UMTS-Fieber heizt Telekom-Fusionen an (update)

Nach dem Motto "an UMTS sollt ihr mich erkennen" wird in der Mobilfunkwelt von morgen nur noch unterschieden in Unternehmen mit oder ohne UMTS-Lizenz.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Die geplatzte Fusion mit der spanischen Telefonica hat die niederländische KPN offenbar schnell verdaut: Mit NTT DoCoMo angelte sich die Telefongesellschaft den japanischen Mobilfunkriesen als Partner für die eigene Expansion und eröffnet diesem den Zugang zum europäischen Markt. Nach Einschätzung von Experten ist der niederländisch-japanische Verbund erst der Auftakt einer neuen Welle von Kooperationen und Partnerschaften im Mobilfunk. Angetrieben wird die Neuordnung durch ein Zauberwort, das die Branche entzückt: UMTS – der neue Technikstandard im Mobilfunk.

In Großbritannien sind die Rechte erst vor wenigen Wochen zu dem schwindelerregenden Preis von 75 Milliarden Mark versteigert worden. In Deutschland könnte die für Jahresmitte geplante Auktion sogar einen dreistelligen Betrag einspielen. "Die Preise spiegeln das Szenario im Mobilfunk und seine Wachstumsaussichten wider", sagt Holger Grawe, Telekom-Analyst der WestLB Panmure in Düsseldorf. Doch die Lizenzkosten seien wesentlich höher als erwartet. "Am Ende wird der Kunde die Zeche zahlen", sagt Grawe. Mit UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) wird der drahtlose Zugriff auf das Internet, auf Bilder, Videos und Musik ermöglicht und wesentlich beschleunigt. Mobiltelefone sollen sich so zu kleinen Multimedia-Terminals für die Tasche entwickeln. Der neue Standard ist bis zu 30 Mal schneller als ISDN und bis zu 200 Mal schneller als die heutigen Handys.

Da die Anzahl der Bewerber die zu vergebenden Lizenzen weit übersteigt, positionieren sich die Unternehmen neu. Ein Konzentrationsprozess sei unvermeidlich, resümiert Ralf Hallmann von der Bankgesellschaft Berlin. Dabei seien "die Kosten für die Lizenzen für ein einzelnes Unternehmen nur schwer zu stemmen" und der Konsolidierungsdruck durch UMTS ungeheuer hoch. Nicht durch Geschäftspläne lassen sich die Unternehmen leiten, sondern durch Aussichten auf ein glänzendes Geschäft. Der Mobilfunk gilt in der Telekommunikation als die Wachstumssparte schlechthin. Allein in Deutschland soll sich die Zahl der Handybesitzer in diesem Jahr auf 40 Millionen Teilnehmer verdoppeln. Und wenn das Internet mit UMTS mobil und das Handy multimediafähig wird, erhoffen sich die Betreiber zusätzliche Profite.

Nach dem Motto "an UMTS sollt ihr mich erkennen" wird in der Mobilfunkwelt von morgen nur noch unterschieden in Unternehmen mit oder ohne die Lizenz. Wer im Bieterwettkampf passt, muss sich nach Partnern umsehen. Riskant ist der Poker um die Rechte vor allem für die Neueinsteiger. Sie müssen neben den Investitionen zum Aufbau der Netze auch noch an entsprechende Kundenzahlen kommen. Andere sind dagegen heiß umworben – zum Beispiel Orange Plc. Der britische Mobilfunkbetreiber, noch Tochter des Mannesmann-Konzerns, muss im Zuge der Übernahme der Düsseldorfer durch Vodafone AirTouch aus Wettbewerbsgründen verkauft werden. An Orange, das im stolzen Besitz einer UMTS-Lizenz ist und inzwischen mehr als 100 Milliarden Mark teuer sein soll, sind unter anderem die France Telecom, die spanische Telefonica und KPN interessiert. Die besten Chancen im internationalen Mobilfunkgeschäft hat nach Expertenmeinung die britische Vodafone-Gruppe, die sich nach der Übernahme von Mannesmann weit von den Konkurrenten Deutsche Telekom, France Telekom und British Telecom abgesetzt hat. Zwei bedeutende UMTS-Lizenzen hat das Unternehmen in diesem Jahr in Spanien und Großbritannien erhalten – ebenso British Telecom. Bei der Deutschen Telekom und der France Telecom waren es jeweils eine.

Von den großen Spielern in Europa hält sich nur ein Unternehmen in Sachen UMTS seit Wochen auffallend zurück: die Telecom Italia und ihre Tochter Telecom Italia Mobile (TIM) – der größte europäische Mobilfunkbetreiber. Heute kündigte die Telecom Italia jedoch an, sie wolle fünf bis sieben Milliarden DM in UMTS investieren. Darin seien die Kosten für den Erwerb der Lizenzen nicht erhalten. Erst vor einem Jahr war die Fusion mit der Deutschen Telekom geplatzt. Jörg Natrop, Telekom-Analyst der Düsseldorfer WGZ-Bank, hält eine Neuauflage durchaus für möglich: Für den rosa Riesen sei "die Telecom Italia nach wie vor ein Thema". (Peter Lessmann, dpa) (jk)