Reding bekräftigt Forderung nach Reform der Netzverwaltung

EU-Kommissarin Viviane Reding hat in Prag ihren Vorschlag bekräftigt, das Ende September auslaufende Joint Project Agreement zwischen der US-Regierung und der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers nicht zu verlängern.

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Von
  • Wolfgang Kleinwächter

EU-Kommissarin Vivian Reding hat am Rande der EU-Konferenz zur Zukunft des Internets in Prag ihren Vorschlag bekräftigt, das am 30. September 2009 auslaufende Joint Project Agreement (JPA) zwischen der US-Regierung und der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) nicht zu verlängern, sondern die Internetverwaltung in die volle Unabhängigkeit zu entlassen. Nach mehr als zehn Jahren sei sie eine stabile private Organisation, die ausreichend interne Aufsichtsmechanismen entwickelt und sich das Vertrauen der weltweiten Internet-Gemeinde erworben habe.

Die bislang einseitige externe Aufsichtsrolle der USA über ICANN sollte zukünftig durch ein G 12 genanntes zwischenstaatliches Gremium übernommen werden, meint Reding. Diesem sollten elf Regierungen angehören – je zwei aus Europa, Nord- und Südamerika und Afrika sowie drei aus der asiatisch-pazifischen Region. Als zwölftes, nicht stimmberechtigtes Mitglied sollte dort ICANNs CEO mitarbeiten.

Nach Redings Ansicht würde die G 12 eine informelle Diskussionsplattform sein, die sich auch mit generellen Fragen wie Meinungsäußerungsfreiheit, Schutz der Privatsphäre oder Cybersicherheit beschäftigt. Das Gremium würde sich nicht in ICANNs Alltagsgeschäft einmischen, aber Empfehlungen zu politischen, gesellschaftlichen oder rechtlichen Fragen geben.

Reding äußerte sich nicht dazu, wie die elf Regierungen ausgewählt werden könnten und wie das Abstimmungsverfahren aussehen sollte. Es blieb auch unklar, welche rechtliche Konsequenzen eine G-12-Empfehlung für das ICANN-Direktorium haben würde und in welchem Verhältnis die G 12 zu ICANNs beratenden Regierungsausschuss (GAC) oder zum Internet Governance Forum (IGF) stehen könnte. Konkreter wurde Reding bei ihrem dritten Vorschlag, ein externes Streitschlichtungsgremeium für Konflikte mit ICANN zu schaffen. Als eine mögliche Plattform könnte das in Prag ansässige Arbitration Center dienen, das von EURID zur Lösung von Streitigkeiten um Domainnamen der .eu-Domain genutzt wird. Das Zentrum ist auch ein von ICANN anerkannter UDRP Service Provider.

Gegenüber heise online zeigte sich Reding erfreut über das Feedback, das sie bislang als Reaktion auf ihre Initiative erhalten habe. Ihr Vorschlag sei aber kein Diktat, sondern sollte zu Diskussionen und zu kreativen Vorschlägen zur Zukunft von Internet Governance anregen. Vorige Woche wurden am Rande eines Brüsseler Hearings Zweifel daran geäußert, ob es möglich sei, in kurzer Zeit ein neues informelles zwischenstaatliches Gremium zu schaffen, dem möglicherweise neben der USA und der EU auch die Regierungen Chinas, Russlands, Indiens, Brasiliens und Südafrikas angehören sollten. Eine Alternative wäre, die Rolle des GAC im ICANN-Kontext neu zu definieren. (Wolfgang Kleinwächter) / (anw)