Astronomie: Kleine Galaxien haben frühen Kosmos einst lichtdurchlässig gemacht

Während der Reionisierung wurde das Universum so lichtdurchlässig, wie wir es kennen. Welche Strukturen dafür verantwortlich waren, war unklar – bis jetzt.

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Viele Galaxien

Der Galaxiencluster Abell 2744

(Bild: NASA, ESA, CSA, I. Labbe (Swinburne University of Technology), R. Bezanson (University of Pittsburgh), A. Pagan (STScI))

Lesezeit: 3 Min.

Vergleichsweise kleine Zwerggalaxien haben das frühe Universum freigeräumt und wie kosmische Leuchttürme erst lichtdurchlässig gemacht. Das hat eine internationale Forschungsgruppe mit dem Weltraumteleskop James Webb ermittelt und damit wohl eine der größten Fragen zur sogenannten Reionisierungsepoche beantwortet. Wie der Astrophysiker und Studienleiter Hakim Atek vom Institut d’Astrophysique de Paris erklärt, hat sein Team ermittelt, dass diese kleinen Galaxien zu jener Zeit etwa einhundertmal häufiger waren als die großen. Gleichzeitig könne man zeigen, dass sie viel mehr ionisierende Photonen abgegeben haben, als bislang angenommen. Zusammen sei das deutlich mehr, als für die Reionisierung nötig.

Von dem Team identifizierte kleine Galaxien hinter Abell 2744

(Bild: Hakim Atek/Sorbonne University/JWST)

Während der Reionisierung ist etwa 500 bis 900 Millionen Jahre nach dem Urknall jenes lichtdurchlässige Universum entstanden, das wir heute kennen. Während dieser "kosmischen Morgendämmerung" haben die ersten Sterne und Galaxien die Elektronen von den Wasserstoffkernen (den Protonen) getrennt. Die konnten dann keine Photonen (also Licht) mehr absorbieren, das Universum wurde transparent. Dass das Weltraumteleskop James Webb (JWST) in der Lage ist, diesen Prozess zu beobachten, war bereits bekannt. Unklar war bislang, von welchen Strukturen die für die Reionisierung nötige Strahlung kam. Infrage kamen dem Forschungsteam zufolge auch supermassereiche Schwarze Löcher und große Galaxien mit mehr als einer Milliarde Sonnenmassen.

Möglich wurde die Entdeckung der zentralen Rolle, die Galaxien mit weniger als einer Milliarde Sonnenmassen bei dem Prozess gespielt haben, jetzt nicht nur dank des JWST allein. Die Forschungsgruppe hat sich mit dem Galaxiencluster Abell 2744 eine gigantische Gravitationslinse zunutze gemacht. Dessen Masse fungiert wie eine kosmische Lupe, die weit dahinter liegende Galaxien vergrößert. Damit habe sich ermitteln lassen, wie häufig kleine Galaxien und wie ionisiert deren Strahlung im besonders frühen Universum waren. Sollte sich bestätigen, dass die kleinen Galaxien auch anderswo so zahlreich und energiereich waren, wie jene hinter Abell 2744, dann wisse man endlich sicher, welche "kosmischen Leuchttürme den kosmischen Nebel gelichtet hat", meint Mitautor Joel Leja.

Das von den Weltraumagenturen NASA, ESA und CSA betriebene JWST wurde am 25. Dezember 2021 gestartet. Nachdem es sich in einer komplexen Prozedur selbst entfaltet hat, ist es einen Monat später an seinem Einsatzort angekommen. Hier blickt es abgewandt von Sonne, Erde und Mond ins All, sodass deren Wärmestrahlung das Infrarotteleskop nicht stört. Ein riesiger Schutzschirm blockt diese ab. Seit Monaten zeigt sich die Forschung beeindruckt von den damit gesammelten Daten, regelmäßig werden neue Funde vorgestellt. Die Studie zur Reionisierungsepoche ist im Fachmagazin Nature erschienen. Das verantwortliche Team will nun mit Folgeanalysen zeigen, dass der analysierte Himmelsausschnitt repräsentativ für das frühe Universum ist.

(mho)