Podcast-Stars und andere Influencer wegen Aktienbetrugs angeklagt

Mit 1000% Profit pro Jahr zum Multimillionär: Dahinter steckt Anlagebetrug mittels Podcast und Social Media, sagen US-Behörden. Es geht um 114 Millionen Dollar.

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US-Dollarscheine

(Bild: Virrage Images/Shutterstock.com)

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Inhaltsverzeichnis

Eine Anklage und eine Klage gegen die Betreiber des größten US-Börsen-Podcasts und weitere Influencer sorgen für Aufsehen: Seit Anfang 2020 sollen die acht jungen Männer Aktien beworben haben, nur um sie teurer verkaufen zu können. Die als "Pump and Dump" bekannte Betrugsform ist nicht neu, soll hier aber mit Millionen Followern eines Podcasts, diverser Twitter-Konten und Discord-Kanälen neue Ausmaße erreicht haben.

Das geht aus einer Anklage der US-Bundesstaatsanwaltschaft sowie einer Klage der US-Kapitalmarktbehörde SEC (Securities Exchange Commission) hervor. Die Anklage fordert zusätzlich zu strafrechtlichen Verurteilungen 114 Millionen US-Dollar – der laut Anklage Mindestbetrag der ungerechtfertigten Bereicherung.

Der inkriminierte Podcast hat bislang 225 Folgen und ist nach eigenen Angaben der größte Börsenpodcast oder überhaupt der größte Wirtschaftspodcast. Produziert wurde die Serie von Iheartmedia (ehemals Clear Channel Communications), einem großen US-Medienkonzern, der selbst börsennotiert ist. Laut SEC-Klageschrift hat das Angebot bislang mehr als 2,3 Millionen Downloads verzeichnet. Die Hauptakteure, Mitchell Hennessey und Daniel Knight, wurden zu Stars, insbesondere bei der Generation Z in den USA, aber auch in Zeitungen und Zeitschriften.

Die Agentur United Talents (UTA) vermittelte Hennessey und Knight für Auftritte und Reden, hat die entsprechende Webpage aber inzwischen gelöscht. Weitere Einnahmen haben die Betreiber aus dem Verkauf von Podcast-Devotionalien wie T-Shirts und Kappen. Die meisten der übrigen sechs Beklagten waren das eine oder andere Mal in einer Podcast-Folge zu Gast. Iheartmedia und United Talent waren für heise online nicht erreichbar. Eine Anfrage um Stellungnahme an die Podcast-Moderatoren ist bislang unbeantwortet.

Zwar verbreiteten die Beklagten Disclaimer, wonach ihre Äußerungen nicht als Empfehlung für bestimmte Anlageentscheidungen zu werten seien. Die tatsächlichen Äußerungen waren jedoch ausdrücklich dazu angetan. Die Männer versprachen folgsamen Followern schnellen Reichtum und äußerten sich pejorativ über jene, die ihr Geld nicht, wie vorgeschlagen, aufs Spiel setzten.

Laut den Vorwürfen gingen die Täter intern koordiniert vor. Der Betrug hat demnach so funktioniert: Zunächst kauften sie Aktien einer Firma mit geringer Börsenkapitalisierung (Small Caps), dann bewarben sie diese Wertpapiere in Podcasts, zwei Discord-Foren, Tweets und privaten Nachrichten an Opfer. Durch die Behauptung, Informationen über Wertpapierhandel und -märkte zu bieten, lockten die Männer vor allem Börsenneulinge an.

Typischerweise sollen die Beklagten Kursziele angegeben, wichtige Neuigkeiten des Unternehmens in Aussicht gestellt und/oder behauptet haben, sie würden die Aktien kaufen und halten wollen. Bisweilen sollen sie auch Angaben über die Firmen erlogen haben. Sobald die Follower begannen, die Aktie zu kaufen, stieg deren Kurs. Dann konnten die Beklagten ihre Bestände mit erheblichen Gewinnen abstoßen. Das führte in der Regel zu einem Rückfall des Aktienkurses. Zur Verschleierung sollen die Beklagten in der Folge Postings gelöscht und ihre Follower über die wahren Gründe des Kursverfalls belogen haben.

