Zugfunkstörung bei der Deutschen Bahn: Sabotage als Ursache

Nach der massiven Störung des Zugfunks in Norddeutschland läuft der Verkehr schrittweise wieder an. Als Ursache gilt Sabotage an Kabeln des Funknetzes.

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ICE 4 - Baureihe 412

Bei der Deutschen Bahn stehen am Samstagmorgen die Züge in Norddeutschland still.

(Bild: MediaPortal der Deutschen Bahn)

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Bei der Deutschen Bahn gab es am Samstagmorgen eine massive Störung im Fernverkehr. Betroffen war einer Meldung der Bahn zufolge der "Raum Norddeutschland". Die Bahn sprach in ihrer Meldung von einer technischen Störung des Zugfunks (GSM-R). Betroffen war der "Zugverkehr im Fernverkehr der Deutschen Bahn", also vor allem ICE-, IC- und EC-Züge. Es kam "zu kurzfristigen Zug- und Haltausfällen".

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Beim Schutz kritischen Infrastrukturen gebe es "erhebliche Probleme", auf die seit langem hingewiesen werde, sagt der Grünen-Politiker Konstantin von Notz zu den durchtrennten Glasfaserkabeln im GSM-R-System der Bahn. Von Notz ist Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste im Bundestag. "Zum Teil liegt das daran, dass Zuständigkeiten unklar sind." Seine Partei wolle das mit einem neuen Dachgesetz besser regeln.

Die Problematik mit dem Schutz kritischer Infrastrukturen habe sich "mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine verschärft", sagte von Notz gegenüber dpa. Er verwies allerdings darauf, dass die Hintergründe der Bahn-Sabotage noch völlig unklar seien und schnellstmöglich aufgeklärt werden müssten. "Unabhängig von den Ergebnissen muss der Schutz der kritischen Infrastruktur auch vor Cyberbedrohungen deutlich ausgebaut werden, was auch ausreichende finanzielle Mittel erfordert."

Das Schienennetz "dauerhaft flächendeckend zu schützen, ist nicht möglich", hatte erst vor wenigen Tagen eine Sprecherin der Bahn der Wochenzeitung "Die Zeit" gesagt. Anschläge auf die Bahn gab es – in anderer Dimension – in der Vergangenheit immer mal wieder. Häufig geriet dabei die linksextreme Szene in Verdacht. Zur Frage der Täter im aktuellen Fall ist bislang jedoch nichts bekannt.

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Mittlerweile hat sich die Bundespolizei zu ersten Erkenntnissen über die Ursache der erheblichen Störungen im Bahnverkehr am Samstag geäußert. Die Bundespolizei bestätigte, dass sie auf Fremdeinwirkung zurückzuführen seien: "Wir haben einen Tatort in Berlin-Höhenschönhausen", sagte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion Berlin gegenüber dpa. "Ein weiterer befindet sich in Nordrhein-Westfalen." Die Ermittlungen würden mit Hochdruck in alle Richtungen geführt. "Aktuell ist von einer zielgerichteten Fremdeinwirkung von außen auf Kabel der Deutschen Bahn auszugehen", sagte der Sprecher. Zu weiteren Details könne er auch aus ermittlungstaktischen Gründen keine Auskunft geben. Aus Sicherheitskreisen hieß es, es seien am Karower Kreuz in Berlin und in Herne in NRW vorsätzlich Glasfaserkabel beschädigt worden. Auch das Backup-System sei damit ausgefallen.

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Die großflächigen Ausfälle im Zugverkehr in Norddeutschland gehen nach Aussage der Bahn auf Sabotage zurück. "Aufgrund von Sabotage an Kabeln, die für den Zugverkehr unverzichtbar sind, musste die Deutsche Bahn den Zugverkehr im Norden heute Vormittag für knapp drei Stunden einstellen", sagte eine Sprecherin am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die zuständigen Sicherheitsbehörden hätten die Ermittlungen aufgenommen. Zwei für das Funksystem GSM-R wichtige Kabel seien an zwei unterschiedlichen Tatorten durchtrennt worden. Daraufhin sei das komplette System ausgefallen.

