Vodafone-Chef Sarin tritt zurück

Der britische Mobilfunkkonzern kann bei Umsatz und Gewinn massiv zulegen; in Deutschland drücken angeordnete Preisabschläge für Roaming und niedrigere Entgelte für die Rufweiterleitung auf die Gewinne.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 17 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Vodafone-Chef Arun Sarin (52) tritt nach fünf Jahren Amtszeit mit Ablauf der Hauptversammlung am 29. Juli zurück. Er werde von dem bisherigen Vize- und Europachef Vittorio Colao ersetzt, teilte der britische Mobilfunkkonzern mit. Vodafone bestätigte damit einen Bericht der Financial Times. Zu den Gründen des Rücktritts wurden bislang keine Angaben gemacht. Sarin war seit Juli 2003 CEO von Vodafone; er folge auf Chris Gent, der im Jahr 2000 nach langer Übernahmeschlacht den Aufkauf von Mannesmann und damit des Mobilfunkers D2 unter Dach und Fach brachte.

Arun Sarin habe Vodafone in den vergangenen fünf Jahren durch eine Zeit entscheidenden organisatorischen und strategischen Wandels gesteuert, hieß es von dem Konzern. Unter seiner Führung habe Vodafone eine neue Strategie entwickelt und umgesetzt, um eine umfassende Kommunukationsfirma zu werden. Der erst nach dem vollständigen Rückzug von Gent im Konzern unangefochten operierende Sarin hatte die Strategie Vodafones, allein auf Mobilfunk zu setzen, nach und nach infrage gestellt. Mittlerweile tritt Vodafone in einigen Märkten, etwa in Deutschland, nicht mehr nur als Mobilfunkprovider auf, sondern bietet auch Festnetzanschlüsse an, um vom boomenden Markt mit schnellen DSL-Anschlüssen zu profitieren und den Kunden ein Komplettpaket für ihre Kommunikationsbedürfnisse anbieten zu können.

Gleichzeitig veröffentlichte Vodafone die Bilanz für das Geschäftsjahr 2007/2008. Der operative Gewinn stieg um 5,7 Prozent auf 10,1 Milliarden Pfund (12,7 Milliarden Euro). Das Wachstum fiel stärker aus, als vom Markt erwartet. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen wuchs in dem am 31. März beendeten Geschäftsjahr um 10,2 Prozent auf 13,2 Milliarden Pfund und lag damit ebenfalls über den Schätzungen. Der Nettogewinn für das Gesamtjahr lag bei 6,756 Milliarden Pfund nach einem Verlust von 4,806 Milliarden Pfund im Vorjahr. Der Umsatz kletterte um 14,1 Prozent auf 35,5 Milliarden britische Pfund. In Europa alleine stieg der Umsatz um 2 Prozent, wobei der Umsatz mit Datendiensten um 35,7 Prozent anstieg. Im gesamten Konzern stieg der Umsatz mit Datendiensten um 52,7 Prozent.

Laut Financial Times kommt Sarins Rücktritt für viele in der Branche überraschend. Sarin habe noch vor wenigen Monaten Gerüchte dementiert, wonach er das Unternehmen 2008 verlassen würde. Zudem könne er auf eine Erfolgsbilanz verweisen. Dazu gehöre vor allem, dass Sarin 2007 die Übernahme der Mehrheit bei Hutchison Essar, dem viertgrößten Mobilfunkkonzern in Indien, abschließen konnte.

Sarins Nachfolger Colao habe sich als Vize-Chef seit September 2006 den Respekt von Aktionären und Analysten verdient, schreibt die Zeitung. Er habe maßgeblich dafür gesorgt, dass Vodafone in seinen europäischen Unternehmen die Kosten senken und die Gewinne steigern konnte. Zudem wird Colao gutgeschrieben, dass es gelungen sei, mehr Kunden für mobile Datendienste und Websurfen per Handy zu gewinnen.

In Deutschland drücken die angeordneten Preisabschläge auf den Auslandsmärkten und niedrigeren Entgelte für die Rufweiterleitung auf die Gewinne von Vodafone. Im abgelaufenen Geschäftsjahr sei das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) um 7,4 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro geschrumpft, teilte der Netzbetreiber mit. Der Umsatz verringerte sich um knapp 5 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro.

Trotz eines leichten Rückgangs der Gewinnmarge sei Vodafone aber immer noch mit Abstand führend im deutschen Markt. Das Unternehmen habe seine Spitzenposition behauptet und sei bestens aufgestellt, erklärte Deutschland-Chef Friedrich Joussen. Die Zahl der Kunden erhöhte sich im abgelaufenen Geschäftsjahr um 3,6 Millionen auf 34,4 Millionen. Dass Vodafone die Spitzenposition in Deutschland für sich reklamiert, wird bei der Deutschen Telekom allerdings wohl auf Widerspruch stoßen: Immerhin zählte die Mobilfunktochter T-Mobile Ende März zum Ende des ersten Quartals des Telekom-Geschäftsjahrs bereits 37,111 Millionen Kunden. (jk)