Ihre Verkäufe und die Koordination mit Komplizen legten sie nicht offen. Manchmal haben sie laut Anklage eigene Verluste vorgetäuscht, um sich Vertrauen ihrer Follower zu erschleichen. Außerdem prahlten sie mit ihrem eigenen Reichtum und angeblichen Gewinnen Dritter, die ihren Vorschlägen gefolgt sein sollen. Gleichzeitig sollen sie sich in privaten Chats über ihre Opfer lustig gemacht haben.

Die sieben Hauptangeklagten sind

  • Mitchell Hennessey, 237.000 Twitter-Follower, Co-Moderator des Podcasts; hat nach eigenen Angaben vier Jahre lang jährlich mehr als 1.000 Prozent Profit gemacht
  • Edward C., 551.000 Twitter-Follower, Mitgründer eines Aktienhandelsforums auf Discord namens Atlas Trading mit über 150.000 Teilnehmern
  • Perry M., 340.000 Twitter-Follower, bezeichnet sich als -"CEO" und -Mitgründer von Atlas-Trading
  • Thomas C., 129.000 Twitter-Follower und Tausende in einer Art Reality-Video-Channel auf YouTube, gemeinsam mit Gary D.
  • Gary D., 144.000 Twitter-Follower und Tausende in einer Art Reality-Video-Channel auf YouTube, gemeinsam mit Thomas C.
  • Stefan H., 150.000 Twitter-Follower
  • John R., 267.000 Twitter-Follower, Gründer eines Aktienhandelsforums auf Discord namens Sapphire Trading mit an die 60.000 Teilnehmern

Ebenfalls angeklagt ist Daniel Knight, der 171.000 Twitter-Follower hatte und Co-Moderator des Podcasts ist. Die Hauptangeklagten müssen sich für elf Fälle des strafrechtlichen Wertpapierbetrugs (zwölf für Edward C.) und jeweils zwei zivilrechtliche Vorwürfe des Wertpapierbetrugs verantworten. Auf Knight entfällt ein Anklagepunkt wegen Wertpapierbetrugs sowie zwei zivilrechtliche Vorwürfe der Hilfestellung.

Die Behörden veröffentlichen in ihren Gerichtseingaben Auszüge aufgenommener Discord-Audiokonferenzen der Beklagten. "Erwischt werden? … Wir rauben scheiß Idioten ihr Geld", soll beispielsweise Daniel Knight am 1. März 2021 gesagt haben. Einige Tage davor soll er in einem weiteren aufgenommenen Gespräch zugegeben haben, dass die anderen die Kurse manipulieren, wofür Gefängnis drohe – ihm selbst werde das nicht passieren, weil er smart sei.

Im Podcast betätigt er sich vorwiegend als Fragesteller, auf Twitter empfahl er nur selten Wertpapiere. Er soll aber von den Manipulationen gewusst und selbst durch Aktienhandel von den Kursschwankungen profitiert haben. Teilweise mussten die Opfer hilflos zusehen, wie ihre "Investitionen" im Sekundentakt an Marktwert einbüßten, weil sie auf Kredit gehandelt hatten und keine Order mehr erteilen durften. US-Anlegerschutzbestimmungen schränken Zahl und Umfang von Handelsaufträgen ein, wenn Kleinanleger auf Kredit daytraden.

Die SEC beantragt ein Geschworenenverfahren und fordert Unterlassungsverfügungen, Gewinnabschöpfung plus Zinsen sowie zivilrechtliche Geldstrafen für alle Beklagten. Das Zivilverfahren heißt SEC v Edward Constantin et al und ist am US-Bundesbezirksgericht für Südtexas unter dem Az. 4:22-cv-04306 anhängig. Das Strafverfahren heißt USA v Constantinescu et al und ist am US-Bundesbezirksgericht für Südtexas unter dem Az. 4:22-cr-00612 anhängig.

(ds)