltaik, hat es mit Bravour erreicht. Allein 2010 installierten deutsche Investoren 7400 Megawatt elektrische Leistung auf ihren Dächern oder in Solarparks, fast doppelt so viel wie im Jahr zuvor (3800 Megawatt), in dem es auch schon eine Verdopplung gegenüber 2008 gegeben hatte. Damit steigerte sich die installierte Gesamtleistung auf 17.300 Megawatt.

Wer eine Photovoltaikanlage aufs Dach baut, bekommt 20 Jahre lang eine festgelegte Einspeisevergütung, die seine höheren Kosten im Vergleich zum normalen Strompreis ausgleicht. Die Vergütung sinkt zwar mit den Jahren, ist aber dennoch so lukrativ, dass ein wahrer Run auf die Solarmodule eingesetzt hat. Das rächt sich jetzt. 2010 schraubte sich die EEG-Umlage für regenerative Energien, die der Endverbraucher zahlen muss, auf 3,5 Cent pro Kilowattstunde. 1,5 Cent – also etwa 40 Prozent – entfallen davon auf die Photovoltaik, obwohl diese nur 12 Prozent zum Ökostrommix beisteuert.

Jetzt warnen Ökonomen vor einer Überförderung der Solarbranche. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist demnach eine Zwangsumverteilungsanlage für Geld, mit dem Stromkunden – und zwar alle – den Ausbau der Solarenergie unterstützen müssen. 10 Milliarden Euro haben so bereits den Besitzer gewechselt, bis 2030 kommen voraussichtlich noch einmal 81,5 Milliarden hinzu – und das nur für Solaranlagen, die in den letzten zehn Jahren gebaut wurden.

Selbst der Bundesverband Solarwirtschaft zeigte sich voriges Jahr bereit, eine maßvolle Absenkung der Solarstromförderung im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu unterstützen. Umweltminister Norbert Röttgen griff sofort zu und zog eine für 2012 ohnehin geplante Absenkung des Fördersatzes vor. Je nach Marktwachstum soll die Einspeisevergütung schon zum 1. Juli dieses Jahres um bis zu 15 Prozent sinken. Zuletzt hatte das Bundesumweltministerium in immer rascherer Folge Abschläge beim Fördersatz vorgenommen. Doch die Bauwut hat das kaum vermindert, weil die Rendite einer Photovoltaikanlage dank fallender Anlagenpreise immer noch höher und vor allem sicherer ist als bei jeder anderen Anlageform.

Experten fordern deshalb eine grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. "Das EEG braucht dringend ein energiewirtschaftliches Steuerungselement", fordert beispielsweise Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena). Das Fachmagazin Photon hatte bereits im April 2010 einen 5-Punkte-Plan zu Papier gebracht. Er begreift das EEG als Baustein für einen Umbau der Stromversorgung in Deutschland. Darin kehrt sich die Förderlogik um – von der reinen Kalkulation der Umlage auf Basis der Einspeisung zu einer Betrachtung des tatsächlichen Bedarfs. Das soll beispielsweise über eine regionale Differenzierung der Einspeisevergütung geregelt werden, einen Bonus für Netzentlastung durch den Bau von Stromspeichern und eine jährliche Degression der Förderung um 10 Prozent.

In der Neufassung des EEG, die bereits im Juni durchs Parlament kommen und Anfang 2012 in Kraft treten soll, bleibt das Grundprinzip des Einspeisevorrangs von Ökostrom jedoch erhalten. Hinzu kommt allerdings eine "optionale Marktprämie". Sie ist die Differenz zwischen der bisherigen Einspeisevergütung und dem Preis an der Strombörse. Wer Sonnenstrom einspeist, wenn der Verbrauch und damit die Börsenpreise hoch sind, kann zusätzliches Geld verdienen. Ein Anreiz für eine bedarfsorientierte Ökostromeinspeisung, die den Bau von Speichern unterstützen soll und somit eine der Forderungen des Photon-Papiers erfüllt.

Dennoch hagelte es Kritik. Neue Speicher würden nur durch eine direkte Förderung der Technologie entstehen, wenden Reformgegner ein. Auch Manuel Frondel, Leiter des Bereichs Umwelt und Ressourcen am Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen, ist skeptisch. Ihm gehen solche relativ kleinen Korrekturen noch längst nicht weit genug. Das ganze Förderkonzept sei der „Super-GAU“ der Photovoltaik, betont der Professor. "Ich verlange ein Moratorium für das Erneuerbare-Energien-Gesetz." (wst)