Impuls für E-Mobilität: US-Umweltbehörde EPA legt Abgasgrenzwerte für Autos fest

Die Abgas-Vorschriften der US-Umweltbehörde EPA behalten zwar ihr Endziel, doch sollen einfachere Zwischenziele der Industrie mehr Zeit zur Anpassung geben.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 15 Kommentare lesen
Ford F150 Lightning

Ford hat bereits vorgesorgt: Der beliebteste US-Pick-up Ford F150 fährt auf Wunsch auch mit Strom. Je teurer die Verbrenner werden, desto mehr Kunden werden sich für Elektroautos entscheiden – so jedenfalls die Hoffnung.

(Bild: Ford)

Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die US-Umweltbehörde EPA hat die lange angekündigten Abgas-Vorschriften für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge erlassen. Verschärfungen werden darin auf später verschoben, ohne jedoch den Endtermin zu verlängern. Das soll den Autoherstellern mehr Zeit für eine Umstellung geben, bedeutet aber auch, dass sie ab 2030 mehr ändern müssen, wenn sie nicht schon vorher ausreichend aktiv geworden sind. Der Verkauf von Elektrofahrzeugen soll dadurch steigen.

In US-Medien ist zu lesen, die Abmilderung sei ein Zugeständnis an die Wünsche der Autoindustrie und der mächtigen Gewerkschaft United Automobile Workers im Wahljahr gewesen. Die Behörde würde das bestreiten. Die ursprünglich von der EPA vorgesehenen Flottengrenzwerte hätten eine Reduzierung von 18 Prozent bis 2027 und 40 Prozent bis 2029 bedeutet. In der nun gültigen Fassung wurden die Ziele auf neun respektive 27 Prozent gesenkt. Bis 2032 muss der Flottengrenzwerte um 50 anstelle der bisher vorgeschlagenen 56 Prozent sinken.

Auf der Pressekonferenz der EPA nannte ihr Direktor Michael Regan die Regel den "stärksten Abgasstandard, der jemals in der Geschichte der Vereinigten Staaten verabschiedet wurde" und sagte, er werde bis Ende 2055 mehr als sieben Milliarden Tonnen Kohlendioxid vermeiden, das Vierfache der gesamten Kohlenstoffbelastung durch den Transportsektor im Jahr 2021. Der war 2023 mit 39 Prozent der größte einzelne Verursacher von Treibhausgasemissionen in den USA.

Das "endgültige" Ziel der Regierung Biden ist eine Senkung der Emissionen bis 2030 um 50 bis 52 Prozent des Niveaus von 2005. Die neuen Standards würden eine Minderung der durchschnittlichen prognostizierten Treibhausgasemissionen um fast 50 Prozent für leichte Nutzfahrzeuge und eine Reduzierung um 44 Prozent für mittelschwere Fahrzeuge bedeuten, ließ die Behörde verlauten. Dies bedeutet, dass die durchschnittliche Treibhausgasemission von Pkw von 139 Gramm Kohlendioxid pro Meile im Jahr 2027 auf 73 Gramm im Jahr 2032 sinken würden. Da die Vorschriften neben den Treibhausgasen auch für Schadstoffe gelten, wird darüber hinaus eine Reduktion von 95 Prozent beim Rußausstoß angenommen.

Sie umfassen Grenzwerte für Treibhausgasemissionen, Kohlenwasserstoffe, Stickoxide und Feinstaub für Personenkraftwagen, leichte Lastwagen, größeren Pickups und Transporter und werden in den Modelljahren 2027 bis 2032 schrittweise eingeführt. "Leichte Nutzfahrzeuge" bezieht sich in den USA auf Modelle bis beispielsweise Ford F-150, Chevrolet Silverado 1500 und Ram 1500, während mit "mittelschweren Nutzfahrzeugen" größere Modelle wie etwa Ford F-250 oder Ram 2500 gemeint sind. Es handelt es sich um Flottengrenzwerte, bei denen nicht vorgeschrieben ist, wie der jeweilige Hersteller sie einhält. Eine Kompensation durch den Verkauf von Elektro- oder Hybridfahrzeugen ist also möglich und auch erwünscht.

