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Illegale Parteienfinanzierung: Haftstrafe für ehemaligen Telekom-Austria-Manager

Daniel AJ Sokolov
Geldscheine mit Kluppen and Leine zum Trocknen aufgehängt

Bestechungsgeld muss gewaschen werden.

(Bild: Olga Donchuk/Shutterstock.com)

Viele Millionen Euro wurden bei A1 Telekom Austria abgezweigt, um Politiker zu schmieren. Ex-Manager Rudolf Fischer wurde ein weiteres Mal verurteilt.

Rudolf Fischer, der ehemalige Festnetzchef der A1 Telekom Austria, ist am Freitag zu einem weiteren Jahr Haft verurteilt worden. Der Wiener hat bei A1 mehrere Millionen Euro durch fingierte Rechnungen abgezweigt. Mit dem Geld hat er laut Geständnis Politiker und parteinahe Organisationen von ÖVP, FPÖ und SPÖ bedacht, um politische Entscheidungen zugunsten der Telekom Austria zu erwirken. Das hatte negative Folgen für Konkurrenten, den Wettbewerb und Verbraucher.

Ex-Monopolist A1 bediente sich der PR-Agentur Hochegger in vielfältiger Weise. Von 2000 bis 2010 sollen 38 Millionen Euro geflossen sein – teilweise für echte PR-Arbeit, teilweise für illegale Machenschaften. Firmengründer Hochegger ist grundsätzlich geständig und ebenfalls mehrfach verurteilt. A1 hat neun Millionen Euro zurückgefordert [1].

Die aktuelle Anklage warf Fischer illegale Zahlungen von 5,7 Millionen Euro vor. Das Geld soll von A1 insbesondere über die Firma Valora Solutions Projektbegleitung GmbH geschleust worden sein. Hochegger hatte Valora gemeinsam mit dem ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser (zunächst FPÖ, dann parteifrei auf ÖVP-Ticket) gegründet, später gehörte Valora dem FPÖ-Politiker Walter Meischberger.

Das nicht rechtskräftige Urteil vom Freitag ist mindestens die vierte strafrechtliche Verurteilung Fischers. Der Überblick fällt angesichts der Korruptionswucht schwer. Für die Manipulation des Kurses der Telekom-Austria-Aktien im Jahr 2004 wurde Fischer 2016 wegen Untreue und Betrugs zu eineinhalb Jahren Haft [2], davon ein Jahr bedingt, verurteilt. 2013 erhielt Fischer zweieinhalb Jahre Haftstrafe (überwiegend bedingt) für die Auszahlung von 600.000 Euro zugunsten der FPÖ [3] unter Jörg Haider im Jahr 2004.

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(Bild: A1)

Größter Teilhaber der A1 Telekom Austria war zu Fischers Zeiten die Republik Österreich. Er war bis 2008 Festnetzschef, stellvertretender Generaldirektor und Vorstandsvorsitzender. Die Republik ist heute auch nocht beteiligt, doch wird A1 Telekom Austria inzwischen von der mexikanischen América Móvil kontrolliert [4].

2005 gründete Jörg Haider eine neue Partei, das heute bedeutungslose BZÖ. Damals war das BZÖ den Telekom-Austria-Managern jedoch fast eine Million Euro wert [5]. Das Geld wurde verdeckt über zwei Werbeagenturen ausgezahlt, gegengezeichnet von Rudolf Fischer. In dem Fall wurde der Manager 2013 im Zweifel freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft konnte Fischer nicht nachweisen, dass er wusste, dass der Zahlung keine legale Leistung gegenüberstand.

Mit einem Strafmaß von neun Monaten (davon sechs bedingt) wegen Untreue ist Fischer im Tetron-Skandal [6] davongekommen, nachdem er Zahlungen von 1,1 Millionen Euro an den inzwischen ebenfalls verurteilten Waffenlobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly veranlasst hatte. Dabei ging es insbesondere um ein TETRA-Funksystem für Einsatzkräfte und Behörden. Die Republik Österreich hatte ursprünglich das Konsortium master-talk mit Errichtung und Betrieb beauftragt. A1 ging dabei leer aus.

Doch 2003 kündigte der damalige Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) diesen Vertrag und veranlasste eine Neuausschreibung. Der neue Zuschlag erging an das Tetron-Konsortium rund um Alcatel und Motorola, mit Unterstützung von A1. Nach langen Verfahren erhielt mastertalk im Zuge eines Vergleichs von der Republik Österreich 30 Millionen Euro [7] Abschlagszahlung. Strasser wurde später EU-Abgeordneter, bis seine Bestechlichkeit ruchbar wurde [8]. Dafür wurde Strasser zu drei Jahren Haft verurteilt.

