Kirchberg Logistik kickt die Porno-Seite TimTube aus dem Netz (Update)

Der Hannoveraner Anbieter eines um Jugendschutz bemühten Sexportals hat den Domain-Anbieter PSI-USA mit einem Anwaltschreiben dazu gebracht, die Registrierung und Weitergabe der Adresse timtube.com zu sperren.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 167 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.

Die Kirchberg Logistik GmbH hat den Domain-Anbieter PSI-USA mit einem Anwaltschreiben dazu gebracht, die Pornoseite TimTube vorläufig aus dem Netz zu verbannen. Sämtliche Webadressen des YouPorn nacheifernden Amateur-Pornofilmportals – timtube.com, timestube.com sowie tim-tube.com – sind seit mehren Tagen nicht mehr erreichbar. Nur noch über den Cache von Google oder das Internet Archive ist zu erahnen, welche Videos die Nutzerscharen noch vor anderthalb Wochen auf das Erotikportal trieb. Demnach fanden sich dort kostenlos Filmchen wie "Sabine bläst so geil" oder "Steffi Maus duscht sich feucht". Allein der Hinweis, dass Minderjährige die Webseite nicht betrachten dürfen, verwies auf offensichtlich nicht jugendfreie Angebote.

Andreas Grebenstein und Mario Brunow, die als Geschäftsführer der Video Buster Entertainment Group hinter Kirchberg Logistik stehen, sind seit bald einem Jahr als selbsternannte Jugendschützer im Internet aktiv. Sie betreiben die Pornoseite Sexyfilms.de und bemühen sich nach eigenen Angaben dabei um die Einhaltung der hohen Jugendschutzauflagen hierzulande. Sich im Ausland breitmachende Wettbewerber ohne entsprechende Zugangshürden sind ihnen so ein Dorn im Auge.

Im vergangenen Sommer schickten sie über ihre Vertriebsfirma daher Aufforderungen zur Sperrung etwa von YouPorn oder Privatamateure.com an zahlreiche deutsche Zugangsanbieter. Allein Arcor testete in Folge freiwillig eine Sperre auf Basis der IP-Adresse, hob diese aufgrund großer Kollateralschäden aber rasch wieder auf. Kirchberg Logistik konnte daraufhin zwar noch eine einstweilige Sperrungsverfügung gegen den Eschborner Provider erreichen. Danach blitzten die Hannoveraner aber in Kiel, Düsseldorf und zuletzt Frankfurt vor Gericht mit ihrem Begehr ab, da dortige Kammern eine Haftbarkeit der Provider für die übermittelten Inhalte ablehnten.

Bei TimTube fanden die Anwälte von Kirchberg Logistik von der Hannoveraner Kanzlei Brinkmann.Weinkauf nun einen neuen Ansatz. Die Domains der Site hatte der Registrar PSI-USA angemeldet. Auf der Informationspage über die Firma ist nun trotz des Sitzes in Las Vegas wider Erwarten mit Thomas Mörz ein Deutscher als Ansprechpartner sowie eine Regensburger Adresse angegeben. Beide finden sich auch im Impressum des deutschen Domain-Anbieters InterNetX wieder, sodass die Juristen von einer hierzulande ladungsfähigen Anschrift ausgehen konnten. Auch die Zustellbarkeit einer eventuell persönlich gegen Mörz ergehenden einstweiligen Verfügung stehe außer Zweifel, schreiben sie in ihrem heise online vorliegenden Brief an den Chef der beiden Domain-Firmen vom 25. April 2008.

Darin wird Mörz weiter darauf hingewiesen, dass TimTube "in erheblichem Ausmaß Urheberrechte und deutsches Jugendschutzrecht durch Verbreitung pornografischer Schriften ohne Altersverifikationssystem" verletze. Das Portal werde auch von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) auf dem Index geführt. Es handle sich dabei ferner um eine der "meistbesuchten Webseiten in Deutschland", die an Rang 392 der Internetverkehrsmesser von Alexa stehe. Dass es sich um ein auf Deutschland ausgerichtetes und von hier aus betriebenes Angebot handele, sei auch an der deutschen Sprache im Kernbereich, der bei der Registrierung angegebenen, aber unvollständigen Telefonnummer mit deutschem Ländercode sowie an der Wahl zweier deutscher Registrare erkennbar. Der Betreiber lege es ferner auf vorsätzliche Rechtsverstöße an, da er auch bei der Namensangabe falsche Angaben (Vorname: Hostmaster, Nachname: Of the Day) gemacht habe.

Mit Kenntnisnahme des Schreibens, betonen die Anwälte, seien der Registrar und dessen vertretungsberechtigte Organe persönlich als Mitstörer für diese Rechtsverstöße mitverantwortlich. Zugleich wurde Mörz aufgefordert, die Registrierung der drei inkriminierten Domains "unverzüglich zu sperren" und "die Erreichbarkeit dieser Websites über ihren Name-Server unverzüglich zu beseitigen". Darüber hinaus pocht die Mandantschaft auch auf der Sperrung des Transfers der Domain und eine rechtsverbindliche Bestätigung mit einer Frist, die am Dienstag vor einer Woche auslief. Sonst würden Unterlassungsansprüche gerichtlich geltend machen.

Gesondert wiesen die Juristen von Kirchberg Logistik noch darauf hin, dass Mörz auch durch die Mitwirkung an einer Übertragung der Domain oder der Webseite auf einen anderen Registrar oder Internetprovider für die Fortsetzung von Jugendschutzrechtsverstößen verantwortlich gemacht werden könne. Seit dem 23. April unterliegt timtube.com tatsächlich auch einer zunächst bis Ende 2009 laufenden Transfersperre.

Tobias Huch, der seit Längerem für eine Lockerung der strengen Jugendschutzbestimmungen hierzulande kämpft, warnt angesichts des Vorfalls vor einer "neuen Zensurwelle". Grebenstein und der Kirchberg Logistik, die sich selbst bereits etwa eine einstweilige Verfügung wegen des ungeschützten Verbreitens von Pornographie im Netz an Minderjährige eingefangen hätten, gehe es nicht um Jugendschutz, moniert der Geschäftsführer der im Porno-Bereich aktiven Mainzer Firma Resisto IT. Vielmehr sähen die Hannoveraner ihren alten Markt der Offline-Videotheken wegschwimmen, sodass sie "gegen die Zukunft" kämpfen würden.

([Update):
Der Erfolg von Kirchberg Logistik war von kurzer Dauer: Mörz hat inzwischen einem Transfer der Domain stattgegeben, da sich unter den einschlägigen TimTube-Adressen zwischenzeitlich nur Forenbeiträge befunden hätten. Die Domain ist derzeit bei Network Solutions registriert, die Seite bietet inzwischen wieder ohne Alterskontrolle ein umfangreiches Porno-Arsenal an.

Siehe dazu auch:

(Stefan Krempl) / (jk)