IT-Prüfungen gehen am Ziel vorbei

Zum dritten Mal liefen gestern die theoretischen Abschlussprüfungen in den vier neuen IT-Berufen - zum dritten Mal gab es heftige Kritik.

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Von
  • Angela Meyer

"Ich habe das Gefühl, dass ich die ganze Zeit das Falsche gelernt habe. Das hat mit dem Berufsbild doch gar nichts zu tun." Zum dritten Mal liefen gestern die theoretischen Abschlussprüfungen in den vier neuen IT-Berufen -- zum dritten Mal wurden die gleichen Klagen der Auszubildenden laut. Viele befürchten, trotz intensiver Vorbereitung durchgefallen zu sein, weil die Prüfungsfragen sich nicht auf das bezogen, was sie in Berufsschule und Betrieb gelernt haben. Kritik wurde aber auch von Auszubildenden laut, die meinen, die Prüfung bestanden zu haben.

Die Prüfungen zum Fachinformatiker Systemintegration unterschieden sich nicht von denen der Fachinformatiker Anwendungsentwicklung, hieß es zum Beispiel im Detail, obwohl die Berufsbilder sehr wohl unterschiedlich sind. Angehende Systemelektroniker beschweren sich vor allem darüber, dass der Ausbildungsschwerpunkt Netzwerke in den Prüfungen nicht oder nur am Rande vorgekommen sei. Dafür sei zum Beispiel bei allen Berufen nach der Geschwindigkeit der Grafikschnittstelle AGP gefragt worden -- nachschlagbarem Detailwissen, obwohl die so genannten ganzheitlichen Prüfungen eigentlich die Fähigkeit zur Lösung berufstypischer Probleme abfragen sollen.

Die Ursache für die sich wiederholenden Probleme scheint auch in der Organisation von Ausbildung und Prüfung zu liegen. Die Fragen werden zentral für das Bundesgebiet -- mit Ausnahme von Baden-Württemberg -- von einem Aufgabenerstellungsausschuss formuliert. Die Inhalte der Ausbildung sind aber nur relativ grob in Rahmenlehrplänen festgeschrieben, die Berufsschulen und Betriebe selbst mit konkreten Inhalten füllen müssen. Dadurch kann die Ausbildung wechselnden Anforderungen unbürokratisch angepasst werden. Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass die Ausbildung im Detail sehr unterschiedlich aussehen kann.

Insbesondere aus den Berufsschulen wurden deshalb bereits nach den vorigen Prüfungen Vorschläge laut, das Verfahren zu ändern. Notwendig sei mindestens eine bessere Abstimmung der Lehrenden und der Prüfenden. Bisher sind auch die Lehrer regelmäßig von den Prüfungsfragen überrascht worden. Andere fordern, die Berufsschulen an der Erstellung der Fragen zu beteiligen, zum Beispiel indem die Lehrer ähnlich wie beim Abitur Vorschläge einreichen, aus denen von einer zentralen Kommission ausgewählt wird.

Bei allen übergeordneten Fragen zu den Prüfungen in den IT-Berufen vertritt die IHK zu Essen die Industrie- und Handelskammern. Eine Stellungnahme zu den Vorwürfen sei auf die Schnelle nicht zu geben, hieß es dort. Dazu müsse der Aufgabenerstellungsausschuss befragt werden, am besten schriftlich. Einen direkten Ansprechpartner könne man ohne Rücksprache nicht nennen. Um nicht mit Fragen überschüttet zu werden, wollten die Mitglieder des Ausschusses möglichst anonym bleiben. (anm)