Smarter Ohrring misst Temperatur, erkennt Eisprung und mehr

Forscher der Universität Washington haben einen smarten Ohrring entwickelt, der die Körpertemperatur misst und unter anderem Stress erkennen soll.

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Smarter Ohrring mit Blume

Der Ohrring soll der Trägerin auch als Schmuck dienen, ohne dass dies seine Genauigkeit beeinträchtigt.

(Bild: Raymond Smith/University of Washington)

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Forscher der University of Washington haben einen drahtlosen Ohrschmuck entwickelt, der kontinuierlich die Temperatur des Ohrläppchens des Trägers überwacht und damit Stress, Ernährung, Fieber, Bewegung und auch den Eisprung erkennen soll. Der als "Thermal Earring" bezeichnete Prototyp hat die Größe und das Gewicht einer Büroklammer. Der Sensor ist 31 mm lang, 11,3 mm breit und wiegt 335 mg. Die Lebensdauer der Batterie beträgt 28 Tage. Er lässt sich laut den Forschern individuell mit modischen Designs oder Edelsteinen gestalten, ohne dass dabei die Genauigkeit in Mitleidenschaft gezogen werde.

Laut Qiuyue (Shirley) Xue ist die Körpertemperatur am Ohrläppchen genauer als am Handgelenk, wo beispielsweise Smartwatches die Daten generieren. "Also machten wir uns daran, einen Temperatursensor in Form eines Ohrrings zu entwickeln. Damit hatten wir auch die Möglichkeit, einen Sensor für die Umgebungstemperatur anzuhängen, der von der Ohrläppchentemperatur entkoppelt ist", so Xue. Der kürzlich in Proceedings of the ACM on Interactive, Mobile, Wearable and Ubiquitous Technologies erschienen Studie des Forscher-Teams zufolge hat sich das Gadget teils präziser als eine Smartwatch erwiesen. Getestet wurde der Ohrring in Feldversuchen an sechs Nutzerinnen. Das soll als Grundlage für künftige automatische Aktivitätserkennung bei Wearables in Form von Ohrringen dienen.

Drahtloser Ohrring mit geringem Stromverbrauch zur Messung der die Temperatur am Ohrläppchen misst

(Bild: Xue et al.)

Im Ohrring ist ein Bluetooth-Chip zur Übertragung der Daten auf ein Smartphone, zwei Antennen und die Batterie verbaut. Diese hält rund einen Monat durch, ehe sie gewechselt werden muss. "Aktuelle Wearables wie die Apple Watch und Fitbit verfügen über Temperatursensoren, liefern aber nur eine Durchschnittstemperatur für den Tag und ihre Temperaturmessungen an Handgelenken und Händen sind zu verrauscht, um den Eisprung zu verfolgen", wird Xue in einer Pressemitteilung der Universität zitiert. Die kontinuierliche Temperaturüberwachung und die benötigte Stromversorgung in Einklang zu bringen, stelle den Forscherinnen zufolge jedoch noch eine "große Herausforderung" dar.

Wenn der Strom länger halten soll, müsste ein größerer Akku verbaut werden, das ginge allerdings zulasten der Größe. "Es erfordert auch mehr Energie, es drahtlos zu machen", so Co-Hauptautorin Yujia (Nancy) Liu, die zum Zeitpunkt der Forschung ein Masterstudent der UW im Fachbereich Elektro- und Computertechnik war und jetzt an der University of California in San Diego ist.

Demnach werden die Temperaturwerte nicht kontinuierlich übertragen, sondern in bestimmten Abständen. Danach verfällt das Gerät in einen stromlosen Tiefschlaf, um Strom zu sparen. Der Ohrring könne auch eingesetzt werden, um die Wirkung einer Therapie zu überwachen, meint Mastafa Springston, von der Abteilung für Notfallmedizin an der University of Washington School of Medicine. So ließe sich beispielsweise erkennen, ob ein Medikament Fieber senkt.

Das Gerät ist derzeit nicht kommerziell erhältlich, und die Forscher benötigen mehr Daten und Tests, bevor es der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden kann. Zukünftige Versionen könnten Herzfrequenz- und Aktivitätsüberwachung integrieren. Angedacht sind andere Möglichkeiten der Energieversorgung, etwa durch Solarenergie oder kinetische Energie.

(mack)