"Spieleentwickler müssen von Facebook lernen"

Kommen bald die Massively Social Online Games?

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Von
  • Jürgen Kuri

Mit rund 10 Millionen Abonnenten weltweit scheint die Vormachtstellung von "World of Warcraft" im Bereich der Massively Multiplayer Online Rollenspiele (MMORPGs) bis auf weiteres uneinholbar zu sein. Auf der ION 2008 schauen die Entwickler von MMORPGs daher nach neuen Geschäftsmodellen wie dem Verkauf virtueller Gegenstände – und danach, was sie von Web-2.0-Projekten wie Facebook lernen können.

Adam Martin von NCsoft rechnet mit einem Anfangsinvestment von mindestens 150 Millionen US-Dollar, um "World of Warcraft" auf dem eigenen Feld schlagen zu können. "Runescape" dagegen – immerhin eines der meistgespielten MMORPGs weltweit – wurde dagegen zunächst von einer einzigen Person entwickelt. Das zeige, dass gerade in schnell und mit wenig Budget entwickelten Projekten große Chancen liegen können. Natürlich müsse man dabei Einschränkungen bei der Qualität in Kauf nehmen, aber solange man die Bedürfnisse der Community im Auge behalte, sei dies nicht unbedingt schlimm. Im Internet sei man an eine gewisse Improvisation gewohnt, erwarte aber schnelle Reaktionen auf Probleme und Innovationen – darauf müssten sich auch die Entwickler von MMORPGs einstellen und den Mut zum "Embrace the chaos. Don't worry, be crappy." aufbringen.

Gegenüber heise online stellte Martin jedoch klar, dass diese etwas provokativen Aussagen nicht so verstanden werden dürften, dass sich NCsoft von dem Anspruch verabschiede, aufwendige und qualitativ hochwertige Spiele zu produzieren, die es mit "World of Warcraft" aufnehmen könnten. Allerdings werde NCsoft das gesamte Spektrum an MMORPGs abdecken, vom kleinen "Fastfood"-MMORPG bis zum Highend-Titel. Ein Stück weit kann dieses Problem vielleicht auch durch episodenweise Erweiterung von MMORPGs gelöst werden, weshalb Yoseph Ybarra von Cheyenne Mountain Parallelen zu TV-Inhalten zieht.

Die extremste Form von "Mini-MMORPGs" findet sich derzeit als kleine Applikation in Facebook wieder. Das geht so weit, dass in einigen Diskussionen gar Facebook selbst und eBay als Spiele bezeichnet wurden, weil beide Plattformen auch zu Unterhaltungszwecken genutzt werden und gewisse Erfolgserlebnisse bieten. So brauchte es dann Nicole Lazzaro von XEODesign, um die Diskussion wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen – das Erlebnis von Facebook ist nicht mit einem Computerspiel zu vergleichen, die Aufgaben dort sind simpel, der Spieler erhält nur wenig Feedback. Dennoch könnten Spieleentwickler einiges von Facebook lernen, da hier viel einfacher Verbindungen zwischen den Teilnehmern hergestellt werden könnten und die Möglichkeiten der Personalisierung viel größer sind. Der nächste Schritt nach dieser Logik: Massively Social Online Games.

Vielleicht fließen diese Erkenntnisse ja eines Tages auch in die Entwicklung eines Top-End-MMORPG ein. Immerhin hielte Sony Online Entertainment mit "The Agency" und "Pirates of the Burning Sea" die Fahne aufwendiger Produktionen hoch.

Zur ION 2008 siehe auch:

(Dr. Andreas Lober)

Der Autor Andreas Lober hielt auf der ION 2008 zusammen mit Steve Augustino einen Vortrag über Rechtsstreitigkeiten rund um virtuelle Welten und Online-Spiele. (jk)