Bei allen Verurteilungen Fischers wurden auch andere Personen, in wechselnden Zusammensetzungen, mitverurteilt. In österreichischen Medien ist Fischers Verurteilung vom Freitag nur eine Randnotiz, war sein Prozess doch mit zwei anderen Korruptionsfällen zusammengelegt worden. Dabei wurden deutlich prominentere Männer ebenfalls nicht rechtskräftig verurteilt.

Grasser erhielt acht Jahre Haft, Meischberger sieben Jahre, Hochegger sechs Jahre, Karl Petrikovics (ehem. Chef der Investmentfirma Immofinanz und der Semper Constantia Privatbank) zwei Jahre teilbedingt, Georg Starzer (ehem. Vorstand der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich) drei Jahre teilbedingt, Anwalt Gerald Toifl zwei Jahre, sowie der Schweizer Vermögensverwalter Norbert Wicki 20 Monate. Die jeweils nicht rechtskräftig festgestellten Straftaten variieren.

Bei den Ex-Politikern Grasser und Meischberger waren es Untreue, Fälschung von Beweismitteln und Geschenkannahme durch Beamte, bei Meischberger zusätzlich noch Bestechung, allerdings auch ein Freispruch bei einem Betrugsvorwurf rund um eine Villa. Der teilgeständige Hochegger wurde wegen Untreue und Unterschlagung verurteilt. Die übrigen Angeklagten beteuern ihre Unschuld und werden Rechtsmittel ergreifen.

Hauptthema des bereits viereinhalb Jahre währenden Strafverfahrens war der überraschend günstige Verkauf von 60.000 "BUWOG"-Wohnungen [9] aus dem Eigentum der Republik Österreich im Jahr 2003. Grasser, damals Finanzminister, soll gewusst haben, dass die Investmentfirma CA Immo nur 960 Millionen Euro bietet. Diese Summe soll Grasser Petrikovics verraten haben. Die von Petrikovics geleitete Firma Immofinanz bot dann gemeinsam mit der Raiffeisen Landesbank OÖ und der Wiener Städtischen Versicherung 1,19 Millionen Euro mehr bekam so den Zuschlag.

Im Gegenzug sollen Grasser, Meischberger und Hochegger ein Prozent (9,6 Millionen Euro) "Provision" erhalten haben. Allerdings vergaßen sie darauf, diese Einkünfte zu versteuern. Die BUWOG-Privatisierung war von Anfang an verdächtig. Die Schmiergeldzahlungen kamen aber erst durch die Pleite der ebenfalls von Petrikovics geleiteten Constantia Privatbank im Jahr 2008 ans Tageslicht.

Außerdem sollen Grasser, Meischberger und Hochegger 200.000 Euro dafür kassiert haben, dass Büros von Zoll und Finanzbehörden in ein Linzer Bürogebäude verlegt wurden, den am die Raiffeisen Landesbank OÖ beteiligt war. Laut Anklage haben die hohen Mieten der Republik Österreich einen Schaden von zehn Millionen Euro zugefügt.

(ds [10])


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[1] https://www.heise.de/news/Telekom-Austria-stellt-Millionenforderung-an-Ex-Lobbyisten-1182695.html
[2] https://www.heise.de/news/Kursmanipulation-bei-Telekom-Austria-Haftstrafen-reduziert-3225090.html
[3] https://www.heise.de/news/Telekom-Austria-Korruption-Haftstrafen-wegen-verdeckter-Zahlungen-an-Haider-Parteien-1933382.html
[4] https://www.heise.de/news/Telekom-Austria-ist-zu-60-Prozent-mexikanisch-2429648.html
[5] https://www.heise.de/news/Korruption-bei-Telekom-Austria-Weitere-Schuldsprueche-1956718.html
[6] https://www.heise.de/news/Telekom-Austria-Skandal-erreicht-Regierungskreise-1330728.html
[7] https://www.heise.de/news/Vergleich-zwischen-oesterreich-und-gescheitertem-TETRA-Projekt-174293.html
[8] https://www.heise.de/tp/features/Die-Terminschwierigkeiten-des-Lobbyisten-3389103.html
[9] https://www.heise.de/tp/features/Showdown-fuer-Karl-Heinz-Grasser-3382991.html
[10] mailto:ds@heise.de