Luftwaffen-Forscher: Unbemannte Systeme sind keineswegs unbemannt

250 Mann braucht die US Air Force, um vier fliegende Drohnen in den Kampf zu schicken. Der Mensch sei auch bei "unbemannten" Systemen der wichtigste Teil der Gleichung, sagt Wissenschaftler Jim Overholt.

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Die Bedeutung des Menschen in unbemannten Systemen unterstrich der Wissenschaftler Jim Overholt von der Forschungsabteilung der US Air Force am Montag in Orlando, Florida. Er hielt dort einen der Vorträge auf der Konferenz der Unmanned Systems 2014. Der normale, nicht kampforientierte Einsatz fliegender Drohnen erfordere in der Regel unmittelbar vier Personen: einen Piloten, eine Person, die Sensordaten auswertet, einen Kommandanten und meist noch jemanden, dessen Funktion vom Einsatzszenario abhängt. Eigentlich sind aber im Schnitt 73 Personen erforderlich.

Abzeichen des Air Force Research Laboratory

(Bild: US Air Force )

Denn damit der Einsatz möglich und sinnvoll ist, braucht es eine Befehlskette, Personen, die Informationen sammeln, andere, die sie auswerten und wieder andere, die sie weiterverbreiten. Zudem wollen die Flugdrohnen gewartet werden. Bei längeren Einsätzen muss in Schichten gearbeitet werden, was die Zahl des erforderlichen Personals vervielfacht.

Und wenn es zur Sache geht: "In einem Kampfeinsatz brauchen wir 250 Personen, um vier Drohnen zu fliegen", stellte Overholt fest. Daher ist das Air Force Research Laboratory (AFRL) besonders daran interessiert, den Einsatz von Menschen effizienter zu machen. Der Weg dorthin soll über bessere Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine gehen. 35 bis 40 Prozent des gesamten AFRL-Jahresbudgets von 2,4 Milliarden US-Dollar fließt in diesen Bereich.

Zielvorstellung ist die nahtlose Integration intelligenter Maschinen mit Menschen. "Wir möchten echte gemeinsame Entscheidungsfindung sehen zwischen intelligenten Maschinen, wie immer sie in der Zukunft sein mögen, und Menschen", erklärte Overholt. Er hat dafür drei Voraussetzungen ausgemacht: Vertrauen zwischen Mensch und Maschine, gegenseitiges Verstehen und gemeinsames Erfassen der Situation sowie Rahmenbedingungen, die flexible Entscheidungsfindung ermöglichen.

Ein Teil des Puzzles ist das semantische Erfassen menschlicher Sprache. 65.000 Wörter verstehen die Air-Force-Systeme inzwischen. Verbessert werden müssen auch die Schnittstellen für Benutzer. Und der Datenfluss muss vom derzeit einseitigen Maschine-zu-Mensch in eine bidirektionale erweitert werden. "Pull actionable information off the human", nennt Overholt das – nützliche Daten vom Menschen ziehen.

Denn zum gegenseitigen Verstehen gehört, dass das Computersystem erkennt, in welcher Lage sich die menschlichen Akteure befinden. Parameter können beispielsweise Sauerstoffgehalt im Blut, Stimmlage, EEG-Daten, Augenbewegungen beziehungsweise Leitfähigkeit der Haut sein. Im Einsatz werden bereits einzelne Körpersensoren verwendet, während im Luftwaffenlabor noch mehr Daten erhoben werden.

Dazu kommen subjektive Informationen über Usability, Vertrauen, und den Grad, zu dem Mensch oder Maschine die gegebene Lage erfassen. Natürlich wird auch der Erfolgsgrad jeder Übung verzeichnet. Daraus ergeben sich Basiswerte über die Leistung des Mensch-Maschine-Teams. Diese Werte sind bei Vergleichen dienlich.

Werden der Air Force neue Geräte oder Software angeboten, sollen sie Testläufen mit echten Soldaten unterzogen werden. So sollen die Anbieter beweisen, dass ihre Werbeversprechen stimmen und die neuen Systeme auch in der Praxis besser sind. "Denn der Mensch ist der wichtigste Teil der Gleichung", sagte Overholt. (anw)