Neue Vorwürfe in Siemens-Schmiergeldaffäre

Gegen Ex-Siemens-Chef Heinrich von Pierer wurden neue Vorwürfe in der Schmiergeldaffäre erhoben. Auch andere frühere Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sind im Visier der Staatsanwälte. Siemens prüft einen Beratervertrag mit Ex-Vorstand Uriel Sharef.

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  • dpa

Im Zuge der Schmiergeldaffäre sieht sich der frühere Siemens-Chef Heinrich von Pierer erneut mit Vorwürfen konfrontiert. Am vergangenen Freitag habe ein weiterer Manager des früheren Siemens-IT-Dienstleisters SBS ein fragliches Argentinien-Geschäft des Konzerns in den 1990er Jahren bestätigt, berichtet das Nachrichtenmagazin Focus ohne Angabe von Quellen. Dabei seien zehn Millionen Dollar Schmiergeld geflossen. Der Siemens-Zentralvorstand und damit auch Pierer sei in die Zahlungen eingebunden gewesen. Weder Oberstaatsanwalt Anton Winkler noch ein Sprecher von Siemens wollten den Bericht am Samstag auf Anfrage kommentieren.

Im gleichen Zusammenhang war Pierer laut früheren Medienberichten bereits von zwei anderen Managern belastet worden. Der Vorwurf lautete, der frühere Vorstandschef habe Angestellte des Konzerns zu Schmiergeldzahlungen aufgefordert. Pierer weist die Anschuldigungen zurück. Gegen Pierer ermittelt die Staatsanwaltschaft München mittlerweile wegen des Verdachts auf Verletzung der Aufsichtspflicht. Dabei handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu einer Million Euro geahndet werden kann. Auch andere frühere Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sind in diesem Zusammenhang im Visier der Staatsanwälte.

Im Zuge der Schmiergeldaffäre nimmt der Siemens-Konzern auch einen Beratervertrag mit Ex-Vorstand Uriel Sharef unter die Lupe. "Der Beratervertrag mit Herrn Sharef ist in Überprüfung", sagte der Konzernsprecher am Samstag und bestätigte damit einen Bericht der WirtschaftsWoche. Wie lange die Überprüfung dauere, sei noch unklar. Das Magazin hatte berichtet, Anlass seien die Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft gegen die Energieübertragungssparte PTD und den früher dafür zuständigen Manager Sharef. Sharef war Ende 2007 beim Umbau des Vorstands aus dem Unternehmen ausgeschieden und hatte einen Beratervertrag erhalten.

Zu einem Treffen zahlreicher früherer und amtierender Siemens-Vorstände kommt es einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel in dem am 26. Mai beginnenden ersten Prozess in der Schmiergeldaffäre. Neben dem amtierenden Finanzvorstand Joe Kaeser sollten auch die ehemaligen Siemens-Top-Manager Heinz-Joachim Neubürger, Volker Jung und Thomas Ganswindt im Prozess gegen den langjährigen Siemens-Direktor Reinhard S. vor der 5. Strafkammer des Münchner Landgerichts aussagen, schreibt das Magazin.

Pierer stehe am 20. Juni ebenfalls vor Gericht allerdings nur als Zeuge. Die Staatsanwaltschaft wirft Reinhard S. Untreue in 58 Fällen vor. Er soll zwischen 2001 und 2004 die schwarzen Kassen in der Siemens-Kommunikationssparte organisiert haben, über die Schmiergelder von mindestens 200 Millionen Euro an Entscheidungsträger in aller Welt geflossen sein sollen.

Als Erster der ehemaligen Siemens-Führung muss laut Der Spiegel Ex-Zentralvorstand Thomas Ganswindt am 12. Juni in den Zeugenstand. Ganswindt, der in der Affäre selbst Beschuldigter ist, war zwischen 2004 und 2006 für die Com-Sparte des Konzerns zuständig. Die inzwischen ebenfalls beschuldigten früheren Siemens-Bosse Heinz-Joachim Neubürger (Finanzen) und Volker Jung (Telekommunikation) sollten am 16. beziehungsweise 18. Juni vernommen werden. (dpa) / ()