Venezuela will alle Krypto-Mining-Farmen vom Stromnetz abtrennen

Tausende Krypto-Mining-Maschinen wurden zuletzt in Venezuela beschlagnahmt. Grund sind die "hohen Auswirkungen auf die Nachfrage" nach Strom.

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(Bild: mk1one/Shutterstock.com)

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Von
  • Andreas Knobloch

In Venezuela sollen alle Krypto-Mining-Farmen, die vom Nationalen Elektrizitätssystem (SEN) gespeist werden, abgeschaltet werden. Das kündigte die Regierung in Caracas Ende vergangener Woche an.

In einem Instagram-Post schreibt das venezolanische Energieministerium (Mppee), dass es über die Nationale Elektrizitätsgesellschaft (Corpoelec) zusammen mit der Staatsanwaltschaft "einen Sonderplan zur Laststeuerung" initiiert hat, der "Nutzer mit hohem Verbrauch im Zusammenhang mit dem digitalen Mining" ins Visier nimmt. "Ziel ist es, alle Kryptowährungs-Mining-Farmen im Land vom SEN abzuschalten, um die hohen Auswirkungen auf die Nachfrage zu vermeiden und der gesamten venezolanischen Bevölkerung weiterhin einen effizienten und zuverlässigen Service bieten zu können", heißt es in der Veröffentlichung des Ministeriums.

Die Ankündigung erfolgte nur wenige Stunden, nachdem am vergangenen Donnerstag eine Bitcoin-Mining-Farm in Maracay im Bundesstaat Aragua im Landesinneren durchsucht wurde. Dabei wurden Berichten lokaler Medien zufolge 2.304 Bitcoin-Mining-ASICs, Modell S19J Pro des chinesischen Herstellers Bitmain, von den Behörden beschlagnahmt.

Zuletzt haben staatliche Stellen in Venezuela verstärkt darauf gedrängt, die Stromversorgung von Bitcoin-Mining-Farmen zu beschränken. So riefen der Gouverneur des Bundesstaates Carabobo, Rafael Lacava, und Venezuelas Energieminister, Jorge Márquez, dazu auf, die Aktivitäten solcher Mining-Farmen zu reduzieren, da der hohe Stromverbrauch zu wiederholten Stromausfällen in der Umgebung von Mining-Farmen geführt hat. In Carabobo hat der Staat 11.000 Bitcoin-Maschinen beschlagnahmt.

Lacava kündigte an, dass weitere Beschlagnahmungen folgen werden, und wies darauf hin, dass er kein Kryptowährungs-Mining wünsche. "Das wird in Carabobo absolut abgelehnt", sagte er. Der Gouverneur ist der Meinung, dass das digitale Mining mitverantwortlich für die zunehmenden Stromausfälle ist. Die Mining-Farmen würden vorübergehend oder dauerhaft geschlossen, so Lacava, "weil wir diese Megawatt brauchen". Er rief Anwohner auf, den Betrieb von Farmen in ihren Gemeinden bei den Behörden anzuzeigen, und kündigte an, dass er stundenweise Einschränkungen der Arbeit der öffentlichen Verwaltung in Carabobo anordnen werde, um die Stromnachfrage zu verringern.

Hintergrund des Vorgehens gegen die Mining-Farmen könnte zudem der Korruptionsskandal rund um den staatlichen Ölkonzern Petróleos de Venezuela (PDVSA) vom vergangenen Jahr sein, in den auch Beamte der staatlichen Nationalen Aufsichtsbehörde für Kryptoassets SUNACRIP verwickelt waren, vermuten auf Kryptoassets spezialisierte Medien. SUNACRIP wurde nach der Verhaftung mehrerer Führungskräfte wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten mit Geldern aus Ölgeschäften, die mit Kryptoassets durchgeführt wurden, unter die Kontrolle eines staatlichen Umstrukturierungsgremiums gestellt. Der PDVSA-Fall wiederum führte zum Rücktritt und zur Festnahme des mächtigen Ölministers Tareck El Aissami. Anfang dieses Jahres ist zudem die staatliche Kryptowährung Petro still und leise eingestellt worden. Auch hier soll es einen Zusammenhang zum PDVSA-Korruptionsskandal geben.

Die Nutzung von Kryptoassets hat in Venezuela in den vergangenen Jahren, nicht zuletzt wegen der Hyperinflation, zugenommen. Immer mehr Venezolaner flüchteten in Kryptowährungen, um ihr Geldvermögen vor der Entwertung zu schützen. Andere fanden angesichts der schweren Wirtschaftskrise Einkommensmöglichkeiten, indem sie digitale Mining-Unternehmen gründeten oder für solche arbeiteten. Hinzu kommt, dass Strom in Venezuela extrem billig ist – ein Erbe der jahrelangen staatlichen Subventionen.

(akn)