Schaulaufen zu Telefonnummern-Domains bei der NTIA

Über den Eintrag ihrer Festnetznummern als Domains unter e164.arpa sollen Nutzer weltweit übers Netz auffindbar und entsprechend der von ihnen in der Registry eingetragenen Kontaktadressen erreichbar sein.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 25 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Monika Ermert

Eine "Auseinandersetzung zwischen den Menschen und den Unternehmen" bezüglich des Datenschutzes bringt die Einführung von ENUM (Telephone Number Mapping) mit sich, meinte der IETF-Experte und Harvard-Berater Scott Bradner bei einem Expertengespräch zu den neuen Telefondomains im Haus der National Telecommunications and Information Administration (NTIA) gestern in Washington. Über den Eintrag ihrer Festnetznummern als Domains unter e164.arpa sollen Nutzer weltweit übers Netz auffindbar und entsprechend der von ihnen in der Registry eingetragenen Kontaktadressen erreichbar sein. Noch nicht einig ist man sich in den USA auch darüber, wie sich die Idee von einer verbindlichen ENUM-Registry, dem "golden tree", mit dem Wettbewerb verträgt.

Patrik Falström, Autor des ENUM-Standards (RFC 2916), und der Vertreter des US-amerikanischen ENUM-Forums, Gary Richenaker, betonten noch einmal die Chancen für die Verknüpfung der parallellen Welten von Internet und Switched Circuit Networks. "Ein Telefon ist ein Telefon ist ein Telefon", gleich ob es eine Gesprächsverbindung über IP oder ein klassisches Telefonnetz herstellt, sagte Falström. Richenaker betonte, dass bei der Frage nach der "Killerapplikation" zunächst immer die IP-Telefonie genannt werde. Die Möglichkeiten von ENUM gingen aber darüber durch die Verknüpfung verschiedener Services über die zentrale Adresse noch hinaus. Im ENUM-Eintrag sollen Nutzer neben der Hauptnummer nach Belieben Mobilnummer, Faxnummern, Voicemail-Boxen sowie E-Mail- und Webadressen eintragen. Die Rufnummer wird damit auch von einem physikalischen Anschluss entkoppelt und die ENUM-Adresse kann dazu genutzt werden, die Erreichbarkeit perfekt zu steuern.

Datenschutz- und Privacy-Experten warnten allerdings bei dem gut besuchten Expertengespräch davor, dass die öffentlich zugänglichen Kontaktdaten nicht nur Tür und Tor für das Spamming über die verschiedenen Kommunikationskanäle eröffne, sondern auch den Klau der "Online-Identitäten" erleichtere. Toby Levin von Privacy Council forderte, schon beim Aufbau der ENUM-Architektur Sicherungen einzubauen. Als Prüfstein für die Bereitschaft zum Datenschutz bezeichnete John Morris vom Center for Democracy and Technology ENUM. Ohne offene Einträge in der ENUM-Datenbank können die Vorzüge des Konvergenzprotokolls allerdings auch nur teilweise genutzt werden. Die Zwischenschaltung von Agenten oder die Ausfilterung nicht zugelassener Anfragen wäre technisch nach Einschätzung der Experten zu aufwendig.

Die geladenen Unternehmensvertreter von AT&T bis hin zu Verizon betonten, dass potenzielle ENUM-Kunden auf jeden Fall per Opt-In ihre Einwilligung für die Einträge geben und damit auch den Umfang der öffentlich einsehbaren Daten selbst bestimmen sollten. Im Gegensatz zu früher rückten das Management der persönlichen Daten damit näher zum Kunden, der auch darüber entscheiden könne, welche Provider er für welche über die ENUM-Datenbank verknüpften Services in Anspruch nehmen wolle. "Nur gibt es wirtschaftlich betrachtet keinerlei Anreiz für das Opt-In-Verfahren," warnte Bradner: Bei den Telekommunikationsunternehmen lägen die Daten der Kunden ohnehin vor. Technisch gesehen stehe dem Eintrag nichts entgegen, warum also darauf warten, bis die Kunden sich einen ENUM-Provider suchten. "Es muss auch auf jeden Fall verhindert werden, dass ein Anbieter wie Verizon dann der einzige ENUM-Anbieter für mich als seinen Telefonkunden wird." Denn für Verizon als Herrscher im Local Loop, also der Teilnehmeranschlussleitung, gebe es kaum einen Anreiz, das Bypassing -- und damit kostengünstigeres Telefonieren -- seines Netzes über ein IP-Netz zu ermöglichen.

Wie viel staatliche Regulierung die Einführung von ENUM angesichts solcher Fragen notwendig mache, darüber hat auch die US-Administration offensichtlich noch nicht entschieden. Noch habe man kein grünes Licht für eine Delegation der US-amerikanischen ENUM-Top-Level-Domain gegeben, sagte Scott Markus von der Federal Communication Commission (FCC). Dabei sind es mehr als die Datenschutz- die Wettbewerbsfragen, die die Entscheidung noch verzögern.

In der Mehrzahl der Länder, in denen bereits ENUM-Tests anlaufen, wird ein Registry-Registrar-System analog zum DNS favorisiert. Verschiedene Registrare, Authentifizierungsagenturen und DNS-Provider sollen so etwa in England miteinander konkurrieren, sagte Kristen Verderame, Juristin bei British Telecom North America. In den USA gehen die Forderungen nach dem freien Wettbewerb allerdings weiter. Douglas Ranalli von NetNumber warnte davor, ENUM zum verbindlichen Standard für die Konvergenzdienste zu machen. Es müsse Raum für alternative Anbieter geben. Damit würde allerdings eine Grundidee einer weltweit erreichbaren, authoritativen Registry aufgegeben.

Zu ENUM und der Entwicklung bei den Telefonnummern-Domains siehe auch:

(Monika Ermert) / (jk)