Niedersächsisches Polizeigesetz: Mangelnde technische Möglichkeiten kritisiert

Das neue Polizeigesetz sollte Fahndern im Kampf gegen Terror und schwere Kriminalität mehr Kompetenzen geben. Polizei und Justiz aber sind nicht zufrieden.

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Niedersächsisches Polizeigesetz – bleibt mitunter stumpfes Schwert

(Bild: pixinoo / Shutterstock.com)

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Von
  • dpa

Oft blicken die Fahnder weiter in die Röhre: Obwohl das vor einem Jahr nach langem Tauziehen beschlossene neue niedersächsische Polizeigesetz den Ermittlern mehr Kompetenzen einräumt, beklagen Polizei und Justiz in der Praxis weiterhin Mängel. So sei die Online-Durchsuchung nun zwar gesetzlich zulässig, den Fahndern fehlten aber weiter die technischen Möglichkeiten dazu sowie zum Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation. Und bei der Telekommunikationsüberwachung darf die Polizei mehr als früher, scheitert nach eigenen Angaben aber an der Mithilfe von Anbietern.

Kritik kommt von der Generalstaatsanwaltschaft Celle mit ihren Zentralstellen für organisierte Kriminalität und Korruption sowie für Terrorismusbekämpfung. Defizite bei der praktischen Umsetzung der Gesetzesregelungen gebe es bei Online-Durchsuchungen, beklagt die Behörde. Diese und weitere verdeckte Ermittlungsmaßnahmen seien ein unverzichtbares Instrumentarium zur effektiven Bekämpfung konspirativ handelnder Tätergruppen und zum Aufklären besonders schwerer Straftaten wie Terrorismus, Drogenkriminalität, Waffen- und Menschenhandel sowie Kinderpornografie. "Unser Ruf nach funktionsfähigen Online-Infiltrationsmöglichkeiten durch eine Erleichterung ihres Einsatzes besteht daher fort", sagt ein Sprecher.

Für eine effektive Strafverfolgung benötigten die Behörden an die technische Entwicklung angepasste Regelungen, die einen Zugriff auf eine verschlüsselte anonymisierte Kommunikation erlaubten, betonte die Generalstaatsanwaltschaft. "Dies ist kein Ruf nach einem Mehr an Eingriffsmöglichkeiten, sondern lediglich der Appell an die politisch Verantwortlichen, es den Strafverfolgungsbehörden zu ermöglichen, auch künftig die bereits heute gegebenen gesetzlichen Ermittlungsmethoden so einsetzen zu können, dass eine wirksame Strafverfolgung noch möglich ist", erläutert der Sprecher. Konkret heißt das, dass die Fahnder Chats mitlesen oder Telefonate abhören können wollen, wenn dies im Verdachtsfall nötig ist.

Das Landeskriminalamt pocht weiter auf eine Verpflichtung von Telekommunikationsanbietern zum unverschlüsselten Übermitteln von Inhalten, außerdem müssten Standortinformationen von Handynutzern durchgängig verfügbar sein. Provider müssten zudem zur Mitwirkung bei polizeilichen Maßnahmen verpflichtet werden, erneuerte das LKA eine bereits vor Monaten erhobene Forderung. Der Zweck sei, dass die Polizei schwerwiegenden Gefahren begegnen könne – etwa der Vorbereitung eines Terroranschlags – und schwerste Straftaten verfolgen könne.

Die strittigste Maßnahme des neuen Gesetzes, die erweiterte Präventivhaft für Gefährder, kam derweil erst einmal zur Anwendung. Vor knapp einem Jahr drohte ein Gewalttäter damit, sich in die Luft sprengen. Bis sich die Lage geklärt und beruhigt hatte, kam der Mann aus Osnabrück für 14 Tage hinter Gitter. Statt der ursprünglich geplanten 74 Tage wurde im Gesetz am Ende eine Präventivhaft von maximal 35 Tagen verankert.

Wohl über kaum ein Gesetz war in Niedersachsen so lange und kontrovers diskutiert worden wie über das Polizeigesetz, das Gegner sogar zu Demonstrationen auf die Straße trieb. Der Anlass war, dass vom Bund verschärfte Maßnahmen im Anti-Terrorkampf in Landesrecht überführt werden mussten, auch andere Bundesländer passten ihre Polizeigesetze an oder stecken noch in der Diskussion darüber. Auf eine rechtliche Grundlage gestellt wurden mit dem neuen Gesetz in Niedersachsen etwa der Einsatz von Körperkameras für Streifenbeamte oder das Streckenradar – und schon vor Auftreten einer Gefahr kann die Polizei nun zu einer elektronischen Fußfessel greifen.

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