SLR-Möchtegern: Superzoom-Kamera Sony Cyber-shot DSC-H9

Die Sony DSC-H9 mit 8-Megapixel-CCD-Sensor versucht mit einem großem Gehäuse und ausgereifter Funktionalität auch eingefleischte SLR-Liebhaber zu erreichen.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Dr. Klaus Peeck
Inhaltsverzeichnis

Die H9 ist mit einem 8-Megapixel-CCD ausgestattet, was zurzeit „Spitzenauflösung“ ist. Die Bedienelemente auf der Oberseite rekrutieren sich aus dem etwas überfrachtet wirkenden zentralen Funktionswahlrad nebst zweier Funktionstasten für die Messmethoden- und Serienbildwahl einschließlich Bracketing. Schräg hinten oben liegt die Play und die Umschalttaste für Sucher- oder Monitorbetrieb sowie die Zoomwippe, zwei Funktionstasten und einem „Kombi-Instrument“ auf der Kamera-Rückseite. Letzteres ist eine Kombination aus der 4-Wege-Wippe mit zentraler „SET/OK“-Taste sowie einem Einstellrad, das die Wippe umschließt.

Mit der Kombination aus „SET/OK“-Taste und Einstellrad können schnelle Werteveränderungen bei der ISO-Einstellung, bei der Blenden/ Zeit-Kombination, der Belichtungskorrektur oder der AF-Messfeldwahl vorgenommen werden, während die 4-Wege-Wippe etwa für das Navigieren im Hauptmenü und merkwürdigerweise auch für die manuelle Fokussierung zuständig ist.

Das Bildschirmmenü hat Sony optisch erheblich aufgepeppt. Die Menüleiste ist vom unteren Bildrand an die linke Kante gerutscht, und die gewählten Zeilen beziehungsweise „Popup“-Positionen sind orange unterlegt. Nach wie vor springen die Menüzeilen und Spalten nicht „über“, sodass man an den jeweiligen Endpositionen der Menüs „anstößt“ und teils mühsam wieder zurückmanövrieren muss.

Wenig intuitiv erscheint die Aufteilung in das Standard- und „Home“-Menü, das über eine eigene Taste aufzurufen ist und wohl so etwas wie das frühere „Setup“ darstellen soll, mit dem Unterschied, dass hier auch zwischen Aufnahme- und Wiedergabemodus umgeschaltet werden kann. Interessanterweise erreicht man die gleichen Submenüs für die Aufnahmeeinstellungen jetzt sowohl über das „Home“-Menü als auch über die extra „Setup“-Position im Standard-Menü – eine etwas labyrinthartige Konstruktion, an die man sich erst gewöhnen muss.

Vom Display beherrscht: Das Riesen-Display drängt wichtige Bedienelemente an die Seite.

Eingespart hat Sony übrigens offenbar die Wahlmöglichkeit für verschiedene Bild- Kompressionsstufen. Nun gilt wie schon länger bei vielen Kodak-Modellen: Eine Auflösung = eine Kompressionsstufe. Ein Raw- Modus fehlt gänzlich. Die H9 bietet ein Zoomobjektiv mit 15- fachem Brennweitenbereich – gäbe es nicht die Olympus sowie die schon länger am Markt vertretene Samsung Digimax Pro 815, würde man das als Klassenbestleistung empfinden. So ist es „nur“ ein Objektiv mit 31 mm Ausgangsbrennweite und 465 mm Teleposition, mit dem sehr leise in zwei Geschwindigkeiten und über 110 feine Stufen gezoomt werden kann.

Die Lichtempfindlichkeit ist mit f/2,7 bis f/4,5 durchschnittlich und der integrierte Bildstabilisator für Sonys H-Modelle nichts Ungewöhnliches. Das gilt leider auch für das schon fast traditionelle AF-Pumpen im Telebereich. Die Kamera scheint hier überhaupt nicht in der Lage zu sein, ohne deutliches Hin- und Herfokussieren die Schärfeebene zu finden. Bis in mittlere Brennweiten arbeitet die Scharfstellung hingegen zügig, wenngleich nicht wirklich „pumpfrei“.

In der Serienbildfunktion, die mit 2 fps „endlos“ ablaufen kann (bis die Speicherkarte voll ist), stört zudem ein Black-out oder ein verzögerter Bildaufbau auf dem Display. Und leider reanimiert die H9 die mit der F828 schon untergegangen gehoffte Neigung zu teils extremen chromatischen Aberrationen, die etwa unsere Testkistenbilder in heftigen lila und grünen Farbsäumen „erstrahlen“ ließen – allerdings scheinen sie sich auf den auf den Weitwinkelbereich zu beschränken.