Den Weg zu diesem Gesetz begleiteten Desinformation und Irreführung, teils aus ideologischen oder parteipolitischen, oft auch aus handfesten finanziellen Interessen, darunter eine laut ICCT 7 Millionen Dollar teure Kampagne des Verbands der American Fuel & Petrochemical Manufacturers zu einer kommenden faktischen Elektroauto-Pflicht. Laut Competitive Enterprise Institute zwingt die EPA die Automobilhersteller dazu, immer mehr Elektrofahrzeuge (EVs) herzustellen und zu verkaufen, nun eben etwas langsamer. Es handele sich also de facto um eine Pflicht zum E-Auto. Tatsache ist, dass die Regeln nach dem 20. März 2024 technologieoffen bleiben. Sie sind zudem so gefasst, dass der Kunde noch lange die Wahl haben wird. Die verabschiedeten Treibhausgasstandards der EPA verlangen lediglich, die Emissionen von Neufahrzeugen in den Modelljahren 2027 bis 2032 weiter zu reduzieren.

Die Autoindustrie wird allerdings tatsächlich die Produktion von Elektroautos hochfahren, jedenfalls nach Abschätzungen aufgrund von Kostenanalysen, die die EPA hat anstellen lassen, um die Zahlen zu unterfüttern und Entscheidern Hilfestellung zu geben. Das alles ist so kompliziert, dass das endgültige Regelwerk 1181[ ]Seiten umfasst. Unter anderem wird der Inflation Reduction Act (IRA) der Regierung Biden mithilfe protektionistischer Maßnahmen die Produktion von Antriebsbatterien so attraktiv machen, dass die Autohersteller den Weg von immer mehr Elektroautos gehen werden.

Nach Ansicht der EPA könnte sie bis 2032 bei einem Anteil von 30 bis 56 Prozent verkaufter Pkw landen, sollte sich das Umfeld nicht sehr deutlich ändern. So erhalten Käufer eines neuen Elektroautos bis zu 7500 US-Dollar Prämie, wenn das Auto den Förderrichtlinien entspricht und bis zu 4000 US-Dollar für ein gebrauchtes, förderfähiges E-Auto. Der ursprünglich von der EPA vorgeschlagene Plan hätte zu einem rechnerischen Anteil von 67 Prozent an den in den USA verkauften Neuwagen geführt. Der Elektroautoanteil der USA liegt bei 7,6 Prozent, nach knapp sechs Prozent 2022 und drei Prozent im Jahr 2021. Im bevölkerungsreichsten Bundesstaat Kalifornien machen Elektrofahrzeuge schon 20,1 Prozent der Neuwagenverkäufe aus. Der Zuwachs in den USA bewegt sich übers Jahr im mittleren zweistelligen Prozentbereich.

Die Autoindustrie reagiert zwischen verhalten optimistisch und ablehnend. John Bozzella, Präsident der Auto-Handelsorganisation Alliance for Automotive Innovation, nannte den größeren Spielraum zwischen 2027 und 2030 eine richtige Entscheidung, weil sie den "sehr entscheidenden Übergang" zum Elektroauto erleichtere. Die National Automobile Dealers Assn., die mehr als 16.000 Auto- und LKW-Händler vertritt, äußerte Bedenken. Die neuen Ziele spiegelten nicht die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen, "die Regelung der EPA bleibt zu aggressiv und läuft der Verbrauchernachfrage (zu) weit voraus" sagte Mike Stanton, Präsident des Handelsverbands.

Unter einer zweiten Regierung Trump könnte der republikanische Präsident versuchen, die Emissionsstandards zurückzunehmen, wie es bereits einmal der Fall war. Die Regierung weist allerdings darauf hin, das Gesetz so weit abgesichert zu haben, dass der Prozess einer Rücknahme mit rechtsstaatlichen Mitteln langwierig werden dürfte.

(fpi)