FBI gibt im Rechtsstreit mit Internet-Archiv nach

Die US-amerikanische Bundesbehörde hat eine Aufforderung zur Herausgabe von Nutzerdaten zurückgezogen, nachdem das "Internet Archive" gegen diese vor Gericht gegangen ist.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 13 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die US-amerikanische Bundesbehörde FBI hat eine Aufforderung an den Betreiber des Internet Archive zur Herausgabe von Daten eines Nutzers zurückgezogen. Das ist das Ergebnis einer juristischen Auseindersetzung zwischen der Bundesbehörde und den Bürgerrechtlern von der American Civil Liberties Union (ACLU) und der Electronic Frontier Foundation (EFF), die nun außergerichtlich endete. Dabei hatte der Archiv-Betreiber Brewster Kahle, der auch dem EFF-Vorstand angehört, vor Gericht gegen einen so genannten National Security Letter (NSL) geklagt, den er vom FBI bekommen hatte. Außerdem wurde Kahle in diesem Fall nun von der Schweigepflicht entbunden, heißt es in einer Mitteilung der ACLU.

Das Internet Archive wurde im Herbst 2001 für die Öffentlichkeit freigeschaltet. Dort kann jeder kostenlos auf die seit 1996 gespeicherten zig Milliarden Internet-Seiten zugreifen. Im November 2007 erhielt das Archiv ein NSL mit der Aufforderung, Name, Adresse und alle verfügbaren sonstigen Informationen über einen Nutzer herauszugeben. Kahle war der Meinung, das FBI überschreite damit seine Kompetenzen, die 2006 durch eine Gesetzesüberarbeitung beschnitten wurden, übergab den Ermittlern lediglich bereits öffentlich zugängliche Informationen und ging vor Gericht.

Die Klage ist nach Angaben der Bürgerrechtler die erste bekannt gewordene seit der Überarbeitung des Patriot Act im Jahr 2006, bei der ein NSL an eine Bibliothek angefochten wurde. Bestimmungen in diesem nach den Attentaten vom 11. September 2001 erlassenen Anti-Terror-Paket sehen vor, dass das FBI mit Hilfe der NSL ohne richterliche Überwachung und ohne Mitteilung an die Betroffenen bei Bibliotheken, anderen Institutionen und bei Unternehmen Nutzungsdaten von US-amerikanischen Bürgern einholen kann. Die Auskunftgebenden sind darüber zur Geheimhaltung verpflichtet.

Kahle konnte daher weder mit den anderen Archiv-Vorständen noch mit anderen Personen außer seinem Anwalt über den Fall sprechen. Weiter konnten die ACLU und die EFF in dieser Sache nicht bei Kongressabgeordneten vorstellig werden. Die ACLU war bereits früher gegen diese Schweigepflicht vor Gericht gegangen und bekam im September 2004 sowie im September 2007 Recht. Die Bürgerrechtler meinen, die Pflicht verstoße gegen das in der US-Verfassung verbriefte Recht auf freie Meinungsäußerung und schränke die Möglichkeit ein, juristische Beratung einzuholen.

ACLU-Anwältin Melissa Goodman sieht den Rückzug des FBI als einen Sieg für das Internet-Archiv und für die US-amerikanische Verfassung. Es sehe so aus, als würde jedesmal, wenn ein NSL-Empfänger vor Gericht gehe und die Regierung um Rechtfertigung ersuche, die Datenanfrage zurückgezogen. Ohne gerichtliche Aufsicht und mit der Knebelbestimmung für die Empfänger von Datenanfragen gebe es ansonsten keine Möglichkeit, das FBI vom Missbrauch der National Security Letter abzuhalten. Nun fragt sich Goodman, wie viele NSL das FBI verschickt haben mag, die nicht juristisch angefochten wurden.

Wie weit dieser Missbrauch geht, hat das US-Justizministerium dem FBI im März offengelegt. Zwischen 2003 und 2006 hat die Behörde 200.000 dieser Briefe zur Abfrage von Verbindungsdaten und anderer persönlicher Nutzerinformationen an Telekommunikationsfirmen sowie weitere private Institutionen wie Banken verschickt. In hunderten Fällen haben die Ermittler dabei gegen die gesetzlichen Auflagen oder interne Richtlinien verstoßen, indem sie beispielsweise mehr Daten als zulässig eingesammelt oder auf Auskünfte auch ohne richtige Vollmacht bestanden hatten. (anw)