Klage gegen Domain-Monopoly bei .biz

Die Vergabe der neuen Top Level Domain .biz sei eine illegale Lotterie und daher wettbewerbswidrig und nach kalifornischem Gesetz strafbar.

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Von
  • Monika Ermert

Die Vergabe der neuen Top Level Domain .biz sei eine illegale Lotterie und daher wettbewerbswidrig und nach kalifornischem Gesetz strafbar: Diesen Vorwurf haben zwei US-Unternehmen Anfang August vor dem Superior Court in Los Angeles erhoben. Auf der Anklagebank sitzen nicht nur .biz-Anbieter NeuLevel und jedes einzelne Registrierunternehmen, sondern auch die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). Sie habe das Lotterieverfahren der Anbieter zugelassen, so der Vorwurf der Kläger.

In der laufenden Startup-Phase der .biz-Registry verkaufen NeuLevel und die Registrare, unter ihnen auch deutsche und europäische Anbieter, nichts anderes als "eine Gewinnchance für die Registrierung", heißt es in der 26-seitigen Klageschrift. Sogar die Anbieter selbst bezeichneten das Vergabeverfahren als Lotterie: "Sie kaufen ein Ticket für die Chance, einen Preis zu gewinnen – in diesem Fall einen Domainnamen. Möglicherweise haben schon eine Menge anderer Leute bereits ein Ticket für dieselbe Domain gekauft, aber nur einer kann der Gewinner sein. Durch eine Zufallsauswahl wird der Gewinner für eine bestimmte Domain ermittelt." Aus Sicht der Registrarunternehmen ist es daher nur konsequent, keine Garantie dafür zu übernehmen, dass ihre Kunden den Zuschlag erhalten. NeuLevel wirbt bereits jetzt mit dem freilich recht unspezifischen Hinweis, dass es bereits "Millionen" von Vorregistrierungen gibt.

Wie viele Kunden bereits für einen bestimmten Namen ein Angebot abgegeben haben, können die Bieter nicht erfahren, beschweren sich die Kläger David Scott Smiley und Skyspraper Productions. Sie können ihre Chancen allenfalls dadurch verbessern, dass sie mehr "Lose" kaufen. Für sie und ihre Anwälte verletzt daher das ganze Verfahren die Paragraphen 319 bis 329 des kalifornische Strafgesetzbuchs (California Penal Code). Eine rein materielle Entschädigung bezeichnen die Kläger als unzureichend, zumal Domains als einzigartiger Besitz extrem wertvoll für die Nutzer sein könnte. Für 30 Millionen US-Dollar steht beispielsweise america.com zum Verkauf.

Sollte die Klage Erfolg haben, müssten sich die ICANN und auch künftige Registry-Anbieter die Frage stellen, wie sie die Startphase einer neuen Top Level Domain gestalten. Der in der Klage angesprochene Kauf nach Höchstgebot jedenfalls dürfte kaum zur Verteilungsgerechtigkeit beitragen. Das Verteilungsverfahren von .info-Domains ist bislang noch ungeschoren davon gekommen. Es unterscheidet sich vom .biz-Verfahren dadurch, dass nicht einfach alle bei den Registraren gebuchten Domains in eine Trommel geworfen werden, sondern nacheinander aus den Lostrommeln der beteiligten Registrare gezogen wird. Gerechter nennt Siegfried Langenbach, Chef des deutschen Registrars CSL/Joker.com, das System des .info-Anbieters Afilias. Doch auch hier können Registrierwillige ihre Chancen durch Mehrfachanmeldungen – auch bei verschiedenen Anbietern – erhöhen.

Langenbachs Unternehmen wird in der in Sachen .biz angestrengten US-Sammelklage ebenfalls als Beklagter aufgeführt. Dazu meint der Düsseldorfer: "Ich habe in Stockholm bereits darauf hingewiesen, dass das Zuteilungsverfahren von .biz nicht gerecht ist, aber ich wollte meine Kunden die Domain schließlich auch anbieten." Für ihn habe es vor allem in der Verantwortung von ICANN gelegen, solche Probleme zu verhindern. Noch hat er selbst die Klage allerdings auch nicht zugestellt bekommen. Einzige Post aus den USA: Werbeunterlagen kalifornischer Anwälte, die ihn gerne vertreten wollen.

Allerdings ist auch nach dem Paragraphen 284 des deutschen Strafgesetzbuchs öffentliche Glückspiele illegal und können mit Gefängnisstrafen von bis zu zwei Jahren bestraft werden. Wer sogar gewerbsmäßig oder als "Mitglied einer Bande" so etwas dauerhaft veranstaltet, macht sich übrigens ebenso strafbar wie jemand, der nur daran teilnimmt. Sierk Hamann, Richter und Mitglied von Freedom for Links, hält die "Lotteriefrage" zwar für überprüfenswert, etwa aus Sicht von Wettbewerbern von NeuLevel. Klagen gegen das Domainmonopoly hierzulande seien allerdings doch eher unwahrscheinlich. (Monika Ermert) / (jk)