Kirigami-Greifer für Roboter und Prothesen: Stark, sanft, geschickt und präzise

Ein auf Kirigami-Technik aufbauender Greifer wiegt nur 0,4 Gramm, kann aber Gewichte bis zu 6,4 kg anheben und auch mit empfindlichen Gegenständen umgehen.

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(Bild: NCSU)

Lesezeit: 3 Min.

Ein Forschungsteam der North Carolina State University (NCSU) hat einen Robotergreifer auf Basis der asiatischen Faltkunst Kirigami entwickelt, der gegensätzliche Eigenschaften wie Stärke und vorsichtigen Umgang mit empfindlichen Gegenständen vereint. So kann er Gewichte bis zu 6,4 kg anheben, einen einzelnen Wassertropfen sanft aufnehmen, Tücher geschickt zusammenfalten und Mikrofilme greifen, die 20-mal dünner sind als ein menschliches Haar.

Es sei immer ein Kompromiss nötig, um einen Robotergreifer zu entwickeln, der stark ist, zugleich aber auch mit empfindlichen Objekten umgehen kann, schreiben die Forscher in dem in Nature Communications veröffentlichten wissenschaftlichen Paper "Angle-programmed tendril-like trajectories enable a multifunctional gripper with ultradelicacy, ultrastrength, and ultraprecision". Das Design des neu entwickelten Roboters schaffe diesen Spagat.

Dazu haben die Forschenden ihren neuen Greifer an früheren Generationen flexibler Robotergreifer angelehnt aufgebaut, die auf der Falttechnik Kirigami basieren. Neu an ihm ist, dass die Struktur angepasst wurde und der Roboterarm beim Annähern an ein Objekt eine andere Bahn einschlägt, bevor er nach dem Gegenstand greift.

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Der Kirigami-Greifer der NCSU wiegt lediglich 0,4 Gramm, kann jedoch eine Nutzlast von 6,4 kg tragen, ein Verhältnis zwischen Gewicht und Nutzlast von 1:16.000. Der bisherige Rekord liege bei 1:6400, sagt Jie Yin, Professor für Maschinenbau und Luft- und Raumfahrttechnik an der NCSU. Ihr Greifer habe diesen Rekord um das 2,5-Fache überboten.

Dadurch, dass der Greifer in der Lage ist, auch sanft und präzise mit Gegenständen umzugehen, sei er für eine breite Palette an Einsatzmöglichkeiten geeignet. Darunter fällt etwa der Umgang mit Lebensmitteln oder biomedizinischen Materialien. Ein besonders interessantes Anwendungsgebiet sei die Verwendung in myoelektrischen Handprothesen, also solchen, die über Muskelaktivität gesteuert werden. Der Kirigami-Greifer kann Aufgaben übernehmen, die herkömmliche Greifer nicht erfüllen können, wie etwa das Schließen bestimmter Reißverschlüsse oder das Aufnehmen von Münzen.

Allerdings räumen die Wissenschaftler ein, dass der Greifer nicht für alle Aufgaben, die eine Handprothese erledigen soll, geeignet sei. Er könne die Funktionen anderen Handprothesen allerdings ergänzen. Dazu können die vorhandenen Motoren einer solchen Prothese genutzt werden.

Dass das funktioniert, haben die Forschenden bereits nachgewiesen. Sie verbanden den Kirigami-Greifer mit einer myoelektrischen Handprothese. Damit konnten Buchseiten umgeblättert und Weintrauben gepflückt werden. Der Greifer ist also sanft, geschickt, präzise und stark zugleich.

Die Wissenschaftler der NCSU suchen nun Industriepartner, um die Technik in der Praxis in industriellen Anwendungen einsetzen zu können.

(olb)