Weltraumteleskop James Webb: Spiralgalaxien viel zu früh "erwachsen" geworden

Galaxien wie unsere Milchstraße bilden eine Art Balken, wenn sie innerlich stabil und gewissermaßen "erwachsen" werden. Das passierte wohl früher als gedacht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 38 Kommentare lesen
Zeichnung einer Spiralgalaxie mit einem gelben Balken im Zentrum

Künstlerische Darstellung der Milchstraße mit einem gelb hervorgehobenen Balken.

(Bild: NASA/JPL-Caltech/ESO/R. Hurt)

Lesezeit: 2 Min.

Das Weltraumteleskop James Webb hat einmal mehr Daten geliefert, die die gegenwärtigen Theorien zur Entwicklung des frühen Universums vor Probleme stellen. Wie die Universität Durham aus Großbritannien erläutert, hat ein Forschungsteam anhand von Beobachtungen des hochmodernen Instruments herausgefunden, dass Spiral- und ähnliche Galaxien deutlich früher nach dem Urknall stabile Formen angenommen haben, als gedacht. Das macht das Team an sichtbaren Balken in deren Zentrum fest, die die Rate der Sternentstehung regulieren, indem sie interstellares Gas in das Herz von Galaxien wie unserer Milchstraße drücken. Wenn sie ausgebildet sind, gelte eine Galaxie als "erwachsen". Auf Bildern von fast 400 Galaxien seien diese Balken viel häufiger entdeckt worden als vorher erwartet.

Aufnahme einer Galaxie vor 10,6 Milliarden jahren mit einem Balken

(Bild: Zoe Le Conte)

Ausgewertet hat die Forschungsgruppe um die Doktorandin Zoe Le Conte 357 Galaxien aus dem Zeitraum von etwa zwei bis sechs Milliarden Jahren nach dem Urknall. Damit habe das Weltraumteleskop James Webb (JWST) etwa eine Milliarde Jahre weiter zurück gesehen, als der Vorgänger Hubble. 20 Prozent der Objekte hätten solche Balken gehabt – drei bis vier Mal so viele wie bei früheren Analysen. Damit habe das leistungsfähigere Instrument die galaktische Balkenbildung viel früher nachweisen können und die Forschungsgruppe überrascht. Eigentlich habe man erwartet, dass das Universum zu dieser Zeit turbulenter gewesen ist und viel mehr Kollisionen von Galaxien erlebt hat, die sich nicht stabilisieren konnten. Die vorherrschenden Theorien zur Galaxienbildung müssten also wohl überarbeitet werden.

Die in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society vorgestellte Arbeit ist jetzt nur die jüngste in einer stetig wachsenden Reihe von Beobachtungen des Weltraumteleskops, die nicht zu unserem bisherigen Verständnis des frühen Universums passen. Seit es vor fast zwei Jahren in Betrieb genommen wurde, findet es beispielsweise kontinuierlich Galaxien, die viele früher, viel größer waren, als bislang für möglich gehalten wurde. Vor wenigen Wochen kam dann auch noch eine Galaxienkollision hinzu, deren Fund ein enormer Zufall gewesen sein müsste, wenn die Theorien stimmen. Auch das älteste Schwarze Loch, das vom JWST entdeckt wurde, ist viel zu massereich. Die anscheinend zu frühe Balkenbildung passt da nur ins Bild.

(mho)