Streit in der CNCF: Israelis sagen Teilnahme an Kubecon ab

Weil der Verband sich nicht zu einer Solidaritätsbekundung mit Israel durchringen kann, boykottieren Israelis CNCF-Veranstaltungen wie die Kubecon in Chicago.​

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Eröffnung der Kubecon Europe im April 2023 in Amsterdam.

(Bild: heise online)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Gerhard Loschwitz

Vertreter der israelischen Cloud-Community sagen im Streit über die Position der Cloud Native Computing Foundation (CNCF) zum Gaza-Konflikt ihre Teilnahme an der Cloud-Konferenz KubeCon und anderen Veranstaltungen der Foundation ab. Besonders betroffen ist davon die KubeCon North America, die derzeit in Chicago stattfindet.

Die unter dem Dach der Linux Foundation angesiedelte CNCF ist ein Zusammenschluss von über 800 Vertretern der Open-Source-Community im Cloud-Computing. Der Container-Orchestrierer Kubernetes etwa, der in vielen Cloud-Umgebungen zum Einsatz kommt und mittlerweile als Industriestandard gilt, steht unter der Obhut der CNCF. Die Stiftung veranstaltet neben der Kubecon auch die CloudNativeCon.

Nun hängt innerhalb der Vereinigung der Haussegen allerdings gewaltig schief. Weil die CNCF sich nicht dazu durchringen konnte, die Terroranschläge der Hamas vom 7. Oktober zu verurteilen und Solidarität mit Israel zu erklären, sagen etliche Community-Mitglieder aus Israel derzeit ihre Teilnahme an CNCF-Veranstaltungen ab.

Auch wenn es innerhalb der Cloud-Gemeinschaft nicht primär um Politik geht, spielt diese immer wieder doch auch eine Rolle. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 etwa beteiligte die CNCF sich über ihre Mitglieder offiziell an Hilfsinitiativen für die Ukraine. Vertreter der CNCF verurteilten den russischen Angriffskrieg zudem öffentlich. Auch zu anderen gesellschaftlich-politischen Themen hat sich die CNCF in der Vergangenheit klar positioniert.

Zu den Terroranschlägen der Hamas hingegen hüllt die CNCF sich bislang in Schweigen. Aus Sicht vieler israelischer Mitglieder ist das völlig unverständlich. Das gilt auch für Dotan Horovits, selbst CNCF-Botschafter aus Israel und besonders aktiv in Sachen offener Standards beim Verarbeiten von Telemetriedaten aus IT-Setups.

Horovits weist in einem Beitrag auf LinkedIn darauf hin, dass mehrere Mitglieder der CNCF-Community am 7. Oktober durch den Terror der Hamas ums Leben kamen oder bis heute in Geiselhaft der Hamas sind. Dass die CNCF noch immer nicht Stellung zum Hamas-Terror bezogen hat, kritisiert Horovits scharf und mit völligem Unverständnis.

Mit dieser Position ist er durchaus nicht alleine: Zahlreiche israelische Community-Vertreter und Unternehmen versuchen seit Wochen vergeblich, die CNCF zu einem offiziellen Statement zu bewegen. Sowohl unter Horovits' LinkedIn-Beitrag als auch in diversen Foren wächst die Kritik an der CNCF merklich. Das dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass Israel ein Tech-Hub ist und etwa in der Region Tel Aviv viele Start-ups angesiedelt sind, die an Cloud-basierten Lösungen arbeiten und im CNCF-Umfeld aktiv sind.

Erste konkrete Auswirkungen hat der Zwist bereits. So sagten etliche prominente Vertreter der Community, darunter Dotan Horovits selbst, ihre Teilnahme an der derzeit laufenden KubeCon North America kurzfristig ab, einer der weltgrößten Konferenzen in Sachen Kubernetes. Auch auf anderen Konferenzen unter Ägide der CNCF dürfe sich die Anzahl der Teilnehmer aus Israel vorerst in Grenzen halten, wenn man den Ankündigungen zahlloser Community-Mitglieder in diversen Online-Foren Glauben schenkt.

Für die CNCF könnte das mittel- und langfristig zu einem echten Problem werden. Nicht nur beteiligen sich Tech-Unternehmen aus Israel nämlich rege an der Community. Es würde deutlich auffallen, ginge die Beteiligung israelischer Unternehmen im CNCF-Umfeld zurück. Sie tragen durch ihr Sponsoring auch ganz erheblich zur Finanzierung von Veranstaltungen wie der KubeCon bei, ganz gleich, ob es um die KubeCon North America oder die KubeCon Europe geht.

Die CNCF weist die Vorwürfe zurück und betont in einer Stellungnahme gegenüber heise online, dass sie "Gewalt und Terrorismus jeglicher Art verurteilt". Der Veranstalter verweist auf eine geplante Schweigeminute sowie eine Würdigung der Opfer des terroristischen Angriffs der Hamas im Rahmen der Kubecon. "Nach unserem Kenntnisstand haben keine israelischen Unternehmen ihre Teilnahme an der Kubecon abgesagt", betonte ein Sprecher.

Update

Stellungnahme der CNCF ergänzt.

(vbr)