Zweifel an CO2-freien Kraftwerken

Der Chef der Deutschen Emissionshandelsstelle, Hans-Jürgen Nantke, hält CO2-freie Kraftwerke für "Placebos".

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Der Chef der Deutschen Emissionshandelsstelle, Hans-Jürgen Nantke, hält CO2-freie Kraftwerke für "Placebos". Die Industrie habe das Thema aus Prestigegründen in die Welt gesetzt, obwohl es technisch und rechtlich noch nicht zu Ende gedacht sei, sagte Nanke gegenüber Technology Review (ab dem 26. 5. am Kiosk oder hier portokostenfrei online zu bestellen). Das Konzept der CO2-freien Kraftwerke klingt verlockend: Statt das klimaschädliche Kohlendioxid in die Atmosphäre zu geben, sollen spezielle Anlagen das Gas abfangen, um es anschließend in unterirdischen Lagern zu entsorgen. Noch sei aber unklar, wer für Lecks in den Lagerstätten geradestehe, warnt Nantke im Gespräch mit Technology Review.

Doch auch Nantke und seine Kollegen müssen sich Kritik stellen: Vor fast 40 Jahren sorgte die Idee der handelbaren Emissionsrechte bei Umweltschützern für leuchtende Augen. Der kanadische Ökonom John Harkness Dales hatte 1968 den Grundgedanken von Cap and Trade – deckeln und handeln – erstmals publiziert. Anders als im tradierten Ordnungsrecht legt der Staat nicht mehr fest, wo, wie, wann und von wem Emissionen vermieden werden. Stattdessen fixiert er mit der Ausgabe einer begrenzten Zahl von Zertifikaten die Obergrenze einer erlaubten Umweltbeanspruchung.

Hierzulande ist die Idee seit Anfang 2005 Realität: Seitdem muss jeder deutsche Betrieb für jede Tonne Kohlendioxid, die sein Werk in die Luft bläst, ein Zertifikat vorweisen können – ein handelbares Verschmutzungsrecht: Rund 1200 Unternehmen sind mit 1849 Anlagen in Deutschland dem so genannten Emissionshandel unterworfen. In Deutschland und anderen europäischen Ländern hat sich aber mittlerweile herausgestellt, dass die Ausstattung der Industrie mit kostenlosen Emissionsrechten deutlich zu großzügig war.

Neben nationalen Schwierigkeiten gibt es internationales Problem: Während die EU ihre CO2-Emission bis 2012 um acht Prozent senken will, hat sich Russland verpflichtet, die Emission von 1990 nicht zu übersteigen – und die USA entziehen sich komplett der Verpflichtung. Mit entsprechenden Folgen: Für 2010 erwarten die Vereinten Nationen elf Prozent mehr CO2-Emission als 1990. (wst)