Streetview Unterwasser: Programmierer, rettet das Meer!

Auf der Konferenz Google I/O wurde das Projekt "Streetview Underwater" vorgestellt. Dabei wurde auch deutlich, wie ernst die Lage in den Korallenriffen ist.

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Der Versicherungskonzern Catlin Group und Google setzen sich für die Rettung der Korallen ein. In einem Vortrag auf der Konferenz Google I/O wurde der Ernst der Lage mit dramatischen Statistiken und Bildern beschrieben: "Die Korallenriffe sind bedroht. Die Hälfte ist bereits verschwunden. 90 Prozent der großen Fische sind weg. Die Meere werden wärmer und ihr Säuregrad steigt", sagte Richard Vevers vom Projekt Catlin Seaview Survey, "Die nächsten zehn Jahre werden wahrscheinlich über die nächsten 10.000 Jahre entscheiden"

Google setzt spezielle Unterwasserkamers ein, um die wichtigsten Korallenriffe für Streetview zu fotografieren.

(Bild: Daniel AJ Sokolov / heise online)

Vevers bittet um Hilfe bei drei Dingen: Programmierer werden benötigt, um neue Verfahren zur Bilderkennung zu entwickeln. Damit sollen Tierarten in Millionen von Unterwasseraufnahmen automatisch erkannt und katalogisiert werden können. Derzeit funktioniert das nur eingeschränkt. Taucher werden gebeten, bestehende Geräte wie etwa Nexus-Handys mit Tauchgehäusen auszurüsten und bei ihren Tauchgängen Fotos zu machen. Außerdem können die Menschen bei der globalen Informationsverbreitung über Korallenriffe mitwirken, beispielsweise in Ausstellungen, Schulprojekten und indem sie Druck auf Politiker ausüben.

"Das größte Einzelproblem ist, dass unsere Ozeane aus den Augen, aus dem Sinn sind", erläuterte Vevers. "99,5 Prozent der Menschen tauchen nicht und werden es wahrscheinlich auch nie tun. Aber das ist kein Grund, dass wir sie nicht auf eine virtuelle Tauchtour mitnehmen können." Mit speziellen Unterwasserkamers werden seit vergangenem Jahr die wichtigsten Korallenriffe fotografiert und von Google als "Streetview Underwater" veröffentlicht. Möglichst viele Menschen sollen sehen, wie schön Korallenriffe sein können, aber auch, wie öde zerstörte Bereiche sind. Öffentlicher Druck soll zu Veränderungen im Verhalten der Menschheit führen.

"Unser Projekt ist 50 Prozent Wissenschaft, 50 Prozent Kommunikation", so Vevres, "Dieses Projekt hat eine sehr ernste Seite, macht aber auch Spaß." Auf einen Unterwasser-Scooter wurden in einer Kugel drei Kameras montiert, die alle drei Sekunden eine Bild schießen. Daraus kann mit den gleichen Tools, die für Google Maps Innenaufnahmen von Geschäften entwickelt wurden, ein Rundumbild zusammengesetzt werden. In diesen Bildern lässt sich wie bei Streetview navigieren, sogar Übergange zum Land sind bisweilen mehr oder weniger fließend.

Der Scooter wird etwa zwei Meter über dem Meeresboden von einem Taucher geführt, der das Gerät über ein Unterwassertablet kontrolliert. So kommen bei einem Tauchgang von etwa 45 Minuten zirka zwei Kilometer Unterwasser-Streetview zusammen. Außerdem werden die Meerestemperatur sowie Tiefe und Lage des Scooters erfasst. Auch Unterwasser-Hangouts auf Google+ mit anderen Wissenschaftlern gab es schon.

Zweck ist aber nicht nur die Information der Öffentlichkeit, sondern auch die Erfassung des Ist-Zustandes für die Wissenschaft. So kann die Entwicklung verfolgt werden. Auch Bilder privater Taucher sind hilfreich, ob sie noch nicht erfasste Riffe fotografieren oder bereits vom Catlin Seaview Survey besuchte Riffe erneut ablichten und so Vergleiche ermöglichen.

Das Projekt verfügt über vier Kameramodule, von denen zwei im Einsatz sind. Eines davon kostet etwa 50.000 US-Dollar. Da die finanziellen Mittel begrenzt sind, können nicht mehr Taucherteams ausgeschickt werden. In den nächsten drei Jahren sollen die wichtigen Korallenriffe angesteuert werden, zunächst in Amerika, dann in Asien und schließlich im Indischen Ozean bis ins Rote Meer. Ein weiteres Kameramodul ist auf der Google I/O in San Francisco ausgestellt.

Doch auch die besten Aufnahmen helfen nicht viel, wenn sie nicht automatisiert ausgewertet werden können. "Der Schwund der Korallen ist rapide", betonte Verves, "Wir brauchen mehr Entwickler!" (anw)