Richter: Versteigerung im Web ist keine Auktion

Bei Versteigerungen im Internet kommt kein gültiger Kaufvertrag zustande. Das hat heute das Landgericht Münster in einem Grundsatzurteil festgestellt.

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Von
  • Maria Benning

Bei Versteigerungen im Internet kommt kein gültiger Kaufvertrag zustande. Das hat heute die 4. Zivilkammer des Landgerichts Münster in einem Grundsatzurteil festgestellt.

Geklagt hatte ein Mann aus Hessen, der im Juli 1999 auf einer Autoversteigerung beim Netz-Auktionshaus Ricardo.de einen Wagen ersteigert hatte. Nach der Versteigerung wollte der Anbieter nicht ausliefern, weil ihm der Preis von 23 000 Mark für einen Neuwagen vom Typ VW Passat Variant zu gering erschien. Das Auto sei mehr als doppelt so viel wert, führte er an. Der Käufer argumentierte mit den Geschäftsbedingungen von Internet-Auktionen und klagte auf Auslieferung des Wagens.

Der Münsteraner Richter Wolfgang Hagemeister entschied den Streitfall zugunsten des Verkäufers. Da der Wagenhändler dem Auktionshaus keine rechtlich gültige Vollmacht erteilt habe, sei ein Angebot im Internet nur als "Aufforderung zur Abgabe von Kaufangeboten" und nicht als Verkaufsverpflichtung im rechtlichen Sinne aufzufassen. Um einen rechtsgültigen Kaufvertrag abzuschließen, hätte der Verkäufer das Höchstgebot noch einmal ausdrücklich akzeptieren müssen, führte der Richter weiter aus. Da es dazu aber nicht gekommen sei, gebe es keine bindende Vereinbarung zwischen dem Anbieter und dem Kläger. Der Autohändler darf seinen Wagen nun anderweitig verkaufen, und der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Im Verlauf der Verhandlung äußerte sich der Richter mehrfach grundsätzlich zur Rechtsstellung von Online-Auktionen. Diese seien nicht gleichzusetzen mit traditionellen Auktionen. So gebe es im Netz keinen "Zuschlag", sondern nur eine zeitliche Frist. "Das Zeitlimit bei Online-Auktionen erinnert eher an ein Glücksspiel als an seriöse Verkaufshandlungen", sagte Hagemeister in der Urteilsbegründung. "Die sogenannten Internet-Auktionen sind keine Auktionen, sondern eine Plattform, wo Geschäftskontakte angebahnt werden können". Das Urteil dürfte wegen der großen Bedeutung von Online-Auktionen in weiten Kreisen für Aufsehen sorgen. Das Urteil steht im Widerspruch zu einer anderen Gerichtsentscheidung, die dieser Tage in Sinsheim gefällt wurde. (mbb)