Zuvor hieß es bereits, die heftigen Probleme in Norddeutschland seien auf eine Störung des digitalen Zugfunks GSM-R (Global System for Mobile Communications – Rail) zurückzuführen gewesen. Eine Bahn-Sprecherin hatte dazu gesagt: "Er dient der Kommunikation zwischen den Leitstellen, die den Zugverkehr steuern, und den Zügen und ist damit unverzichtbarer Bestandteil für den reibungslosen Zugverkehr."

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Die heftige Störung bei der Bahn in Norddeutschland ist nach Unternehmensangaben behoben. In der Folge seien aber noch Beeinträchtigungen im Laufe des Tages möglich, sagte ein Bahnsprecher am Samstagvormittag. Reisende sollten damit rechnen, dass es noch zu Zugausfällen, verspäteten Zügen sowie Ausfällen von Haltepunkten kommen kann.

Unzählige Reisende waren zuvor an den Bahnhöfen gestrandet, weil der komplette Fernverkehr und teils auch der Regionalverkehr in weiten Teilen Norddeutschlands eingestellt waren. Betroffen waren Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, wie die Bahn bei Twitter schrieb.

Ursache der großflächigen Störung ist ein Ausfall des digitalen Zugfunks GSM-Rail (kurz GSM-R). Auch die Rückfallebene für einen solchen Fall soll nicht funktioniert haben, weswegen der Zugverkehr im Norden Deutschlands vorübergehend komplett eingestellt worden war. Seit Samstagvormittag 10 Uhr nimmt die Bahn den Verkehr schrittweise wieder auf.

Mit Blick auf die von der Zugfunkstörung betroffenen Strecken gab die Bahn am Morgen zunächst Folgendes bekannt:

  • Es gibt derzeit keine Reisemöglichkeiten mit dem Fernverkehr von/nach Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen in/aus Richtung Kassel-Wilhelmshöhe, Berlin und NRW
  • Auch der ICE-Verkehr zwischen Berlin, Hannover und NRW ist eingestellt.
  • IC-Züge von/nach Berlin Richtung Amsterdam fallen komplett aus.
  • IC-Züge von/nach Kopenhagen bzw. Aarhus enden/beginnen in Padborg.

Zugausfälle und Verspätungen am Stuttgarter Hauptbahnhof.

(Bild: dpa, Lino Mirgeler/dpa)

Am Samstagmorgen gab die Bahn zunächst nur für Reisende, die zwischen Berlin und Nordrhein-Westfalen sowie zwischen der Hauptstadt und Baden-Württemberg bzw. der Schweiz unterwegs sein wollen, eine Alternative bekannt: Fahrten über Frankfurt am Main respektive Erfurt. Die aktuelle Entwicklung der technischen Störung in Norddeutschland bildet die Bahn hier ab. Aktuelle Reiseverbindungen können in der Reiseauskunft der Bahn eingesehen werden.

Die Probleme auf norddeutschen Strecken betreffen offenbar nicht nur den Fernverkehr, sondern auch den Regionalverkehr. Das geht aus einem Tweet der Metronom Eisenbahngesellschaft hervor, die mit ihren Zügen die Strecken von Hamburg nach Bremen und von Hamburg nach Uelzen bzw. von Uelzen über Hannover bis Göttingen betreibt. "Aufgrund einer technischen Störung am GSM-R (Zugfunk) auf allen Strecken ist in Raum Norddeutschland derzeit kein Zugverkehr im Bahnverkehr möglich." In einem Service-Tweet schreibt das Unternehmen weiter, dass alle Verbindungen "bis auf Weiteres ausfallen".

Das GSM-R-Netz – auch GSM-Rail oder digitaler Zugfunk – ist ein speziell an die Bedürfnisse des Schienenverkehrs angepasstes Funknetz, über das sich unter anderem Lokführer und Fahrdienstleitungen miteinander verständigen. Bei der Unterbrechung des Zugverkehrs bei einem Ausfall des Bahnfunknetzes handelt es sich üblicherweise um eine Sicherheitsmaßnahme, die Lokführer sind selbst dann noch über das öffentliche Mobilfunknetz erreichbar.

Aktuell ist davon auszugehen, dass es sich bei der GSM-R-Störung um einen technischen Defekt handelt. Allerdings warnten Hacker bei der Einführung des digitalen Zugfunks vor möglichen Sicherheitsrisiken und auch die europäische IT-Sicherheitsbehörde Enisa stellte dem Bahnsektor im Jahr 2020 ein mangelndes Bewusstsein für Cybersicherheit aus.

(tkn)