Die übrigen Funktionalitäten der Kamera entsprechen dem Klassenstandard. So sind natürlich alle üblichen Belichtungsmessmethoden vorhanden, wie Blenden- oder Zeitvorwahl oder die vollmanuelle Belichtungssteuerung. Die Empfindlichkeits-Einstellung reicht von ISO 80 bis 400 und in den Hochempfindlichkeitsmodi bis zu ISO 5000 bei reduzierter Bildauflösung. Der Weißabgleich ist automatisch, in sieben Presets einstell- oder manuell einmessbar.

Gespeichert wird auf die hauseigenen Memory Sticks im Duo-Format, wobei sich die PRO-Versionen anbieten, um nicht ungewollt die „Fine“-Stufe und die 30-fps-Bildwiederholrate im Videomodus zu verlieren. Die Speicherdauer mit PRO-Sticks ist sehr kurz, und das kombinierte Akku/Card-Fach liegt zwar an der Geräteunterseite, aber immerhin weit genug vom Stativgewinde entfernt, um bei Stativnutzung zugänglich zu bleiben. Die Restkapazität des recht schwachen LiIon-Akkus wird ständig angezeigt, obschon nicht als Restlaufzeit in Minuten, wie von anderen Sony-Modellen her bekannt.

Der Netzanschluss ist als proprietäre Buchse ausgelegt. Zum PC findet die H9 über eine schnelle USB-2.0-Verbindung Anschluss, und die Kamera kann mittels eines 40 Euro teuren Zusatzkabels eine HD-Verbindung mit geeigneten Fernsehgeräten herstellen. Bedauerlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Kamera nur Videoclips im VGA-Format anfertigen kann, wobei der Videoton zwar mono, aber immerhin in vergleichsweise sehr guter Qualität aufgezeichnet wird.

Im Messlabor zeigte die Sony einen hohen Maximalkontrast mit neun Blendenstufen bei ISO 100 und moderatem Abfall auf acht Blendenstufen bei ISO 400. Der hohe gemessene Rauschabstand von 48,4 bei ISO 100 ist ein Indiz für eine schon bei niedriger Empfindlichkeitsstufe intensiv arbeitende Rauschunterdrückung. Das Zoomobjektiv zeigte bis in mittlere Brennweiten hinein eine relativ deutliche Vignettierung, während die Verzeichnung nur in Weitwinkel-Position als erhöht auffiel. Weißabgleich und Farbrichtigkeit am ColorChecker waren unauffällig.

Festzuhalten bleibt, dass die Optik der DSC-H9 offensichtlich mit dem 8-MP-Sensor überfordert ist, sodass die Kamera den Auflösungsvorsprung des Sensors nicht ausnutzen kann. Die Folge sind unnötig aufgeblähte Bilddateien ohne relevant erhöhten Detailgrad, kombiniert mit den Nachteilen durch die nochmals reduzierte Lichtempfindlichkeit des CCDs im Zuge der unnötig hohen Auflösung bei ebenso unnötig kleinen, lichtunempfindlichen Sensorelementen.

Im Praxistest zeigte die Sony in WW-Stellung eine geringe Schärfe- und Detailleistung und die erwähnten schweren chromatischen Aberrationen, die sich durch Abblenden nicht bessern ließen, wohl aber in Richtung mittlerer Brennweiten deutlich zurückgingen. Auf Grund der intensiven Rauschunterdrückung ist die Kamera selbst bei ISO-Stufe 80 nicht immer in der Lage, feinste Bilddetails zu konservieren. Bis ISO 200 erscheint das Bildrauschen ansonsten visuell zufriedenstellend kompensiert, ab ISO 400 zeigen sich ein deutlicher Schärfeabfall und reduzierte Farbsättigung. Die Kamera produziert allgemein angenehme Farben, bei einem unter lichtschwachen Verhältnissen teils nicht sehr akkuraten automatischen Weißabgleich.

Bilder in Originalgröße

Übersättigte, bunte Farben und violette Tönung im Standardprofil an der c’t-Kiste im Tageslicht. Gute, etwas ungleichmäßige Schärfe. Auch gute, minimal reichliche Belichtung sowie kaum Schärfungs- oder Kompressionsartefakte. Mittlere Moirés an Siemensstern, Linienchart und Sieb. Außergewöhnlich intensive chromatische Aberrationen bei allen Blendenstufen und an vielen kontrastierenden Kanten! Bildrauschen bei ISO 80 und 100 gut kompensiert, kaum gestört. Im Gegensatz zu Außenaufnahmen unproblematische Bilddetails. Bei ISO 200 noch immer visuell geschickt kompensiert, aber flächige Strukturverluste. Ab ISO 400 deutlicher Schärfe- und Konturenverfall, ab ISO 800 mit zusätzlichen hammerschlagartigen Artefakten. Ab ISO 1600 schwerste Störungen.