Verleger warnen vor Regulierungswut

Die Zeitungsverleger wollen mit dem Leistungsschutzrecht verhindern, dass die kostenlosen Internet-Angebote der Zeitungsverlage für kommerzielle Zwecke genutzt werden.

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  • dpa

Die Zeitungsverleger warnen vor einer Regulierungswut als Folge der Wirtschaftskrise und fordern gleichzeitig ein Leistungsschutzrecht für ihre redaktionellen Inhalte. "Wir erleben derzeit eine Kultur der Überreaktion", kritisierte der Präsident des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV), Valdo Lehari jr., bei der gemeinsamen Jahrestagung der bayerischen und baden-württembergischen Verleger in Ulm. Zu viele Forderungen nach staatlichen Regeln etwa zur Medienpolitik bedrohten die wirtschaftliche Zukunft der Verlage.

Der wiedergewählte Vorsitzende des Verbandes der Bayerischen Zeitungsverleger (VBZV), Andreas Scherer ("Augsburger Allgemeine"), sprach sich zudem klar dagegen aus, dass die kostenlosen Internet-Angebote der Zeitungsverlage für kommerzielle Zwecke genutzt werden dürfen. "Wer die Leistung eines anderen nutzt, der muss dafür bezahlen, nämlich das, was diese Leistung wert ist", sagte Scherer. "Und unsere Inhalte haben einen Wert, sonst wären sie nicht so begehrt", sagte Scherer mit Blick auf Google und andere Verwerter.

Der Kampf der Presseverlage, ähnlich wie Filmemacher und Musikverwerter in den Bereich des Leistungsschutzrechtes im Urheberrecht aufgenommen zu werden, macht Fortschritte. Wie der Geschäftsführer für Öffentlichkeitsarbeit im Axel Springer Verlag, Christoph Keese, in einem Gastvortrag in Ulm schilderte, zeichnet sich eine breite Zustimmung bei Verlegern und auch in der Politik ab. Wenn Zeitungen ihre Inhalte für den Leser kostenlos ins Internet stellten, hieße das nicht automatisch, dass andere kommerzielle Nutzer sich daran bedienen dürften. Gesetzlich allerdings sei dem bislang kein Riegel vorgeschoben worden, was sich mit der Aufnahme der Presseverlage in das Leistungsschutzrecht ändern würde. Die Musikindustrie etwa habe mit der GEMA eine bedeutende zweite Einkommenssäule durch Verwertungskontrolle.

Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) sprach sich vor dem Hintergrund der schwierigen Lage der Zeitungshäuser dafür aus, Kooperationen und Fusionen von Verlagen nicht zu stark zu beschränken: Die Politik sollte in diesem Bereich "etwas weniger puristisch und streng" sein und den privaten Medien mehr Fürsorge zukommen lassen. "Lieber in 10 Jahren 20 Prozent weniger Verlage als alle krank", so Oettinger. Der Regierungschef forderte Verleger und Redakteure auf, stärker in die Schulen zu gehen, um Kinder und Jugendliche an das Medium Tageszeitung heranzuführen: Die Möglichkeiten beim Thema Zeitungen und Schule seien noch längst nicht ausgeschöpft. "Wenn lebenslanges Lernen ernst gemeint ist, sind Sie dafür das entscheidende Instrument", sagte Oettinger den Verlegern.

Lehari, der Verleger des "Reutlinger General-Anzeigers", wurde für zwei weitere Jahre in seinem Amt als VSZV-Präsident bestätigt. Er zeigte sich trotz der Wirtschaftskrise zuversichtlich: Seit November 2008 gebe es zwar starke Rückgänge bei den Stellenanzeigen und bei der Auto- und Immobilienwerbung. "Aber auch diese Herausforderungen werden wir erfolgreich meistern." Das Zeitungssterben in den USA ist nach Leharis Ansicht kein Vorbote für Deutschland: Es gebe keine Zeitungskrise, sondern eine Anzeigen- und Konjunkturkrise. Auch in der Internet-Generation genieße die Tageszeitung weiterhin den Ruf des glaubwürdigsten Mediums, betonte Lehari. In der Altersklasse der 14- bis 25-Jährigen lese noch jeder zweite täglich die Tageszeitung.

Mit einem sogenannten Medienführerschein will der Verband der Bayerischen Zeitungsverleger (VBZV) vom Herbst an das Medienverhalten von Kindern und Jugendlichen einüben. Wie Scherer in Ulm ankündigte, soll der Startschuss im Oktober bei einem Kinderparlament im Landtag in München fallen. Mit dem Projekt solle ausdrücklich auch der Medienkonsum im Internet geschult und begleitet werden. (dpa) / (jk)