Unkontrolliert abgestürzt: NASA-Chef kritisiert Risiko durch chinesische Rakete

Zwar ist die Hauptstufe der vorige Woche gestarteten chinesischen Rakete diesmal in den Ozean gestürzt. Das Vorgehen sei aber zu riskant, meint der NASA-Chef.

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(Bild: IM_photo/Shutterstock.com)

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Nach dem vierten unkontrollierten Absturz einer chinesischen Rakete des Typs "Langer Marsch 5B" gibt es erneut Kritik an den Verantwortlichen. NASA-Chef Bill Nelson sagte gegenüber US-Medien, die Volksrepublik sei "wieder einmal [...] unnötige Risiken" mit ihrer Raketenstufe eingegangen und hätten vor dem Absturz wichtige Informationen zu deren Bahn nicht weitergegeben. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass alle Raumfahrtnationen bei ihren Weltraumaktivitäten verantwortungsbewusst und transparent vorgingen und sich an bewährte Praktiken hielte, vor allem, wenn es um unkontrollierte Abstürze handle, wiederholte Nelson Kritik, die er schon mehrfach geäußert hat. China hat dem erneut widersprochen, von dort heißt es, es handle sich um internationale Praxis.

Die Kritik des Chefs der US-Weltraumagentur bezieht sich auf die 20 Tonnen schwere Hauptstufe jener Rakete, mit der vergangene Woche das dritte und letzte Modul der chinesischen Raumstation Tiangong ins All geschossen wurde. Anders als bei allen zeitgemäßen Raketen ist bei diesem Raketentyp kein kontrollierter Absturz nach dem Start vorgesehen. Stattdessen raste sie tagelang um die Erde, bevor sie dann am Freitag wohl über dem Pazifik in zwei Teile zerbrach, die dann in den Ozean stürzten. Noch kurz vorher war unklar, wo sie abstürzen würde, als Vorsichtsmaßnahmen waren Teile des spanischen Luftraums vorübergehend gesperrt worden. Auch der Chef der Europäischen Weltraumagentur ESA sprach von "nicht nachaltigen Maßnahmen".

Zwar war das individuelle Risiko getroffen zu werden auch für jemanden in dem überflogenen Gebiet gering. Aber insgesamt war die Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt ein Mensch verletzt oder gar getötet wird, mit 0,5 Prozent ziemlich hoch, hat die Aerospace Corporation laut der New York Times ermittelt. Das sei so hoch, dass man habe Acht geben müssen und Vorsichtsmaßnahmen wie jene in Spanien ergreifen müsse, was völlig unnötig sei. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums sagte der US-Zeitung zufolge, dass die Stufe so entwickelt worden sei, dass "die meisten Komponenten" beim Wiedereintritt verbrennen. Dabei wurden bereits nach dem ersten Start Gebäude verletzt und nach dem dritten sind Teile in Südostasien auf der Erdoberfläche eingeschlagen.

Der zuständigen chinesischen Raumfahrtagentur zufolge ist das letzte Trümmerstück der Raketenstufe am Freitag mehrere Hundert Kilometer südlich der mexikanischen Stadt Acapulco ins Meer gestürzt. Dass es zwei Einschläge gab, geht aus der Mitteilung nicht hervor. Zuerst vermeldet hatte das das United States Space Command (Spacecom), der erste Einschlag erfolgte demnach deutlich weiter südwestlich.

Der Absturz ist bereits der vierte nach einem Start einer "Langer Marsch 5B". Nach dem ersten im Mai 2020 waren Trümmer auf ein Dorf in der Elfenbeinküste gestürzt und hatten mehrere Häuser beschädigt. Die zweite stürzte im Frühjahr 2021 nahe der Malediven in den Ozean, die dritte im Sommer vor den Philippinen ins Meer. Der nächste Start ist für den Dezember des kommenden Jahres angesetzt. China will damit das Weltraumteleskop Xuntian zur eigenen Raumstation bringen.

(mho)